Führung - Bildung - Gesundheit. Robin J. Malloy

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Führung - Bildung - Gesundheit - Robin J. Malloy

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gebührt. Wenn die Gefühle der „erste Verstand“ des Menschen sind, bedeutet dies im Umkehrschluss, dass im Lern-/​Lehrprozess die Selbst-, Beziehungs- und Situationsdefinitionen nicht „rational“ im Sinne eines Argumentationsaustausches und eines herrschaftsfreien Diskurses ausgehandelt werden, sondern (und dies gilt dann besonders für die Beziehung zwischen dem Lehrenden und dem Lernenden und so auch für die Beziehung zwischen Führungskraft und Mitarbeiter) überwiegend auf der Grundlage von Gefühlen, die zeitweise geradezu irrational erscheinen mögen:

      „Die emotionalen Matrixen stellen die Grundmechanismen der Konstruktion von Wirklichkeit bereit, Menschen reagieren deshalb grundsätzlich niemals nur realitätsangemessen, sondern beleuchten die sich ihnen stellenden Situationen mit Hilfe ihrer Gefühlslichter, da anderes nicht verfügbar ist. Ihr Verhalten in Führungs- und Lernsituationen kann deshalb auch nicht nur als Reaktion auf externe Anforderungen konzipiert werden, es ist vielmehr immer und stets zugleich eine Reaktion auf die eigene innere Systematik“ (ebenda, S. 7).

      Insbesondere die beiden Interaktionsformen oder besser gesagt Beziehungsebenen Lernender – Lehrender oder Mitarbeiter – Leiter werden von einer inneren Systematik der Akteure mitbestimmt, weil die emotionalen Matrixen oder emotionalen „Einspurungen“ schon besonders früh erfolgen und sehr stark von den ersten prägenden Personen konstelliert und dann in späteren Situationen rekonstelliert werden:

      „Unsere emotionalen Reaktionen stellen in ihrer Mehrzahl Kombinationen aus realitätsangemessenen und historischen oder übertragungsbedingten Reaktionen dar. Diese historischen Reaktionen haben ihren Ursprung in den allerersten Beziehungen, die wir entwickeln – den Beziehungen zu unseren ersten Bezugspersonen, den Eltern –, und die psychischen Einflüsse, die uns im Rahmen dieser Beziehungen prägen, bleiben lebenslang aktiv“ (Kets de Vries 2004, S. 24, zitiert in ebenda, S. 5).

      Die Beziehung zwischen Eltern und Kindern ist in der Regel – oder wird zumindest in der Regel so wahrgenommen – asymmetrisch, d. h. es gibt ein Machtgefälle zwischen den Eltern und den Kindern, welches die emotionale Wahrnehmung aller zukünftigen Beziehungen zu „Autoritäten“ (wie zu den Lehrern in der Schule, zukünftigen Vorgesetzten oder aber auch zu Lehrenden und Kursleitern von Fortbildungslehrgängen) mitbestimmt. Eine emotional-konstruktivistische Erwachsenenpädagogik muss somit immer auch versuchen, bestimmte emotionale Reaktionen in der Gegenwart (wie z. B. Lernwiderstände) auf der Grundlage bisheriger Erfahrungen der Akteure zu verstehen und so zu handeln, dass emotionale Verfestigungen für die Zukunft verhindert werden und sich dadurch z. B. „Kränkungen in Lern-Lehrprozessen“ nicht zu einer „chronifizierten Matrix“ der „Selbstobjekterfahrung“ (Kraft 2003, S. 140, zitiert in ebenda, S. 5) entwickeln können. Eine Erwachsenenpädagogik, die die emotionale Konstruktion der Wirklichkeit gebührend berücksichtigt, kann helfen, solch chronifizierte Matrizen zu reflektieren und durch neue Erfahrungen zu verändern. Für solch ein transformatives Lernen bedarf es nach Arnold jedoch einer geeigneten Atmosphäre, die „lebendige Interaktion, Selbstentwicklung und Selbstreflexion sowie vertrauensvolle Kooperation“ (ebenda, S. 8) ermöglicht und „eher gefühlsarme, zwanghafte oder depressive Formen von Selbstwahrnehmung und Handlungsmotivation“ (ebenda) hinter sich lässt.

      Arnold (ebenda) hebt in diesem Sinne, in Anlehnung an Kets de Vries (2004, S. 90) und Baethge et al. (2004, S. 15), drei Kompetenzziele einer emotionalkonstruktivistischen und transformativen Erwachsenenpädagogik hervor:

        „emotionale Reifung“

        „selbstreflexive Gewandtheit“

        „individuelle Regulationsfähigkeit“

      Gerade hier besteht der besondere Bezug der Theorie des emotionalen Konstruktivismus von Arnold zur Fragestellung dieser Arbeit. Welche Zielrichtung muss eine Erwachsenenpädagogik verfolgen, wenn es darum geht, Menschen für die besonderen psychischen und physischen Herausforderungen im beruflichen Alltag zu stärken? Sie muss zunächst einmal selbst frei von allen Einflüssen sein, die die psychische Beeinträchtigung verstärken, d. h. in ihrer Art nicht lediglich ein Spiegelbild der krankmachenden Beziehungsgefälle sein, die der jeweilige Akteur in seiner jeweiligen Lebenswelt vorfindet. Eine Erwachsenenpädagogik muss sich aber auch davor hüten, kognitiv-rezeptologische Deutungsmuster für die Bewältigung von emotionalen Herausforderungen anzubieten, sondern muss selbst neue Erfahrungen generieren, sodass es in diesem Sinne zu einer emotionalen Reifung dort kommen kann, wo die emotionale Kompetenz an die Grenzen stößt. Eine solche emotional-konstruktivistische Erwachsenenpädagogik kann ermöglichen, die inneren Dynamiken und emotionalen Matrixen zu reflektieren, die zu der jeweiligen Deutung der sozialen Umwelt oder der Aufgaben führen und Hilfestellungen dazu geben, wie solch eine Reflexion ermöglicht werden kann.

      Letztlich geht es darum, das jeweilige Individuum darin zu stärken, sein Denken, Fühlen und Handeln selbst zu regulieren, um so in die Lage versetzt zu werden, sich selbst im Kontext der vielfältigen Herausforderungen zu behaupten: „Individuelle Regulationsfähigkeit ist dabei die (…) Kompetenz der Selbstbehauptung des Individuums unter den Bedingungen von zunehmender Komplexität und steigender Labilität und Unsicherheit der Lebens- und Arbeitszusammenhänge“ (Baethge et al. 2004, zitiert in Arnold 2005, S. 8).

      Selbstreflexion, Selbstregulation und Selbstbehauptung sind hierbei Schlüsselbegriffe, die verdeutlichen, dass auch der emotionale Konstruktivismus von einem selbstreferentiell geschlossenen Wirkzusammenhang des emotionalen Systems des Subjektes ausgeht, dass insofern nicht intentional gesteuert oder beeinflusst, sondern nur „perturbiert“ werden kann. D. h., dass es dem Erwachsenenpädagogen nur darum gehen kann, dem Individuum zu helfen, die eigenen Wirkzusammenhänge zu erkennen, zu verstehen und wenn möglich selbst im Rahmen seiner Lebens- und Arbeitszusammenhänge zu regulieren. Die Aufgaben einer emotional-konstruktivistischen, transformativen Didaktik lassen sich in folgenden Punkten zusammenfassen (ebenda, Kurzbeschreibung): Es gilt,

      a) die „subjektive Dynamik zu erkennen bzw. zu ‚lesen‘, aus welcher sich im konkreten Fall, die Konsistenz von Denken, Fühlen und Handeln ‚speist‘,

      b) anschlussfähige Transformationsprozesse zu initiieren und

      c) produktiv zu begleiten“.

      Solch ein anschlussfähiger Transformationsprozess kann auch als emotionales Lernen bezeichnet werden. Arnold (2008, S. 88) definiert emotionales Lernen als „ein Lernen, welches die eigene Person mit dem, was sie in Wahrheit treibt, zum Gegenstand hat. Es ist ein Lernen des inneren Weges (vgl. Villon 2003). Man begibt sich zu sich und seinem Leben in eine analysierende Distanz und nimmt eine Art Beobachterposition ein.“ Emotionales Lernen ist somit zunächst einmal ganzheitliche Selbstbeobachtung und eine transformative Didaktik ein „Coaching“ dieses Beobachtungs- oder Reflexionsprozesses. Ziel dieser Selbstbeobachtung oder Reflexion ist eine Rekonstruktion der kognitiven und emotionalen Deutungsmuster oder anders gesagt, des „Beliefsystems“ (Arnold 2008, S. 88), d. h. der Summe der Gebote, die das Denken, Fühlen und Handeln bestimmen, um ggf. eine Infragestellung oder Veränderung der Gebote bis hin zu einer Loslösung von diesen Geboten ermöglichen zu können. Emotionales Lehren wäre in diesem Sinne eine professionelle Begleitung oder Hilfe, die es dem Lernenden ermöglicht, sich selbst und seine Emotionen zu erkennen, besser zu verstehen und ggf. selbstregulativ verändern zu können. Emotionales Lernen ist eine angeleitete Selbstreflexion der Deutungs- und Gefühlsprogramme, welches potentielle Weiterentwicklungen der emotionalen Kompetenzen ermöglichen soll. Nach Goleman (2002, S. 314) zählen zu diesen emotionalen Kompetenzen u. a. emotionale Selbstwahrnehmung sowie Selbstvertrauen, Selbstkontrolle, Stressstabilität, Leistungsfähigkeit und Authentizität, Empathie und Integrativität sowie Inspiration, Konfliktmanagement

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