Führung - Bildung - Gesundheit. Robin J. Malloy

Чтение книги онлайн.

Читать онлайн книгу Führung - Bildung - Gesundheit - Robin J. Malloy страница 11

Автор:
Серия:
Издательство:
Führung - Bildung - Gesundheit - Robin J. Malloy

Скачать книгу

besonders die latent vorhandenen und emotional festgeschriebenen, sind gewissermaßen immunisiert, jedoch sind eine Korrektur und eine produktive Weiterentwicklung möglich. Diese produktive Weiterentwicklung ist nach Arnold (1985) von einer selbstreflexiven Kompetenz abhängig. D. h. je mehr ein Mensch willens und fähig ist, seine eigenen Deutungsmuster kritisch zu hinterfragen, desto größer ist die Chance der Weiterentwicklung. (Genau an diesem Punkt setzt diese Arbeit an: das Konzept des emotional-archetypischen Deutungslernens soll dazu dienen, den Erwachsenenpädagogen selbst und die Teilnehmer an einer Maßnahme der Erwachsenenbildung zu befähigen, ihre Deutungsmuster zu hinterfragen, um so ggf. eine Transformation der Bewertung der Situationen zu bewirken.)

      Es gibt jedoch auch latente Deutungsmuster, welche quasi gegen Veränderung immunisiert sind, weil sie durch ein sehr kritisches und krisenhaftes Ereignis in unserem Gehirn „eingebrannt“ sind.

      Im Hinblick auf die Veränderung von Deutungsmustern stellt sich also die Frage, inwiefern die Deutungsmuster von einem Menschen selbst erkannt werden (können) und mit welcher Intensität diese festgeschrieben wurden. Es muss also im Hinblick auf das Potential für Veränderungen der Deutungsmuster gefragt werden: „Basiert die jeweilige Deutung z. B. auf einem kritischen, krisenhaften und fatalen Erlebnis in der Kindheit oder wurde das Deutungsmuster im Verlauf der beruflichen Tätigkeit erst kürzlich entwickelt?“ Neben der Intensität der das Deutungsmuster prägenden Erfahrung ist die Möglichkeit der Reflexion und der Veränderung von Deutungsmustern von der selbstreflexiven Kompetenz abhängig, d. h. von dem Willen und der Bereitschaft des Einzelnen, die eigenen Deutungen zu hinterfragen und sich ggf. neue Deutungsmuster anzueignen. (Fraglich ist, wie genau diese selbstreflexive Kompetenz sowohl beim Erwachsenenpädagogen als auch beim Teilnehmer gefördert werden kann. Gerade diesbezüglich soll das Konzept des emotional-archetypischen Deutungslernens Aufschlüsse geben.)

      Deutungsmuster entwickeln sich biografisch im Lebenslauf durch Erfahrungen, welche auch emotional belegt sind. Neue Deutungsmuster, neue Wissensbestände werden nur dann aufgenommen, wenn sie zu den bisher vorhandenen „kompatibel“ sind, d. h. dort anknüpfen können. Hier kommen wir zu einem weiteren wichtigen Aspekt des Deutungsmusteransatzes: die Merkmale der Deutungsmuster.

      Nach Arnold (1985) verfügen Deutungsmuster (u. a.) über folgende Merkmale:

       Pragmatik (des Alltagswissens)

       Perspektivität (die Umwelt aus der eigenen Perspektive zu interpretieren und sich solche Sichtweisen und Argumente anzueignen, die diese eigene Perspektive bestätigen)

       Plausibilität (Lebensumstände plausibel zu machen)

       Komplexitätsreduktion (die Komplexität des Lebens zu reduzieren)

      Deutungsmuster haben den Zweck, erlebte Situationen plausibel zu machen und eine Interpretation der Umwelt aus der subjektiven Perspektive zu ermöglichen. Hier ist der Rückschluss auf den Konstruktivismus erkennbar: Wirklichkeit ist immer nur eine subjektive Interpretation der Umwelt oder der Umstände aus der eigenen Perspektive, welche auf den lebensgeschichtlich entwickelten Deutungsmustern beruht:

      „Die umgebende – ‚objektive‘ – Wirklichkeit ist dem einzelnen Menschen demnach nicht an sich zugänglich, sondern immer nur bereits vorinterpretiert auf dem Hintergrund seiner verfügbaren Deutungsmuster und lebensgeschichtlichen Erfahrungen“ (Arnold 1985, S. 29).

      Schüßler fasst die Funktionen der Pragmatik des Alltagswissens sowie die Komplexitätsreduktion wie folgt zusammen:

      „Menschen deuten ihren Alltag, um sinnhafte Bezüge herzustellen, die ein weiteres Handeln ermöglichen. Das Alltagshandeln ist allerdings darauf gerichtet in der Fülle situativer Lebensvollzüge möglichst rasch eine generelle Orientierung zu finden. Das Subjekt wäre handlungsunfähig, müsste es in jedem Augenblick darüber reflektieren, wie es eine Situation interpretieren und entsprechend handeln könnte. In seinem Bedürfnis nach Komplexitäts- und Problemlösungsreduktion greift es auf Deutungen zurück, über die es aufgrund von sozialen Erfahrung verfügt“ (Schüßler 1998, S. 90).

      Alle o. g. Punkte können unter dem Begriff „Viabilität“ (v. Glasersfeld 1992), also „(Über-)Lebensfähigkeit“ zusammengefasst werden.

      Werden jedoch die Deutungsmuster infrage gestellt, erfolgt eine Konfrontation (Perturbation, d. h. Störung von außen, welche eine systeminterne Selbstregulation hervorruft) mit neuen Deutungsmustern, oder aber erweisen sich die bisherigen Deutungsmuster als disfunktional (also nicht-viabel), führt dies ggf. zu einer Diskontinuität der Identität, welche wiederum zu einer Identitätskrise führen kann (vgl. Arnold 2003). Hier kann eine Auseinandersetzung mit neuen Deutungsmustern, beispielsweise in einem Beratungsgespräch oder einem Lehr-/​Lernkontext hilfreich sein. Durch das Angebot neuer, adäquaterer Deutungsmuster kann eine biografische Kontinuität wiedergewonnen werden.

      Die Veränderung von Deutungsmustern kann durch eine krisenhafte Situation, in der die eigenen Deutungsmuster hinterfragt oder konfrontiert werden, erfolgen. Ein schädigendes Ereignis, hervorgerufen durch ein disfunktionales Deutungsmuster – wie z. B. ein Unglück oder ein Überfall – könnte zu solch einer Veränderung/​Transformation der Deutungsmuster führen. Eine weniger dramatische Möglichkeit der Deutungsmustertransformation ist die der kommunikativen Vermittlung von Deutungsmustern. Nach Arnold (2003) geht es bei der Kommunikation von neuen Deutungsmustern – beispielsweise in einem Beratungsgespräch oder in einem Lehr-/​Lernkontext – niemals darum, diese Deutungsmuster im Sinne von normativen Lebensentwürfen „überzustülpen“, sondern die selbstwirksamen Kräfte zu mobilisieren (vgl. auch Vester 1988), um die eigenen Deutungsmuster zu reflektieren und sich ggf. neue Deutungsmuster anzueignen, die die jeweilige Situation plausibel machen und neue Perspektiven anbieten.

      Wenn wir an dieser Stelle auf das Belastungs-Beanspruchungs-Modell zurückgreifen, würde dies bedeuten, dass psychische und körperliche Beeinträchtigungen und Erkrankungen auf dysfunktionale Deutungsmuster zurückgeführt werden können. Die kognitive Bewertung einer Situation oder seiner selbst beruht auf den Deutungsmustern. Ist es nicht möglich, aufgrund der vorhandenen Deutungsmuster eine psychische Belastung zu bewältigen, kann dies zu einer psychischen Beeinträchtigung wie z. B. Stress oder Ermüdung führen. Besonders belastende Ereignisse wie Krisen oder andere können jedoch auch die Chance beinhalten, die sich als dysfunktional erwiesenen Deutungsmuster zu transformieren.

       Vom Deutungsmusteransatz zum Konzept des Deutungslernens von Schüßler

      Noch einmal zurückgreifend auf die Erläuterungen Oevermanns stehen Deutungsmuster immer in einem engen Zusammenhang mit zwischenmenschlicher Interaktion und Kommunikation:

      „Soziale Deutungsmuster sind intersubjektiv kommunizierbare und verbindliche Antworten auf objektive Probleme des Handelns“ (Oevermann 1973, S. 12).

      Auch nach Arnold und Schüßler sind Deutungsmuster ein Produkt lebenslanger, zwischenmenschlicher Interaktion und Kommunikation, sie werden durch die Sozialisation in sozialen Gruppen „tradiert“ und im Verlauf des Lebens in Interaktionen auf „Viabilität“ geprüft:

      „In Interaktionen werden diese Interpretationen hinsichtlich ihrer inneren Stimmigkeit und Funktionalität überprüft und zu Deutungsmustern generiert, die durch ihren kollektiven Sinngehalt Verständigung ermöglichen“ (Schüßler 1998, S. 90).

      Die Interaktion wird somit zu einer Interpretation des Selbst, des

Скачать книгу