Führung - Bildung - Gesundheit. Robin J. Malloy

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des sozialen Umfeldes zu ermöglichen (Kompatibilität), das Handeln zu bestimmen und Lösungen für Probleme des Handelns anzubieten. Wichtig ist dabei jedoch, dass diese Deutungsmuster gesellschaftlich vermittelt, d. h. kommuniziert worden sind: „Soziale Deutungsmuster sind intersubjektiv kommunizierbare und verbindliche Antworten auf objektive Probleme des Handelns“ (ebenda, S. 12). Deutungsmuster sind also nach Oevermann intersubjektiv gültig und kommunikativ vermittelbar. Sie können darüber hinaus latent (unterschwellig) oder manifest (nach außen hin erkennbar) vorhanden sein. Oevermann beschreibt die im Subjekt vorhandenen Deutungsmuster als ein „System“, welches entwicklungsoffen ist:

      „Zentral für den hier zu behandelnden Ansatz ist demnach die These, dass soziale Deutungsmuster als Weltinterpretationen mit generativem Status gedacht werden, die prinzipiell entwicklungsoffen sind“ (ebenda, S. 9).

      Diesen soziologischen Begriff machte u. a. Arnold (1985) für die Erwachsenenpädagogik nutzbar, denn er erkannte in dem Konzept der Deutungsmuster eine präzise Beschreibung präexistenter Strukturen, welche das Lernen Erwachsener prägen können. Ein Lernprozess ist demnach nichts anderes als die Suche nach „intersubjektiv kommunizierbaren und verbindlichen Antworten und Wissenssachverhalten“ (ebenda, S. 9).

      Arnold verband die Erkenntnisse des soziologischen Deutungsmusteransatzes mit den bis dahin in der Erwachsenenpädagogik vorherrschenden identitätstheoretischen, erfahrungsorientierten und biografieorientierten Ansätzen (vgl. Hoerning 1991) sowie der neueren Systemtheorie (vgl. Luhmann 1984). In diesem erkenntnistheoretischen Zusammenhang definiert Arnold den Begriff „Deutungsmuster“ wie folgt:

      „Deutungsmuster lassen sich definieren als (…) die mehr oder weniger zeitstabilen und in gewisser Weise stereotypen Sichtweisen und Interpretationen von Mitgliedern einer sozialen Gruppe (…) die diese zu ihren alltäglichen Handlungs- und Interaktionsbereichen lebensgeschichtlich entwickelt haben. Im einzelnen bilden diese Deutungsmuster ein Orientierungs- und Rechtfertigungspotential von Alltagswissensbeständen in der Form grundlegender, eher latenter Situations-, Beziehungs- und Selbstdefinitionen, in denen das Individuum seine Identität präsentiert und seine Handlungsfähigkeit aufrecht erhält“ (Arnold 1985, S. 23).

      Die o. g. Theoriebezüge sind eindeutig zu erkennen:

       Soziologie (vgl. Oevermann 1973): „Deutungsmuster lassen sich definieren als (…) die mehr oder weniger zeitstabilen und in gewisser Weise stereotypen Sichtweisen und Interpretationen von Mitgliedern einer sozialen Gruppe (…).“

      Deutungsmuster entstehen durch einen gesellschaftlichen Sozialisationsprozess. Sie werden von den Mitgliedern einer sozialen Gruppe (z. B. Milieu) durch die Erziehung, das Schulwesen und sonstige gesellschaftliche Zusammenhänge (Vereine, Kirchen etc.) „tradiert“.

       Biografieforschung: „die diese zu ihren alltäglichen Handlungs- und Interaktionsbereichen lebensgeschichtlich entwickelt haben (…).“

      Neben dem gesellschaftlichen Bezug verfügen Deutungsmuster über eine biografische Dimension insofern, als dass sich die Deutungsmuster lebensgeschichtlich entwickeln. Jede Erfahrung prägt den Deutungsmusterhorizont und umgekehrt. Wie bei Oevermann so handelt es sich auch bei Arnold bei der Summe der Deutungsmuster um ein System, welches im Verlauf des Lebens ausgebildet und beeinflusst wird. Hier besteht ein weiterer systemtheoretischer Bezug (vgl. Luhmann 1984): Dieses System der Deutungsmuster wird als ein offenes System mit relativer Flexibilität der Deutungsmuster angesehen. D. h. das System ist relativ offen für Einflüsse aus der Umwelt und in der Lage, sich dieser Umwelt anzupassen. So steht die eigene Deutung immer in einer wechselseitigen Auseinandersetzung mit der Umwelt (Zirkularität), wobei in neuen Situationen das soeben Erlebte auf Konsistenz mit dem früher Erlebten und ggf. Bewährten überprüft wird.

       Identitätstheorie (vgl. Siebert 1985): „Im einzelnen bilden diese Deutungsmuster ein Orientierungs- und Rechtfertigungspotential von Alltagswissensbeständen in der Form grundlegender, eher latenter Situations-, Beziehungs- und Selbstdefinitionen, in denen das Individuum seine Identität präsentiert und seine Handlungsfähigkeit aufrecht erhält.“

      Aufgrund der lebensgeschichtlich entwickelten Deutungsmuster definiert ein Individuum sich selbst und seine alltäglichen Lebensumstände und hält dadurch seine Handlungsfähigkeit aufrecht. Mit anderen Worten strebt ein Individuum nach Kontinuität und vermeidet Diskontinuität, wobei die Kontinuität von den Deutungsmustern abhängig ist: „Ein entscheidender Aspekt des Lernens im biographischen Kontext ist das Bemühen um die Kontinuitätssicherung. In der Kontinuität und Diskontinuität des eigenen Lebens bildet nämlich das Individuum seine Identität aus“ (Arnold 2003, S. 50). Die Deutungsmuster als Interpretation seiner selbst und der Umwelt dienen dazu, die Kontinuität des Individuums und damit seiner Identität selbst zu gewährleisten.

      In Verbindung mit dem Belastungs-Beanspruchungs-Modell kann also gesagt werden, dass die lebensgeschichtlich entwickelten Deutungsmuster dazu dienen, festzustellen, ob eine berufliche Herausforderung die Kontinuität des Individuums bewahrt oder zu einer Diskontinuität führt. Immer dann, wenn eine Person eine Aufgabe als Über- oder Unterforderung wahrnimmt, deutet dies darauf hin, dass die Aufgabenstellung nicht in das jeweilige Leistungsniveau der Person passt und somit eine Diskontinuität darstellt.

      Nach Arnold (1985) (siehe ebenso Oevermann 1973) entwickeln sich Deutungsmuster im Lebenslauf prozesshaft, wobei dieser Prozesscharakter durch vier Elemente näher gekennzeichnet wird:

      „Durch die gesellschaftliche Vermitteltheit, die Nachhaltigkeit früherer Erfahrungen, die Kontinuität und die relative Flexibilität von Deutungsmustern“ (ebenda, S. 63).

      Deutungsmuster werden durch die Gesellschaft vermittelt. Dazu gehören die Familie, die gesellschaftlichen Institutionen und – im Zusammenhang mit der Fragestellung der Arbeit – das jeweilige Unternehmen, die Behörde oder das sonstige Arbeitsumfeld. Darüber hinaus werden die Deutungsmuster maßgeblich von früheren Erfahrungen geprägt. Dabei können kognitiv und bewusst wahrnehmbare Deutungsmuster von latenten und emotionalen Deutungsmustern (zu den emotionalen Deutungsmustern siehe Kapitel 4) unterschieden werden. Erstere verfügen über eine gewisse Flexibilität, während letztere eher festliegen (vgl. neuere neurobiologische Erkenntnisse u. a. von Varela 1990):

      „Das hierarchische Prinzip dieser Ordnung kommt darin zum Ausdruck, dass es grundlegende bzw. ‚abgelagerte‘ Deutungsmusterkerne gibt, die sich wohl am nachhaltigsten den Veränderungen widersetzen und in ihren wesentlichen Bestandteilen auch eher latent sind. Erwachsene sind selten in der Lage, diese grundlegenden Deutungsmusterkerne ihrer Persönlichkeit selbst zu benennen. (…) Die ‚Nachhaltigkeit‘ (‚das Fortdauern‘) von Deutungsmustern weist allerdings darauf hin, dass die im Lebenslauf früh erworbenen Deutungen, die sog. Basispersönlichkeit besonders stark gegen Veränderungs- und Lernprozesse immunisiert“ (ebenda, S. 65).

      Zwar streben die Deutungsmuster nach Kontinuität, stehen jedoch in einer steten Auseinandersetzung mit der Umwelt (wie o. g.) und werden von ihr beeinflusst (vgl. Mayring 1990: Hermeneutische Spirale: Vorverständnis prägt Gegenwartsverständnis, Gegenwartsverständnis prägt Vorverständnis etc.):

      „Nach allem was wir wissen, scheint es so zu sein, dass individuelle Deutungsmuster in einem dialektischen Prozess entstehen, indem sich das individuelle Bewusstsein in einer kontinuierlichen und immer wiederkehrenden Auseinandersetzung mit den gesellschaftlichen Anforderungen spiralförmig entwickelt. Man kann vermuten, dass im fortschreitenden Lebenslauf, bei fortschreitender Differenziertheit und Reflektiertheit eigener Deutungen die

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