Führung - Bildung - Gesundheit. Robin J. Malloy

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Grenzziehung zwischen Erwachsenenbildung und Therapie behandeln, zählt die von C. Haug mit dem Namen „Trendarbeit: Bilden oder Heilen? Erwachsenenbildung zwischen Psychotherapie und Persönlichkeitsentfaltung“ (1985), welche jedoch im Kern die wesentlichen oben beschriebenen Gedanken von Enno Schmitz aufgreift. Zuletzt soll in diesem Zusammenhang auf die Ausführungen von Kirsten Lehmkuhl (2002) zur Subjektorientierung und Professionalisierung in der Berufs- und Wirtschaftspädagogik in „Unbewusstes bewusst machen. Selbstreflexive Kompetenz und neue Arbeitsorganisation“ und ihre Bezugnahme zur Themenzentrierten Interaktion von Ruth Cohn (1975) sowie die arbeitsorientierte Exemplarik nach Lisop und Huisinga (1994) eingegangen werden. Kirsten Lehmkuhl ist Psychologin und Privatdozentin an der Universität in Hamburg für das Fachgebiet Berufs- und Wirtschaftspädagogik und entwickelte in ihrem o. g. Buch eine Lerntheorie basierend auf dem Konzept des Unbewussten nach Sigmund Freud. Sie verbindet Erkenntnisse der Industriesoziologie über neue Formen der Arbeitsorganisation, wie z. B. der Entwicklung der Gruppenarbeit, mit den Erkenntnissen der Tiefenpsychologie, um hierdurch Anregungen zu erhalten, wie neue Führungsmethoden, betriebliche Bildungskonzepte sowie das Lernen einzelner Beschäftigter, „implizite Grundannahmen des eigenen wie auch des Handelns von Vorgesetzten und KollegInnen aufzudecken und zu hinterfragen“ (Buchdeckel des o. g. Buches), ermöglicht werden können. Trotz der thematischen Nähe der Arbeit Lehmkuhls und der von ihr dargestellten Beispiele subjektorientierter und psychoanalytisch geprägter pädagogischer Didaktik der themenzentrierten Interaktion sowie der arbeitsorientierten Exemplarik zu der Fragestellung dieser Arbeit muss ein deutlicher Unterschied hervorgehoben werden: In den von ihr zuerst genannten Arbeiten und Konzepten geht es um die Ermöglichung des gruppen- und berufsspezifischen Lernens, welches den psychodynamischen Aspekten des Menschen sowie des menschlichen Miteinanders gerecht wird. Im weitesten Sinne könnte dies auch die Bedeutung von psychischen Beeinträchtigungen beim Lernenden im Kontext von gruppendynamischen Prozessen oder berufs-, betriebs- oder handlungsorientierten Qualifizierungs- und Lernprozessen im Kontext der Produktions- oder Dienstleistungserbringung beinhalten, aber dieser Aspekt wird nicht konkret von Lehmkuhl, Cohn oder Lisop und Huisinga genannt. Der Schwerpunkt dieser Arbeit liegt nicht auf der Erörterung der Rolle des Subjektes in erwachsenenpädagogischen Kontexten allgemein und der Bedeutung der psychodynamischen Aspekte für das Lehren und Lernen, sondern es geht um die Erörterung von Aspekten, die für einen Erwachsenenpädagogen konkret von Bedeutung sind, um mit den aktuellen Entwicklungen (wie im nächsten Kapitel noch einmal kurz skizziert wird) im Hinblick auf psychische Beeinträchtigungen (allen voran die affektiven Störungen) umgehen zu können.

      Abschließend soll verdeutlicht werden, dass das Konzept emotional-archetypischen Deutungslernens sich als didaktisches Konzept im Sinne der Definition von Horst Siebert versteht. Dieser definiert Didaktik als „die Vermittlung zwischen der Sachlogik des Inhalts und der Psychologik des/​der Lernenden. Zur Sachlogik gehört eine Kenntnis der Strukturen und Zusammenhänge der Thematik, zur Psychologik die Berücksichtigung der Lern- und Motivationsstrukturen der Adressat/​innen“ (Siebert 1996, S. 2). Das Konzept emotional-archetypischen Deutungslernens berücksichtigt nun in ganz besonderer Weise die Psychologik des Teilnehmers, nicht jedoch allein im Hinblick auf die Lern- und Motivationsstrukturen, sondern im Hinblick auf die emotionalen Strukturen mit dem Schwerpunkt der „Angst- und Belohnungsachse“, wie zu einem späteren Zeitpunkt noch erläutert werden soll. Das Konzept überschreitet dabei bewusst nicht die Grenze zwischen Erwachsenenbildung und Therapie, hat also nicht den Anspruch zu heilen, sondern lediglich zwei genuin pädagogische Ziele zu verfolgen: Selbstreflexion als „Element pädagogischer Professionalität“ (Hierdeis, Vortrag vom 26. 10. 2009) sowie „pädagogisches Verstehen“ im Sinne von Klafki (2002). Diese Selbstreflexion und dieses pädagogische Verstehen der Teilnehmer in „ihrer subjektiven Situation, (…) ihren Voraussetzungen und Erfahrungen, Interessen, Schwierigkeiten und Nöten“ (ebenda, S. 2) soll ein frühzeitiges Erkennen von Merkmalen psychischer und affektiver Beeinträchtigung ermöglichen, um im gegebenen Fall einer psychischen oder affektiven Belastung oder Beeinträchtigung ermutigen zu können, professionelle therapeutische Hilfe in Anspruch zu nehmen. Erwachsenenpädagogen können hier als „Frühwarnsystem“ verstanden werden und pädagogisches Lehren, Coachen und Beraten als Vorstufe zur Therapie oder als Mittel zur Steigerung der selbstreflexiven Haltung, welche an sich – wie zu einem späteren Zeitpunkt erläutert werden soll – wenn nicht heilend, so doch gesundheitserhaltend wirken kann.

      Das in dieser Arbeit dargestellte Konzept des emotional-archetypischen Deutungslernens bezieht sich auf die in der Einleitung dargestellten sozioökonomischen Entwicklungen der steigenden psychischen Beeinträchtigungen in Deutschland und deren Konsequenzen für die Erwachsenenbildung, insbesondere die berufliche Weiterbildung. Die Darstellung bestimmter Theorien wird immer in Bezug zu diesen sozioökonomischen und sozio-psychologischen Fakten stehen, daher sollen hier kurz die wichtigsten Aspekte definiert werden:

      Die psychische Arbeitsbelastung wird gemäß der DIN EN ISO 10075 - 1 „Ergonomische Grundlagen bezüglich psychischer Arbeitsbelastung“ wie folgt definiert: „Psychische Belastung ist die Gesamtheit aller erfassbaren Einflüsse, die von außen auf den Menschen zukommen und psychisch auf ihn einwirken.“

      Wichtig ist in diesem Zusammenhang, dass es sich bei dem Begriff „psychische Belastung“ – im Gegensatz zum umgangssprachlichen Verständnis – zunächst nur um Einflüsse handelt, die sowohl positiv als auch negativ bewertet werden können. Im Sinne der DIN EN ISO handelt es sich hierbei um alle messbaren Einflüsse, die im Menschen psychische Vorgänge auslösen. Bezogen auf die Arbeitswelt können folgende Einflussfaktoren aufgeführt werden: Arbeitsaufgabe, Arbeitsumgebung (physikalisch, sozial), Arbeitsorganisation, Arbeitsablauf, Arbeitsmittel und der Arbeitsplatz (vgl. Hacker 1984).

      Erst die Intensität und Dauer der Inanspruchnahme durch psychische Belastungen sowie bestimmte Voraussetzungen bestimmen, ob eine psychische Belastung zu einer psychischen Beanspruchung im Sinne der DIN EN ISO 10075 - 1 wird. Dort wird psychische Beanspruchung wie folgt definiert:

       „Psychische Beanspruchung ist die unmittelbare Auswirkung der psychischen Belastung im Individuum in Abhängigkeit von seinen jeweiligen überdauernden und augenblicklichen Voraussetzungen einschließlich der individuellen Bewältigungsstrategien.“

      Als psychische Beanspruchungen werden also die Auswirkungen der psychischen Belastungen definiert, die abhängig von bestimmten Voraussetzungen nicht mehr neutral wahrgenommen werden, sondern negativ oder positiv sein können.

      Bei den Voraussetzungen handelt es sich um Fähigkeiten, Fertigkeiten, Erfahrungen, Kenntnisse, Anspruchsniveau, Motivation, Vertrauen in die eigenen Fähigkeiten, Einstellungen, Bewältigungsstrategien sowie Gesundheit, Alter, Geschlecht, körperliche Konstitution, Ernährung, Allgemeinzustand, aktuelle Verfassung und Ausgangslage der Aktivierung (vgl. Richter 2000, DIN EN ISO 10075).

      Je nach Voraussetzung können die psychischen Belastungen als Beanspruchung empfunden werden, wobei kurzfristige Beanspruchungen entweder positiv als erwünschte Beanspruchung oder aber negativ als unerwünscht beeinträchtigende Fehlbeanspruchung gewertet werden können. Erwünschte Beanspruchungen führen nach Richter (2000) zu einer Anregung (Aufwärmung, Aktivierung), während kurzfristige unerwünschte Fehlbelastungen (in Form von Unter- oder Überforderung) zu psychischen oder körperlichen Beeinträchtigungen führen können (dazu zählen Ermüdung, ermüdungsähnliche Zustände wie Monotonie, herabgesetzte Wachsamkeit und Sättigung sowie Stress).

      Langfristige erwünschte Beanspruchungen führen zu Übung, Weiterentwicklung körperlicher und geistiger Fähigkeiten, Wohlbefinden und Gesunderhaltung, während langfristige Fehlbeanspruchungen allgemeine psychosomatische Störungen und Erkrankungen (u. a. Verdauungsbeschwerden, Herzbeschwerden, Kopfschmerzen), Ausgebranntsein (Burn-out), Fehlzeiten, Fluktuation und Frühverrentung hervorrufen können (vgl. ebenda, DIN EN ISO 10075).

      Besonders

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