Führung - Bildung - Gesundheit. Robin J. Malloy

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Führung - Bildung - Gesundheit - Robin J. Malloy

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einzuleiten bzw. zu unterstützen, die zu Offenheit und zu Differenzierung von Deutungsmustern führen“. D. h. die Erwachsenenbildung hat nicht die Aufgabe, anderen die eigenen Deutungsmuster aufzuzwängen, sondern den Lernenden lediglich dabei zu unterstützen, die eigenen Deutungsmuster zu erkennen, offen mit ihnen umzugehen und ggf. neue oder alternative Deutungsmuster anzubieten. Im Gegensatz zu der klassischen Vermittlung von Wissen und der Weitergabe von neuen Wissenstatbeständen geht es in einer am Deutungsprozess orientierten Erwachsenenbildung um „ein Bemühen um die Kommunikation von Bedeutungssystemen“ (Tietgens 1992, S. 10). Es werden also keine Lösungen (vgl. Arnold 1985) „rezeptologisch übergestülpt“, sondern lediglich als Alternative angeboten. Frederic Vester spricht in diesem Kontext von dem sogenannten „Jui-Jutsu-Prinzip“, „dem die Absicht zugrunde liegt, die Selbstorganisationskräfte des Systems nicht mit Gegenkräften in eine bestimmte Richtung zu zwingen, sondern vielmehr die Systemkräfte selbst für sich zu nutzen“ (Vester 1988, S. 82). Mezirow spricht hierbei gar von dem Ziel der Erwachsenenbildung, sich durch Reflexion und Kritik in einem diskursiven Prozess den verfälschten oder unvollständigen Bedeutungsperspektiven bewusst zu werden und diese zu transformieren: „A transformation theory of adult learning would have as its central focus understanding the nature of these meaning perspectives and how they can be changed to allow exciting new possibilities for realizing meaning and value“ (Mezirow 1990, S. 15).

      Erwachsenenbildung als Deutungsprozess wird somit zu einer Prozessbegleitung auf dem Weg zu einer möglichen Transformation des Deutungsmusterhorizontes. Um mit den Worten von Arnold (1995) zu sprechen, wird bei dem erwachsenen Lerner somit kein Wissen erzeugt, sondern das Anknüpfen an neue Deutungsmuster ermöglicht („Ermöglichungsdidaktik“).

      Schüßler fasst didaktische Ansätze für eine Erwachsenenbildung, die im Zusammenhang mit dem Deutungsprozess – also dem Deutungslernen – stehen, zusammen, die hier punktiert dargestellt werden sollen (vgl. Schüßler 1998, S. 110):

       Im Lehr-/​Lernkontext muss ein Erfahrungsaustausch als Lernprozess mit den Teilnehmern selbst gestaltet werden (nicht nur für die Bestätigung der Dozentenaussagen). Deutungen und Sichtweisen sollen dadurch rekonstruiert und einsichtig werden.

       Der Lehrende unterstützt die Lernenden u. a. mithilfe wissenschaftlichen Wissens darin, zu einer Selbstaufklärung ihrer eigenen Alltagswissensbestände zu gelangen.

       Nicht der Lehrende entscheidet über Zweckmäßigkeit oder Unzweckmäßigkeit eines Deutungsmusters, sondern die Lernsituation regt zur Überprüfung der eigenen Sichtweisen an, indem die Kriterien der Deutungen infrage gestellt und kritisch diskutiert werden.

       Der Lehrende kann diesen Reflexionsprozess mit wissenschaftlichen Mitteln unterstützen und weitere Reflexionsimpulse durch anregendes Lernmaterial setzen.

       Bei dem Lernenden jedoch liegt die Entscheidung darüber, was gelernt wird und wie eigene Deutungsmuster weiterentwickelt werden.

       Deutungslernen stellt eine „Animation für ein Probedenken“ dar, denn die eigentliche Transformation erfolgt erst nach einer Überprüfung der Sichtweisen in alltäglichen Interaktionen (vgl. Siebert 1996, S. 113).

       Dem Erwachsenen muss ermöglicht werden, eigene Lernproblematiken zu entwickeln, an denen er arbeiten kann – dies mit Unterstützung des Lehrenden und anderen Lernenden. D. h. der Erwachsene lernt nur, wenn er für sich selbst ein Problem erkannt hat, welches er unter den gegebenen Umständen nicht lösen kann, sondern nur dadurch, dass er eine „Lernschleife“ dazwischenschaltet (vgl. Holzkamp 1996).

       Sind die Probleme erkannt und biografisch eingeordnet („biografisch synthetisiert“), ist es Aufgabe des Pädagogen, den Lernenden darin zu unterstützen, Übersicht und (ggf. emotionale) Distanz zu seinen Problemen zu schaffen.

       Dies kann z. B. durch das Angebot wissenschaftlicher Deutungsangebote oder durch die Einbindung („Verschränkung“) von Erfahrungsschilderungen anderer Teilnehmer und deren alternativen Situationsdeutungen und Lösungsalternativen erfolgen.

      Der letzte Punkt lässt sich mit folgenden Worten zusammenfassen: Es geht darum, dem Teilnehmer zu helfen, seine eigene Situation durch eine neue „Brille“ – vielleicht die Brille eines anderen Teilnehmers – zu sehen, um dadurch einen Perspektivwechsel zu ermöglichen.

      Die o. g. Punkte beschreiben didaktische Ansätze, welche ein Lehr-/​Lernverhältnis im Kontext der Deutungen sowohl der Lehrenden als auch der Lernenden umfassen, wobei diese Differenzierung insofern unscharf ist, als dass sowohl die Teilnehmer einer Bildungsveranstaltung als auch die Verantwortlichen in einem zirkulären Kreislauf der kritischen Reflexion der eigenen Deutungsmuster gegenseitig voneinander „lernen“.

      Das Konzept einer an den Deutungen orientierten Erwachsenenbildung strebt eine Anknüpfung an die Deutungsmuster der Teilnehmer an und fragt dabei, wie diese Anknüpfung gelingen kann. Eine weitere Frage jedoch lautet, ob die Erwachsenenbildung eine Deutungsmusterdifferenzierung und -veränderung überhaupt anstreben darf. D. h. es geht um die Frage nach der Legitimation einer erwachsenenpädagogischen Intervention, zumal auch der handelnde Pädagoge nicht frei von einer subjektiven Perspektivität ist.

      Werden durch die Deutungsmusterdifferenzierung nicht die Plausibilität und damit die „Handlungsautonomie“ (vgl. Arnold 1985) des Teilnehmers infrage gestellt? Besonders der Aspekt der biografischen und lebensweltorientierten Anknüpfbarkeit der Deutungsmuster sowie die Perspektivität und Relativität der eigenen Deutungsmuster (auch die des Lehrenden) führen „zu der Einsicht, dass eine Differenzierung individueller Perspektiven in der Erwachsenenbildung nur dialogisch, d. h. in Form einer gleichberechtigten Aushandlung neuer oder veränderter Deutungsmuster, sein kann“ (Arnold 1985, S. 32). Dies bedeutet, dass einer negativen Kritik gegenüber einer Differenzierung von Deutungsmustern nur dann begegnet werden kann, wenn gewährleistet ist, dass der Lehrende nicht über einen „heimlichen Lehrplan“ verfügt, mit dem Ziel, seine eigenen Deutungsmuster den anderen aufzuzwängen oder seine Perspektive als die allein verbindliche anzuerkennen. Hier geht es um die selbstkritische Reflexion der Konstruiertheit der eigenen Wissensbestände bei dem Lehrenden, welcher sich lediglich als Prozessbegleiter im Prozess der Reflexion und der Aneignung neuer Deutungsmuster beim Teilnehmer verstehen sollte: „Aufgabe der Erwachsenenpädagogen im Sinne der Teilnehmerorientierung kann dabei nicht die Durchsetzung vermeintlich oder tatsächlich differenzierterer Deutungsmuster sein. Erwachsenenpädagogisches Handeln hat vielmehr den Umgang mit Deutungsmustern zu fördern“ (Arnold 1985, S. 32). Die ethische Grundlage für ein Deutungslernen ist also das Vorhandensein einer Aspekt- und Paradigmenpluralität sowie einer großen dialogischen Methodenvielfalt aufseiten des Erwachsenenpädagogen. Es geht um das Freisein von „Allmachtsphantasien“ und um eine didaktische Gelassenheit. Dies bedeutet, dass im Zusammenhang mit dem Deutungslernen die Kompetenz beim Pädagogen vorhanden sein muss, sich selbst zurückzunehmen und „vorstrukturierte Muster im Umgang mit Teilnehmer-Deutungen“ (Geißler 1983) selbstkritisch zu hinterfragen und das didaktische Handeln weitestgehend nicht davon bestimmen zu lassen. Nur dann kann ein deutungsorientierter Lehr-/​Lernprozess ethisch legitimiert sein.

      An dieser Stelle sollen die o. g. Theorien und Modelle des Deutungsmusteransatzes sowie des Deutungslernens mit der Ausgangsfragestellung dieser Arbeit abgeglichen werden:

      

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