Seelenheilung. Thomas Peddinghaus

Чтение книги онлайн.

Читать онлайн книгу Seelenheilung - Thomas Peddinghaus страница 9

Автор:
Жанр:
Серия:
Издательство:
Seelenheilung - Thomas Peddinghaus

Скачать книгу

habe der Mensch mehr Angst als vor dem Unbekannten. Wer kennt sie nicht, die Momente, in denen man vor der Qual der Wahl steht, etwas gänzlich Neues wie beispielsweise eine andere berufliche Tätigkeit zu beginnen. Die Angst vor einem eventuellen Scheitern ist oft so groß, dass wir im Zweifelsfalle lieber in einem uns zwar unangenehmen, aber bekannten und gewohnten Zustand verharren. Die Leidensfähigkeit des Menschen scheint hierbei nahezu grenzenlos zu sein. Gerade im Berufsleben hat die Zunahme des Burnout-Syndroms beängstigende Ausmaße erreicht. Oft genug wurde dabei eine klare Entscheidung zum richtigen Zeitpunkt versäumt. Manches Mal muss man im Leben eben gewisse Unannehmlichkeiten in Kauf nehmen, wenn man sich entscheidend verändern will. Oder, wie es der Hirnforscher Joe Dispenza formuliert: „In all meinen Studien, Reisen und Vorträgen über Veränderung ist es meine persönliche Erfahrung, …, dass es sich nicht gut anfühlt und unbequem ist.“ Dabei ist die Erkenntnis nicht wirklich neu, dass der Mensch an der Aufgabe beziehungsweise am Widerstand wächst und nicht durch Bequemlichkeit. Selbst das Laufen haben wir durchs Stolpern gelernt. Ein Teil unseres Seelenlebens findet diese Vorstellung von möglicher Veränderung mehr oder weniger schrecklich und ist daran interessiert, uns einem möglichst geringen Risiko auszusetzen. Im Wortsinn hat dieser Aspekt unserer Seele also einen konservativen (conservare = erhalten) Charakter.

      Höhere seelische Funktionen

      Wenn dem so ist, dass die Körperseele tatsächlich vor allen Dingen auf die Bestandssicherung hin ausgerichtet ist, wie können wir uns dann überhaupt seelisch weiterentwickeln? Gibt es außer der erhaltenden noch weitere Funktionen der Seele?

      Schon Platon unterschied, wie zuvor erwähnt, zwischen verschiedenen Funktionen der Seele: Er spricht von der Körper­seele, einer Ich-Seele sowie der so genannten Vernunftseele. Letztere befähigt uns im Zusammenwirken mit dem Geist, uns über bestimmte konservative Grenzen hinwegzusetzen und dabei auch neue Territorien zu erschließen. Dies lässt sich im bildhaften Sinne am Beispiel der Entdecker und Erforscher des Mittelalters verdeutlichen: Ganze Schiffs­besatzungen nahmen wochenlange Entbehrungen auf sich, u­m neue Horizonte für den Menschen zu erschließen. Dass dabei die seelischen Bedürfnisse auf der körperlich-emotionalen Ebene massiv leiden mussten, steht außer Zweifel. Die auf diese Art Wohlbefinden ausgerichtete Körperseele hatte an solchen Unternehmungen vermutlich denkbar wenig Vergnügen. Da wird der Satz von „Wer neue Kontinente entdecken will, muss den Mut haben, alle Küsten aus den Augen zu verlieren“ ganz schnell zur wahren Belastungsprobe für das Sicherheitsempfinden und lässt bei unserer Körperseele die Alarmglocken hörbar schrillen.

      Diese Art der Seelenqualen können wir nicht nur auf hoher See spüren und erleben, auch im Alltag kennt wohl jeder das Gefühl der inneren Zerreißprobe: Stehe ich morgens mit dem Gefühl auf, einen neuen Tag gewinnen zu können oder schleppe ich mich mühsam gegen alle inneren Widerstände zuerst ins Bad und anschließend in den Tag hinein? Gönne ich mir im Tagesgeschehen Auszeiten, um einen Teil meiner Seele - wenn auch nur für kurze Zeit - baumeln zu lassen oder spule ich eisern und von abendlichen Erschöpfungszuständen begleitet, mein Tagespensum ab? Immer wieder scheinen wir die Erfahrung zu machen, dass zwei gänzlich verschiedene und gegensätzliche Seelenkräfte in uns wirken. Goethes Faust spricht von den „Zwei Seelen wohnen, ach, in meiner Brust“ und meint damit den Spagat zwischen der Hinwendung zu irdischen Genüssen und dem gleichzeitigen Streben nach dem Überirdischen, sprich Geistigen. Man muss an dieser Stelle gar nicht an göttlich-spirituelles Streben denken, um zu verstehen, dass wir ein Wesen sind, das aus verschiedenen Komponenten, sprich Körper, Geist und Seele, besteht. Nicht immer gelingt das Zusammenspiel zufrieden stellend. Der Geist sei willig, aber das Fleisch sei schwach, heißt es dazu an anderer Stelle. Im seelischen Zusammenhang gesprochen, würde dies bedeuten, unsere Körperseele ist willig bis zu gewissen Grenzen, aber ein anderer Teil unserer Seele sehnt sich vielleicht gerade nach Überwindung dieser als einengend empfundenen Grenzen. Mitunter ist dieser höhere Teil unserer Seele sogar recht kreativ bei der Grenzüberschreitung. Man denke in diesem Zusammenhang nur an den Rausch der Befriedigung, der sich einstellen kann, wenn man sich entweder auf der körperlichen Ebene - etwa beim Sport - oder aber der geistigen Ebene - wie bei der Erschaffung eines Kunstwerkes - verausgabt hat. C.G Jung beschreibt diese scheinbar im Menschen eingebaute Leidensbereitschaft, wenn es um einen höheren Sinn und Zweck geht, mit dem Satz: „Aus dem Leiden der Seele entspringt jegliches schöpferische Handeln des Menschen.“

      Offensichtlich gibt es also noch eine andere seelische Triebkraft im Menschen, die ihn dazu befähigt, über seine gewohnten und bekannten Fähigkeiten hinauszuwachsen, ja, ihn sogar dazu veranlasst, diese Grenzüberschreitung als selbst gewähltes und erklärtes Ziel verfolgen zu wollen.

      Seelische Erfüllung

      Unsere Seele verhält sich normalerweise auch dann noch loyal, wenn wir bei der Verwir­klichung einer Aufgabe oder einer Unternehmung körperliche, emotionale oder mentale Strapazen erleiden. Die Wichtigkeit, die wir einer Aufgabe beimessen und die Entschlossenheit, mit der wir an ihre Umsetzung herangehen, sind die ausschlaggebenden Faktoren, wenn es darum geht, ob wir von unserer Seele genügend Energie zur Verfügung gestellt bekommen. Extrembergsteiger sind immer wieder bereit, sich in Todesgefahr zu begeben, um das rauschhafte Gefühl zu erleben, dass sich bei der Eroberung eines Berges scheinbar einstellt. Manche Künstler arbeiten wie besessen an ihren Kunstwerken, manchmal tage- und nächtelang ohne nennenswerte Pausen oder Nahrungsaufnahme. Wenn das Ziel klar genug von uns formuliert ist, scheint sich unsere Seele entsprechend zu verhalten und unterstützt uns in dem, was wir verwirklichen wollen. Natürlich gibt es auch hier Grenzen der Belastbarkeit: Selbst der leidenschaftlichste Künstler oder Sportler wird irgendwann eindeutige Warnsignale von seiner Körperseele erhalten. Ob er der Aufforderung, innezuhalten und abzuwägen, Folge leistet, liegt in seinem Ermessen. Überschreitet er die Grenze zu oft und zu nachhaltig, kann auch die loyalste Körperseele den Untergang nicht verhindern.

      Man muss jedoch als Normalsterblicher nicht notwendiger­weise in diese Grenzbereiche (un)menschlicher Anstrengung eindringen, um in den Genuss der höheren Seelenfunktionen zu gelangen. Auch die Umsetzung recht bodenständiger Ideen und Vorstellungen erfordert immer wieder ein gewisses Maß an Leidensfähigkeit und Durchhaltewillen: Wer schon einmal ein für ihn selbst wichtiges Ziel verfolgt hat - sei es im Beruflichen oder im Privaten -, weiß um die Kraft und Energie, die ein entschlossener Wille freisetzen kann. Die Kräfte, die beispielsweise im Zustand der Verliebtheit freigesetzt werden, reichen meist aus, um Bäume auszureißen, wenn nicht gar die ganze Welt aus den Angeln zu heben. Und welche Qualen wurden für dieses hohe Gut der Liebe nicht schon ausgestanden. Die schönsten Gedichte und Lieder wurden just aus diesem Leiden heraus geschaffen. Und unsere Seele vermag mit ihrer höheren Funktion uns und unseren Gedanken und Gefühlen die dazu nötigen Flügel zu verleihen. Dieser Teil der Seele vermag uns also in einen Zustand zu versetzen, der uns scheinbar über uns selbst erhöht und gleichzeitig doch auf unser ganz persönliches und individuelles Glück und Wohlbefinden ausgerichtet ist. Die höheren Funktionen der Seele führen uns somit heraus aus den ‘Niederungen‘ unserer gewöhnlichen Erfahrungen und ermöglichen uns, über den eigenen Horizont hinauszusehen. Sie lassen uns erahnen, was es heißen könnte, ein erfülltes Leben zu führen.

      Seele und Geist

      Wenn man nun von ‚höheren Funktionen‘ des Seelenlebens spricht, empfiehlt es sich an dieser Stelle, eine begriffliche Unterscheidung zu machen. In all den überlieferten Mythen und Darstellungen kann es nämlich immer wieder passieren, dass es zu einer gewissen Begriffsverwirrung kommt: Um die nicht greifbaren und ungesehenen Einflüsse im und auf den Menschen zu bezeichnen, wurden im Laufe der Menschheitsgeschichte immer wieder verschiedene Begrifflichkeiten verwendet. So wird vor allen Dingen in vielen religiösen Zusammenhängen die Unterscheidung gemacht zwischen ‚Geist‘ und ‚Seele‘, wobei der Geist (im Englischen spirit) eigentlich immer den unpersönlichen, übergeordneten göttlichen Aspekt meint und die Seele als die Instanz angesehen wird, die den individuellen und persönlichen Anteil des Menschen an der Göttlichkeit bezeichnet. Diese Art Geist gilt es zudem zu unterscheiden von dem persönlichen, zum Denken befähigenden Etwas, mit dem jeder Mensch grundsätzlich

Скачать книгу