Wie man glücklich wird und dabei die Welt rettet. Holger Dr. phil. Wohlfahrt

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Wie man glücklich wird und dabei die Welt rettet - Holger Dr. phil. Wohlfahrt

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Glück?

      Das Wort „Glück“ leitet sich vom mittelhochdeutschen „gelücke/lücke“ ab, womit man einst ausdrückte, dass etwas „gut endet“.

      Meist verbergen sich hinter einzelnen Worten aber mehrere Bedeutungen. Der römische Universalgelehrte Marcus Terentius Varro (116 v.Chr.-27 v.Chr.) hat für die lateinische Übersetzung des Wortes „Glück“ denn auch 289 gültige Definitionen aufgeführt. Zu dieser Liste ließen sich heute sicher noch zahlreiche weitere hinzufügen.

      Hier sollen drei Bedeutungen berücksichtigt werden, die zugleich als Oberbegriffe für viele der mitunter sehr abstrakten und feinteiligen Glücks-Definitionen betrachtet werden können.

      Schicksalsglück

      Zunächst ist da das Glück des Zufalls, das Schicksalsglück: Äußere Umstände, die Menschen in eine für sie vorteilhafte Situation versetzen. Unerwartetes, Unverhofftes, oft auch Unwahrscheinliches, das einfach so passiert und für Freude sorgt. Da das Glück des Zufalls immer Wahrscheinlichkeiten sprengt, lässt es sich rational nicht fassen. Der menschliche Verstand versucht meist dennoch, selbst für die absonderlichsten Glücksfälle, Erklärungen zu finden. Eine besonders originelle, wenn aus heutiger Sicht auch befremdliche Erklärung für das Glück Einzelner, begegnete im antiken Rom. Man ging dort davon aus, dass Fortuna, die Glücksgöttin, manipulierbar sei. Sie sei als Frau von besonders männlichem Auftreten angetan. Die Männlichkeit zeichne sich durch tapferes, wagemutiges und kühnes Handeln aus. Wer also nach römischer Vorstellung möglichst „mannhaft“ auftrat (das galt auch für Frauen), ließ Fortuna dahinschmelzen. Ihre Wohlgesonnenheit war die logische Folge. Wer sich also wagemutig und tapfer in kühne Abenteuer schmiss, dem war die Glücksgöttin hold.

      In eine ähnliche Richtung dachte auch noch der Philosoph Niccolò Machiavelli (1469–1527) in der Renaissance-Zeit. Bei ihm wird allerdings nicht um Fortuna geworben. Sie wird rücksichtslos erobert. Aus heutiger Sicht ist Machiavellis Wortwahl in ihrer Brutalität erschreckend. So schreibt er in seinem einflussreichen Werk „Der Fürst“: „Gerade hier [wenn es um die Erzwingung des Glücks geht] aber meine ich, dass es besser sei, ungestüm als vorsichtig zu sein, denn Fortuna ist ein Weib, und wer es bezwingen will, muss es schlagen und stoßen; und man sieht, dass es sich leichter von diesen besiegen lässt, als von solchen, die kaltblütig zu Werke gehen. Darum ist es, wie ein Weib, auch den Jünglingen gewogen, weil diese weniger bedächtig und gewalttätiger sind und ihm dreister befehlen.“

      Machiavelli dürfte seine brutalen Worte vor allem metaphorisch gemeint haben. Er drückt damit einen Sachverhalt aus, der sich dem Anschein nach oft bewahrheitet. Wer mutig und kompromisslos voranschreitet, wird belohnt. Das Glück scheint den Mutigen besonders oft zu begünstigen. Die Erklärung dafür ist heute jedoch eine andere: Wer mutig ist, wagt bisweilen auch Dinge, die den Rahmen des Gewohnten und Normalen sprengen. Damit stiftet er Verwirrung, schafft neue Situationen und Konstellationen und überrascht seine Umgebung. So kann z.B. der Trainer einer Sportmannschaft, die als Außenseiter äußerst mutig mit fünf Angreifern auftritt, den favorisierten Gegner verwirren. Dieser fühlt sich überrumpelt, verliert seine Souveränität für einen Augenblick und macht tatsächlich Fehler, die schwer erklärbar sind und unter normalen Umständen wohl nicht passiert wären. Trotz aller Unterlegenheit gelingt dem Außenseiter vielleicht ein Erfolg, der in seiner vermeintlichen Unerklärbarkeit dann oft als „glücklich“ eingestuft wird.

      Zudem ist der Mutige, so er denn wahrhaft handelt, davon überzeugt, dass sein Handeln gut und erfolgreich enden wird. Andernfalls würde er es wohl von vornherein unterlassen. Diese tiefe Überzeugung lässt manchmal auch unmögliche Dinge möglich werden. Glaube kann bekanntlich Berge versetzen - besonders der Glaube an die eigene Tatkraft. Man spricht in der Soziologie und Psychologie in dem Zusammenhang auch von „selbsterfüllender Prophezeiung“.

      Vielleicht ist die seit der Antike verbreitete Annahme, dass mutige Menschen besonders oft vom Glück begünstigt werden, aber auch nur ein Phänomen der Wahrnehmung. Wer mutig voranschreitet, ist wohl meist ein positiv denkender, von einem tiefen Urvertrauen beseelter und von sich selbst überzeugter Zeitgenosse. Anders als ein nervöser Zögerer und Zauderer, der womöglich dazu neigt, überall Gefahr, Bedrohung und Unglück zu suchen und dann auch zu finden, sieht er in den Dingen zunächst das Machbare, die Chancen und auch das Gute. Selbst gelegentliche Niederlagen und Rückschläge werfen ihn nicht aus der Bahn, er definiert sie kurzerhand zu Erfolgen um oder nimmt sie als Anlass, etwas Neues zu wagen – so lange, bis ihm das Glück tatsächlich gewogen ist. Vielleicht erscheint es daher nur so, als ob der Wagemutige mehr äußeres Glück hätte als der Zauderer.

      Neben dem Glauben, dass Fortuna vor allem Mut belohnt, gibt es die sprichwörtliche Annahme, dass der Tüchtige vom Glück begünstigt wird. Doch es stellt sich die Frage, ob es wirklich Glück ist, das der Tüchtige hat. Wer sich umfassend und tüchtig vorbereitet, erhöht schlichtweg die Chance, dass er mit dem, was er tut, Erfolg haben wird. Auch hier erscheint nur von außen als „glücklich“, was in Wahrheit Lohn fleißiger Arbeit oder vorausschauenden Handelns ist.

      Auch wenn einiges, was vordergründig als glücklicher Zufall erscheint, ansatzweise erklärbar ist: Um Naturgesetze handelt es sich bei all dem natürlich nicht. Oft werden derartige Erklärungen auch erst im Rückblick bemüht, um einem unwahrscheinlichen Geschehen eine inhärente Logik zu geben und das menschliche, stets um Lösungen und Erklärungen bemühte Gehirn zu befriedigen. Eine Widerholbarkeit ist aber nicht gewährleistet. Im Gegenteil: Wie ein bekanntes Sprichwort sagt, kommen oft genug gerade die Mutigen irgendwann in der Gefahr um. Und oft genug wird auch großer Fleiß nicht belohnt.

      Glück in seiner Form als unberechenbares Schicksal lässt sich eben gerade nicht berechnen und daher auch nicht erzwingen. Sobald es einen wiederholbaren Ursache-Wirkungs-Zusammenhang gibt, der Erfolg verspricht, ist eben kein Glück mehr im Spiel. Sobald etwas unabhängig vom Schicksal durch eigenes Tun erreicht oder erzwungen wird, handelt es sich nicht mehr um Glück.

      Gerade wer sich voller Fleiß um ein großes Ziel bemüht, sollte sich diesen Sachverhalt klar machen. Andernfalls dürfte die Enttäuschung im Fall des Scheiterns noch größer sein. Fleiß verspricht kein Glück. Mit Fleiß lässt sich lediglich die Wahrscheinlichkeit minimieren, dass man auf Unvorbereitetes trifft und für den Erfolg vor allem das Schicksalsglück benötigt. Doch auch der fleißigste Mensch der Welt kann Pech haben und daher erfolglos bleiben.

      Da das schicksalhafte Glück also nicht erklärbar, nicht berechenbar und auch nicht erzwingbar ist, macht es keinen Sinn, sich weiter mit ihm zu befassen. Ob es Teil eines höheren, eines vielleicht göttlichen Plans ist oder tatsächlich nur eine beliebige Spielart des sich willkürlich vollziehenden Weltenlaufs, wird wahrscheinlich nie allgemeingültig zu beantworten sein.

      Tatsache jedoch ist, dass das äußere Glück schlicht und ergreifend nicht beeinflussbar ist. Beeinflussbar ist allerdings der Umgang mit ihm. Daher kann auch das Schicksalsglück großen Einfluss auf die beiden anderen Formen des Glücks haben, um die es in dem Buch vorrangig gehen soll.

      Glück als Wohlfühlmoment

      Wer sich als glücklich bezeichnet, meint in der Regel, dass er sich im Hier und Jetzt gut fühlt. Er meint ein Glück, das schönen, lustvollen Momenten, das Augenblicken des Genusses, Spaßes und Vergnügens oder gar dem Rausch der Ekstase entspringt. Er meint jenes Glück, das sich in einem kurzzeitigen Gefühlshoch bemerkbar macht, in einer hormonellen Explosion, die ein Feuerwerk positiver Emotionen bedingt. Es ist eine Form von Glück, die der mit dem Nobelpreis für Literatur ausgezeichnete Mathematiker und Philosoph Bertrand Russell (1872-1970) in seinem Buch „Die Eroberung des Glücks“ als „primitiv“ und „animalisch“ bezeichnet.

      Diese Form des Glücks scheint

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