Das Mal der Burgherrin. Sabine Müller

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Das Mal der Burgherrin - Sabine Müller

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noch nicht fassen.

      Nach dem Unfall hatte man Simons Leichnam in seine Kammer gebracht und aufs Bett gelegt. Grete und Johanna zogen ihm die schmutzige Jagduniform aus, wuschen ihn und legten ihm ein Leinenhemd an.

      Bruder Hubertus betete für die Seele des Toten. Da dieser ohne Letzte Ölung und ohne den Segen des Herrn gegangen war, waren besonders viele Gebete notwendig, damit seine Seele in das Himmelreich aufsteigen konnte.

      Philipp ließ einen Boten zum Kloster Wörschweiler schicken, damit man Abt Stephanus verständigte, denn er wollte, dass dieser seinen Sohn in der Klosterkirche beerdigte.

      Da Gräfin Margareta von ihrer Trauer wie gelähmt war, regelten Haushofmeister Ulrich und Johanna alles Weitere.

      Man meldete den Vorfall dem Schultheiß, der noch am gleichen Tage auf die Burg kam. Philipp schilderte ihm den Vorgang und reichte ihm den Pfeil, den Simon getroffen hatte. Mithilfe der Liste von Bruder Hubertus ermittelten sie, dass der Pfeil, welcher mit einem schwarzen Ring gekennzeichnet war, von Ritter Gerald, einem Gefolgsmann des Grafen Egbert stammte. Die Grafen konnten bezeugen, dass Gerald bei denen war, die auf die letzten Tiere kurz vorm Teich geschossen hatten. Gerald wurde vor den Schultheiß zitiert.

      „Ritter Gerald, Euer Pfeil hat den jungen Herrn getroffen, ist das richtig?“

      „Ja, Schultheiß, es scheint so.“

      „Als Ihr geschossen habt, habt Ihr da nicht gesehen, dass ein Mann in Schussrichtung gestanden hat?“

      „Nein, ich habe nur auf die Wildschweine geachtet und habe gar niemanden gesehen. Es ist mir ein Rätsel, wie ich Simon treffen konnte.“

      „Aber du musst doch irgendetwas bemerkt haben?“, meldete sich der Graf.

      „Nein, ich habe geschossen und plötzlich lag Simon da. Ich weiß gar nicht, ob es auch genau die Richtung war, in die ich gezielt habe.“

      „Willst du etwa abstreiten, dass dein Pfeil Simon getroffen hat?“

      „Nein, ich kann es nur nicht begreifen!“

      Man befragte die anderen, doch niemand hatte genau gesehen, wie es sich zu getragen hatte.

      Graf Philipp ließ nach Walther rufen.

      „Wo bist du so früh mit Simon vor der Jagd hin und wo wart ihr, als es losging? Ich habe euch gar nicht mehr gesehen.“

      „Simon hatte sich in den Kopf gesetzt, dass er unbedingt ein Wildschwein mit dem Sauzahn erledigen wollte, weil er bei seiner ersten Jagd als Held dastehen wollte. Ich habe versucht ihn davon zu überzeugen, dass das viel zu gefährlich sei, aber es war unmöglich. Er hat sich einfach nicht davon abhalten lassen und deshalb sind wir schon vor euch aufgebrochen und haben am Weiher gewartet.“

      „Warum hast du mich nicht verständigt? Ich hätte ihn gezwungen es nicht zu tun!“, brauste Philipp auf.

      „Ich wollte ihn nicht verärgern, weil wir gerade erst Freunde geworden waren“, erklärte Walther und senkte den Kopf.

      „Aber warum bist du überhaupt mit ihm gegangen?“

      „Ich dachte, wenn ich dabei wäre, könnte ich ein wenig auf ihn achtgeben.“

      „Mit deinem Bein?“

      „Manchmal vergesse ich, dass es nicht mehr so geht wie früher.“

      „Warum warst du dann nicht neben Simon, als er getroffen wurde? Man hat von dir nichts gesehen.“

      „Als ich gemerkt habe, dass ich Simon nicht zur Vernunft bringen kann, habe ich mich zurückgezogen, um rechtzeitig aus der Laufrichtung des Wildes zukommen.“

      „Du hättest ihm wenigstens Deckung geben können!“

      Philipp, der immer auf Simons Heldenmut stolz gewesen war, glaubte nun zu wissen, wie sich alles ereignet hatte. Er besprach sich mit dem Schultheiß. Auch wenn Ritter Gerald nicht vorsätzlich gehandelt hatte, sollte er trotzdem eine Strafe für die Tötung des Grafensohnes bekommen. Der Schultheiß verurteilte Ritter Gerald zu einer Bußzahlung von zwanzig Schilling.

      Gerald musste schlucken. Da musste ihm wohl Graf Egbert unter die Arme greifen, damit er diese Summe aufbringen konnte.

      Philipp beendete das Verhör und zog sich zurück. Hätte Walther ihm doch nur Bescheid gesagt! Wenn er gewusst hätte, dass am Weiher jemand wartet, hätte er die Jäger davon abgehalten, dort unten zu schießen! Aber jetzt war alles zu spät und er konnte Walther nicht dafür bestrafen.

      In der Nacht wurde die Totenwache gehalten und am nächsten Morgen traf Abt Stephanus ein. Er sprach Philipp und Margareta sein Beileid aus und bedauerte den Vorfall sehr. Der Abt sah nach dem Toten und segnete ihn aus, dann begab er sich auf den Rückweg, um die Beisetzung im Kloster vorzubereiten. Der Tote sollte, wie schon andere Grafen von Homburg, im Querhaus der Klosterkirche bestattet werden. Der Totengräber hatte bereits begonnen eine Öffnung vorzubereiten. Ein Steinmetz wurde beauftragt, die Grabplatte herzustellen, die das Grab später abdecken sollte.

      Der Trauerzug, begleitet von den Gesängen des Chores und den Segnungen des Abtes, passierte das Klostertor und die Glocken begannen zu läuten, als sie in die Klosterkirche Einzug hielten. Der Leichnam wurde im Kirchenschiff aufgebahrt und der Sakristan zündete vier große Kerzen an. Der Abt hielt die Totenmesse und Simon wurde zu dem offenen Grab getragen und unter Besprenkeln mit Weihwasser und Beräuchern mit Weihrauch in seine letzte Ruhestätte gelegt. Der Abt bedeckte den Toten mit etwas Erde. Wieder wurde eine Messe gelesen.

      Margareta verließen alle Kräfte. Sie sackte zusammen und Philipp konnte sie gerade noch auffangen. Margareta hatte seit dem letzten Morgen, an dem sie vom Tode ihres Sohnes erfahren hatte, fast nichts mehr gegessen. Johanna und Grete führten die Burgherrin zu einem Wagen. Die Gesellschaft verabschiedete sich vom Kloster und brach auf Richtung Homburg. Dort brachte man Margareta in die Kemenate, während sich die Trauernden zur Totenfeier in den Rittersaal begaben.

      Im großen Saal nahmen die Gäste Platz. Außer den Grafen, die zur Jagd gekommen waren, kamen auch noch andere, um von Simon Abschied zu nehmen, auch viele Leute aus dem Dorf waren gekommen und nahmen an den niederen Tischen Platz.

      Karl aus Zweibrücken war mit seiner Gattin angereist. Er wandte sich an Philipp: „Es tut mir so leid, was mit Simon geschehen ist. Vor nur wenigen Tagen waren wir hier und haben mit ihm gelacht und Pläne für seine Zeit in Zweibrücken geschmiedet und jetzt ist alles vorbei!“

      „Ich kann es auch kaum glauben und Margareta geht es gar nicht gut. Ich hoffe, dass sie sich bald wieder fängt“, entgegnete Philipp.

      Karls Frau Marlene erhob sich: „Ich werde mal nach Margareta sehen. Sie tut mir so leid.“

      Als Marlene gegangen war, kam Walther herein und setzte sich an die Tafel des Grafen. Er machte ein ernstes und trauriges Gesicht.

      Abt Stephanus, der ebenfalls mit zur Homburg gekommen war und nicht weit entfernt von ihm saß, begrüßte ihn und fragte: „Na, Walther, wirst du im Frühjahr endlich zu uns kommen?“

      Noch bevor Walther antworten konnte, schaltete sich Philipp ein: „Abt Stephanus, verzeiht uns bitte, dass wir unsere Pläne noch einmal überdenken müssen. In der jetzigen Lage

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