Das Mal der Burgherrin. Sabine Müller

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Das Mal der Burgherrin - Sabine Müller

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wandte sich der Hauswirtschafterin zu: „Johanna, du nimmst dir Grete, Bertram und ein paar Pagen und dann werdet ihr die Gästekammern im Palas für die Grafen herrichten. Anschließend seht nach, wie viele Personen ihr bei den Rittern und Bediensteten unterbringen könnt. Wir brauchen noch zwölf Plätze. Es wäre gut, wenn wir alle hier auf der Burg unterbringen könnten und niemand nach der Feier den steilen Weg hinunter zum Wirtshaus müsste.“

      „Wenn alle ein wenig zusammenrücken, wird das schon gehen. Wir machen uns gleich an die Arbeit, Herrin“, entgegnete Johanna.

      Margareta machte sich auf den Weg zum Rittersaal. Dort traf sie die Edelfrauen.

      „Wir wollen den Saal schmücken, damit es noch festlicher wirkt, wenn die Gäste eintreffen.“

      Die Frauen begaben sich an die Arbeit. Sie legten neue Tischdecken auf und verzierten die Tische mit bunten Blättern, Eicheln und Nüssen und stellten Kerzenhalter mit frischen Kerzen auf.

      „Na, was haltet ihr von den Gauklern? Hat es euch gestern Abend gefallen?“

      „Der Gesang war einfach vortrefflich! Es wäre schön, wenn sie über Winter bleiben könnten. Dann hätten wir jeden Tag Unterhaltung und der Winter würde schneller vorübergehen“, sagte Eleonore, die Frau des Ritters Theodorich.

      „Die frechen Frauen würden unseren Männern ganz schön den Kopf verdrehen. Ich weiß nicht, ob ich das so gut finden würde, wenn mein Mann Rupert jeden Abend im Zelt dieser Dirnen verschwinden würde!“, entgegnete Mabilia, die mit ihren vierzig Jahren schon so manches mit ihrem Gatten erlebt hatte.

      „Mal doch nicht den Teufel an die Wand! Die Gaukler werden ihre Frauen schon verteidigen.“

      „Ich weiß nicht so recht, denen ist doch jedes Zubrot recht.“

      „Ich denke, Philipp würde seine Ritter schon im Zaum halten, er weiß schließlich, was sich schickt“, beendete Margareta dieses Gespräch.

      Als die Frauen mit ihrer Arbeit fertig waren, begab sich die Gräfin in ihre Gemächer, um dort noch ein paar Sachen zu erledigen.

      Auf dem Burghof herrschte reges Treiben. Mägde liefen umher und trugen Dinge von einem Gebäude zum anderen. Knechte fegten den Hof. Das Schwein briet über dem Feuer und es roch nach frischgebackenem Brot. Die Hunde spürten die allgemeine Hektik und bellten aufgeregt.

      Auf einmal rannte die Frau eines Gauklers wütend über den Burghof. Sie jagte einen Knecht vor sich her, der ihr nachgestellt hatte. So leicht waren die Gauklerfrauen also doch nicht zu haben. Der Haushofmeister gebot dem ganzen Einhalt: „Knecht, geh zurück zu deiner Arbeit und lass das Weib in Ruhe.“

      Der junge Mann ging mit hochrotem Kopf zurück in die Stallungen und die Frau rückte sich erleichtert das Kleid zurecht und trottete von dannen.

      Kurz nach Mittag trafen die Gäste ein. Graf Michael und Johann von Kirkel machten mit ihren Frauen Agatha und Sophie den Anfang. Man begrüßte sich herzlich. Die Fuhrwerke wurden bei den Pferdeställen abgestellt und die Bediensteten luden das Reisegepäck ab. Die Hauswirtschafterin und der Haushofmeister geleiteten sie in die Unterkünfte und zeigten ihnen, wo man sich frisch machen konnte. Dann kamen Graf Egbert und Gräfin Mathilde mit ihren Leuten. Als Letzter traf Graf Augustin ein. Seine Gattin war erkrankt und konnte daher leider nicht mitkommen. Der Burghof füllte sich mehr und mehr. Johanna hatte es geschafft, dass niemand hinunter ins Wirtshaus musste. Alle kamen auf der Burg unter.

      Die Frauen begaben sich in die Gemächer der Gräfin. Die Grafen und Ritter beriefen zusammen mit den Jägern eine Jagdbesprechung im Rittersaal ein. Der Ablauf der Jagd wurde besprochen und der eine oder andere Becher Wein geleert. Schließlich kennzeichnete man die Pfeile aller Grafen und Ritter für die Ermittlung des „Königs der Jagd“. Achtzehn verschiedene Symbole und Farben waren notwendig. Bruder Hubertus trug diese in eine Liste ein und versah sie mit den zugehörigen Namen. Im Anschluss wurden Ausrüstungen und Pferde gerichtet.

      Dann begab man sich zum Abendmahl, die Grafen nahmen mit ihren Frauen am Herrentisch Platz. Die Pagen servierten den Schweinebraten und alles lief so, wie es sich die Burgherrin vorgestellt hatte. Man erzählte, was man in der letzten Zeit erlebt hatte, genoss das Essen und hörte der Musik und dem Gesang der Gaukler zu, die wieder für eine ausgezeichnete Unterhaltung sorgten. Sophie, die junge Frau des Johann von Kirkel berichtete, dass sie ihr erstes Kind erwartete.

      „Im Frühjahr wird es das Licht der Welt erblicken.“

      „Das sind gute Nachrichten, Sophie! Ich freue mich für Euch. Philipp und ich wir hätten auch gerne noch ein Kind gehabt, aber es hat nicht sollen sein.“

      „Ihr habt einen großen und prächtigen Jungen. Ihr könnt stolz darauf sein, einen Sohn wie Simon zu haben. Schon so manche Burg ist gewaltigen Erbstreitigkeiten zum Opfer gefallen, weil es keine männlichen Nachkommen gab.“

      „Oder zu viele.“

      „Das stimmt auch wieder. Bei Eurem Bruder ist es andersherum. Es gibt einen Erben, aber kein Erbe mehr“, sagte Graf Egbert und sah mitleidig zu Walther hinüber.

      „Ja, das ist wirklich eine traurige Sache. Im Frühjahr wird Walther ins Kloster Wörschweiler gehen, dort wird er hoffentlich seinen Seelenfrieden finden.“

      „Da wird es bei Euch richtig ruhig, wenn dann auch Simon nach Zweibrücken geht“, warf Mathilde ein.

      „Oh ja, ich werde meinen Sohn sehr vermissen. Ich werde schon ganz wehmütig, wenn ich an den Abschied denke!“

      Philipp fiel seiner Frau ins Wort: „Nicht jede Mutter hat das Glück ihr Kind so lange behalten zu dürfen, die meisten Pagen verlassen ihr Elternhaus schon mit sieben oder acht Jahren.“

      „Du hast recht, aber es fällt mir trotzdem schwer.“

      Als das Essen sich dem Ende zu neigte, steckte sich Jakob heimlich Brot und ein paar Bratenstücke unter seinen Kittel. Während noch alle feierten, schlich er sich unbemerkt hinaus. Auf dem Burghof sah er sich vorsichtig um, ein Knecht torkelte aus dem Rittersaal, er ging die Treppen hinunter und entleerte seine Blase. Dann schwankte er wieder zurück. Er hatte Jakob, der im Schatten des Bergfrieds stand, nicht bemerkt. Nachdem die Luft rein war, begab er sich zum Palas und stieg die Treppen hinauf bis zum Dachgeschoss. Er suchte nach der Bettstatt der Ritter des Grafen Egbert. Diese waren dafür berüchtigt sehr schnell zu reiten und immer bei den ersten und besten Jägern zu sein. An dem Wappen des Schildes, welches am Bettpfosten hing, erkannte er schließlich, dass er richtig war. Dann suchte er nach der Jagdausrüstung. Als er sie gefunden hatte, nahm er sich drei der Pfeile, die mit einem schwarzen Ring gekennzeichnet waren, und schlich sich wieder hinaus. Er begab sich ins Gesindehaus, richtete seine Sachen, füllte ein Trinkhorn mit Wasser und legte sich nieder. Morgen musste er als Erster aufbrechen, damit ihn niemand sah.

      Jakob war nicht der Einzige, der das Mahl vorzeitig verließ. Auch Simon verabschiedete sich, kaum dass er mit dem Essen fertig war. Er gab vor, müde zu sein.

      Simon schlich sich die Treppen von der Oberburg zur Unterburg hinunter und ging um das bebaute Felsplateau herum zum südlichen Hof, wo er zur Tür der Waffenkammer gelangte. Walther hatte ihm heimlich den Schlüssel besorgt. Er sperrte die Tür auf und trat ein. Im Innern zündete er eine Kerze an und sah sich um. An den Wänden hingen Langbögen, Armbrüste, Köcher mit Pfeilen, Schwerter, Lanzen, Speere, Streitäxte, Rüstungen, Helme und Kettenhemde. Simons Blick blieb an einem langen Speer hängen, der aus

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