Schlacht um Sina. Matthias Falke

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Schlacht um Sina - Matthias Falke

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Feuerstrahl aus den schweren phasengedoppelten Röntgenlasern. Die sinesische Sonde, die ich dem General überlassen hatte, verglühte in einer grünlich irisierenden Partikelwolke. Der Casus belli war geschaffen.

      Jennifer fixierte ungeduldig mein Spiegelbild in der großen Frontscheibe. Sie hatte die Hand am Drücker und wartete auf den Feuerbefehl. Aber obwohl mir bewusst war, dass wir jetzt sehr schnell handeln mussten und dass ein Zögern von Sekundenbruchteilen verhängnisvolle Konsequenzen nach sich ziehen konnte, machte ich ihr ein Zeichen, noch zu warten.

      »Also mein Teil des Jobs«, schnarrte Andresen, dann brach die Leitung zusammen.

      Die zweite Sonde hatte ein Störfeld geschaltet. Ich trat nach vorne, direkt hinter die Lehne von Jennifers gravimetrischem Stuhl, und legte die Hände auf die Nackenpolster.

      »Liebling«, knirschte Jennifer halblaut zwischen den Zähnen, »ich hoffe, wir machen nicht gerade einen Riesenfehler!«

      Gebannt starrte ich zur Bugscheibe hinaus. Der Lichtblitz, in dem die erste Sonde zerschellt war, verrieselte langsam. Er hatte das wirbelnde Chaos im Inneren der Materiewolke erhellt. Hunderte von Körpern, die umeinander und um gemeinsame Schwerezentren kreisten und die für eine Nanosekunde harte Schlagschatten aufeinander warfen. Jetzt fiel das komplexe System wieder in das Halbdunkel der Jupiterregion zurück. Die Sonde hatte unsere Peilung aufgenommen, das konnte ich körperlich spüren. War sie bewaffnet? Konnte sie sich zur Wehr setzen? Hatte sie am Ende einen Annihilationsdetonator an Bord, der die ganze Zone zu Nichts verschlucken konnte?!

      Ich wusste, jede Fiber meines bebenden Körpers wusste, dass ich handeln musste. Dennoch wollte ich abwarten. Ich hatte das Gefühl, dass ich aus der Reaktion dieses feindlichen Automaten Wesentliches ablesen, womöglich sogar lernen können würde.

      »Sie scannt uns«, stellte Jennifer lapidar fest. »Gammaband, Pikometerauflösung.«

      Unwillkürlich wich ich einen halben Schritt zurück, als könne mich das vor den unsichtbaren Kraftfeldern schützen, die sich gerade durch unser gesamtes Schiff tasteten.

      »Sie dringt doch hoffentlich nicht durch!«, rief ich. »Deflektorschilde hochfahren, Außenhaut polarisieren, Abschirmung 120 Prozent!«

      Aber noch ehe ich die Meldungen abwarten konnte, überschlugen sich die Ereignisse. Im Zentrum der wirbelnden Partikelwolke wurde ein hellblauer Blitz sichtbar, das untrügliche Zeichen, dass ein starkes Ionentriebwerk gezündet worden war. Die Sonde kam auf uns zugeschossen. Es war ein zauberhafter Anblick, wie das Geschoss in Sekundenbruchteilen auf Höchstgeschwindigkeit beschleunigte und sich, wie an unsichtbaren Fäden gezogen, seinen Weg durch das Chaos der herumtrudelnden Trümmer bahnte. Es schien sich in geheimnisvollen magnetischen Gleisen zu bewegen. Nach allen Richtungen ausweichend, tanzte es sich förmlich ins Freie. In Augenblicken hatte es die für uns unbetretbare Zone des ehemaligen Planetensystems durchquert und hinter sich gelassen. Es kam auf uns zugeschossen. Schon konnten wir Einzelheiten seiner Konstruktion mit bloßen Augen ausmachen.

      »Frank!«, schrie Jennifer.

      Ihre Hand zitterte einen Zentimeter über dem Auslöser. Die anderen Mitglieder der Crew hatten ebenfalls aufgeschrien und sich unwillkürlich in ihre Sessel gekrallt, als die Sonde wie ein stählerner Blitz auf uns losging – und wenige hundert Meter vor der Schnauze der ENTHYMESIS wieder zum Stehen kam.

      »Warte«, sagte ich langsam.

      Ich ließ die Automatik das Licht auf der Brücke löschen. Dann trat ich unmittelbar an die Bugscheibe heran. Aus dem Augenwinkel sah ich auf dem Monitor, wie Andresen seinen Geschützturm herumschwenkte. Wollte er mir das Ding vor der Nase wegschießen? Aber so weit würde ich es nicht kommen lassen.

      Die sinesische Warpraumsonde hing keine Schiffslänge vor uns im Raum. Es war ein zwanzig Meter hoher, rauchgrauer Zylinder. Am Heck köchelte der Rückstoß des Ionentriebwerks blauweißen Dunst ins Vakuum. Die uns zugewandte Vorderseite wurde von zwei großen Halbkugeln bestimmt, die rechts und links an der konisch zulaufenden Spitze saßen. Sie beherbergten die Instrumente. Die KI-Einheit, die ich zu gerne für eine Millisekunde durchleuchtet hätte, aber ihre Abschirmung widerstand sämtlichen Anstrengungen unserer Scanner. Das Deepfield, das jede Bewegung und jeden Funkspruch im Sonnensystem registrierte und aufzeichnete. Der Quantenspeicher, der einige Tausend Exobyte fasste und in dem in diesem Augenblick sämtliche Informationen unseres Truppenaufmarsches niedergelegt waren. Jede Schiffskennung, jede Munitionsliste, jede Biographie jedes einzelnen Soldaten, die Positionsdaten jeder Batterie im Erdring, jeder Marsbase und jeder Werft diesseits der Asteroiden. Vielleicht auch eine Sprengladung zur Selbstzerstörung – oder eine Annihilationsgranate, die in dieser Sekunde scharf gemacht wurde. Die beiden opaken Halbkugeln erinnerten an die Facettenaugen eines großen todbringenden Insekts. Und genau so, wie eine auf der Stelle schwebende Wespe, hielt die Sonde ihre Position so dicht vor unserer Schnauze, dass wir sie mit einer Handfeuerwaffe hätten treffen können. Sie schien mich zu fixieren, nicht nur unser Schiff, die ENTHYMESIS, sondern mich persönlich, General Frank Norton, den Oberbefehlshaber der größten interstellaren Streitmacht, die die Unierte Menschheit jemals ausgesandt hatte. Und ich erwiderte diese Fixierung. Es war nur ein Automat, aber er starrte mich neugierig, abwartend, drohend und herablassend an. Unsere Blicke krallten sich ineinander, sie verzahnten sich wie Stahl, der sich bei einer tödlichen Kollision kreischend ineinanderfrißt. Es war ein Kräftemessen, und diese Begegnung entwickelte einen fürchterlichen Sog, dem ich mich nicht mehr zu entziehen vermochte. Jennifers spitzer Schrei erlöste mich daraus.

      »Sie fährt den Warpgenerator hoch!«

      »Feuer«, stöhnte ich.

      Es war, als ließe eine riesige Pranke mich los – und als spüre ich erst jetzt, mit welcher Gewalt sie mich gepackt gehabt hatte.

      Jennifer knallte die flache Hand auf die Konsole. Die Omega-Geschütze in den vorderen Torpedoschächten gaben zwei gedeckte Salven ab. Die Sonde zersprang in einem leuchtenden Rauchwolke, die gemächlich in der Schwerelosigkeit auseinanderrollte. Eine blaue Entladung prickelte über die Außenhaut der ENTHYMESIS, als die starken Scan- und Störfelder, die die Sonde auf uns geschaltet hatte, erloschen. Einige größere Bruchstücke verloren sich im Raum. Ich glaubte die KI-Einheit zu erkennen, einen kopfgroßen Kasten, der mit Sandwich-Platinen vollgestopft war und aus dem verschmorte Kabel heraushingen. Er schoss wenige Meter über uns hinweg und verschwand dann für immer in der Dunkelheit.

      Kapitel 2. Die Verlassenen

      »Sei bloß vorsichtig! Wenn sie uns entdecken, ist alles aus.« Jill drückte sich in eine Nische, die sich im zerborstenen Quarzbeton gebildet hatte. Ihr Atem ging stoßweise. Im schiefrigen Licht, das den Stollen erfüllte wie stehendes Wasser, war die zitternde Fahne kondensierender Luft das einzige was von ihr zu sehen war.

      »Ich pass’ schon auf«, gab Taylor mit gutmütigem Brummen zurück.

      Er stützte die Brust an den Wall aus zerbröselndem Zement und schob sich millimeterweise über die Kante. Dabei vergewisserte er sich, dass die Polarisierung der Objektive auf einhundert Prozent geschaltet war. Dann setzte er das Scheren-HoloSkop an und spähte in die rußige Nacht. »Irgendwas geht vor«, flüsterte er. »Der ganze Horizont scheint zu kochen.«

      Lamberts blauer Anzug war ganz in die Kuhle der zertrümmerten Bewehrung eingeschmolzen. Die enganliegende Haube verdeckte ihr Haar. Ihre Hände und Füße steckten in schwarzen Schuhen und Handschuhen aus sensoriellem Tloxi-Leder. Ängstlich beobachtete sie, wie Taylor über die Kante aus zerschossenem Obsidianquarz und die herausstehenden Stahlstifte lugte. Sie war nur ein hechelnder, von Angst durchtobter Brustkorb, der sich im tiefen Schatten der schmalen Nische hob und senkte.

      »Was

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