Die Welt der Illusionisten. Eberhard Saage
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Aber zusammen mit Berkel Zorbas sollte auch der deutsche Messias auferstehen.
Lange Zeit hatte Adam zwar verstanden, dass Zorbas stets von seinen Leibärzten begleitet wurde, aber nicht geahnt, warum zu deren Tross auch zwei junge, offensichtlich völlig beschäftigungslose Männer gehörten, die alle paar Wochen ausgewechselt wurden. Die kamen von San Borondon, nur so viel erfuhr er, der rätselhaften Insel im Atlantik, auf der es noch flugsaurierähnliche Vögel gab.
Erst vor der zweiten Klimakonferenz hatten die abestanischen Ärzte auch ihn gründlich untersucht, und seitdem gehörten, wenn er Zorbas begleitete, zu dessen Tross nicht mehr zwei junge Männer, sondern vier.
Die Ärzte hatten sich jahrelang auf einen Notfall vorbereitet und arbeiteten jetzt präzise und schnell. Mit ihren transportablen Herz-Lungenmaschinen stabilisierten sie die Lebensfunktionen. Detaillierte Untersuchungen zeigten sofort, dass beide Herzen und Lungen nicht mehr zu retten waren. Also entnahmen sie zwei jugendlichen Donatoren diese Organe und transplantierten sie.
Die weltweiten Veranstaltungen der Liebe und des Zorns waren längst beendet, da flimmerten auf den Bildschirmen neue Bilder: Berkel Zorbas und Joseph Adam lebten!
REIFUNG
Über Joseph Adams großen Triumph bei der Parteigründung berichteten seriöse Zeitungen sehr sachlich. Auf deren Seiten wurden Bilder von ihm am Rednerpult, nach der Wahl zum Parteivorsitzenden, bei der er über 90 Prozent Ja-Stimmen erhalten hatte, oder auf den Schultern seiner Anhänger, die ihn begeistert durch den Saal trugen, gedruckt. Die Boulevardzeitungen zeigten dagegen Bilder von Magda, wie auch sie ihm gebannt zuhört, wie sie die Bühne betritt, und wie sie ihn umarmt.
»Geheimnisvolle Schöne an Adams Seite«, titelte das Zentrale Kampfblatt der Mächtigen, das sich auch Zeitung nannte.
Andere schrieben: »Strahlende Schönheit« – »Das schönste Lächeln der deutschen Politik« oder »Sympathieträgerin.«
»Das passt mir überhaupt nicht«, meinte Magda, aber sie lächelte dabei.
Joseph führte sie vor einen großen Spiegel: »Überzeuge dich doch selbst. Du weißt ja, dass sie recht haben.«
Und die der Spiegel zeigte, war nicht mehr die Dorfschwalbe aus dem Harzvorland, sondern tatsächlich eine strahlende Schönheit. Nach der Entbindung war sie wieder rang und schlank wie eh und je geworden. Sogar ihre Brüste, die Lena zwei Jahre lang gestillt hatten, wirkten mädchenhaft und straff. Um das wieder zu erreichen, hatte sie als Wundermittel kaltes Wasser voller Eiswürfel angewandt.
Ihr langes, dunkelblondes, nur in den Spitzen gelocktes Haar umrahmte ein ebenmäßiges Gesicht mit hoher Stirn und großen blauen Augen, die oft eine kindliche Neugierde ausdrückten, und mit einer Nase im griechischen Profil. Auch das rechte Ohr, hinter das sie die Haare legte, das Kinn und die faltenlosen Wangen waren wohlgeformt. Jedes Detail entsprach dem zeitgemäßen Schönheitsideal, das ja auch kalt wirken könnte, aber bei ihr erzeugte etwas ganz Besonderes, Einmaliges bei jedem einen unvergesslichen Eindruck – ihr strahlendes, ungeheuer sympathisches Lächeln. Damit nahm sie jeden sofort für sich ein.
Nein, nicht jeden, wie sich schnell zeigen sollte, nicht die Reporter des Kampfblattes.
Joseph beeindruckten deren Meldungen zuerst nicht.
»Damit werden wir jetzt leben müssen«, meinte er locker.
»Naivling«, schimpfte seine Tante Sarah, »du hast zwar in den letzten Jahren viel gelernt, bist aber manchmal noch total unreif.«
»Warum denn schon wieder?«
»Wach auf! Wenn der Feind dich lobt, müssen in dir alle Alarmglocken läuten. Jetzt berichten die schon tagelang über Magda. Die bereiten doch etwas vor. Das spüre ich.«
»Sollen sie doch.« Ihr Neffe lächelte herablassend.
Aber dieses Lächeln verging ihm, als er am nächsten Tag die neueste Ausgabe in den Händen hielt. Ein groß aufgemachtes Foto zeigte Magda inmitten ihrer österreichischen Freunde, und darauf war sie unübersehbar hochschwanger. Und am nächsten Tag zeigte ein Foto Magda im knappen Bikini am Strandbad Wannsee, und ein fettgedruckter Pfeil deutete auf einen vergrößerten Ausschnitt ihres Bauches, und der trug die typischen Schwangerschaftsstreifen. Die balkendicke Überschrift lautete: »Wo ist Adams Kind?«
Am dritten Tag erschien ein Bild von Joseph Adam mit einer verzerrten, abstoßend wirkenden Grimasse, die man aus der Aufzeichnung einer seiner Reden herausgefiltert hatte, und darunter stand die Frage: »Ist Adam ein Kindesmörder?«
Bis zu dieser Frage hatten auch Josephs Parteifreunde verächtlich geschwiegen, aber jetzt klingelte das Telefon in seinem Büro fast ununterbrochen. Sein Kollege Haberecht drückte klar aus, was auch andere dachten: »Jetzt geht es nicht mehr um dich oder um Magda, jetzt geht es um die Partei. Bring das ins Reine. Sofort, unverzüglich!«
Auch bei Tante Sarah klingelte das Telefon. Der Fürst Golewani meldete sich aus Österreich: »So geht das nicht weiter! Wir müssen diese Lawine aufhalten, bevor sie bis zu meiner Familie rollt.«
»Das sehe ich auch so. Aber das Beste wäre, wenn du dich darum kümmern würdest. Du hast doch einen guten Draht zu euren Medien.«
Ohne langes Gerede stimmten sie alles Notwendige ab.
Wenig später brachte auch eine Wiener Boulevardzeitung ein Foto von Magda. Daneben wurde der Grabstein ihres Kindes auf einem Wiener Friedhof gezeigt, aber dessen genauer Standort zur Wahrung der Totenruhe verheimlicht. Der bekannte Direktor einer Privatklinik bedauerte zutiefst, dass Magdas Kind nur so kurz gelebt hätte und wegen einer Fehlbildung am Herzen bald nach der Geburt verstorben wäre. Nach seiner Meinung über die deutschen Boulevardzeitungen gefragt, meinte er nur: »Dazu muss ich nichts sagen, die kommentieren sich selbst.«
Die deutschen Zeitungen brachten darüber nur eine Kurzmeldung und fanden sofort eine neue Sensation – ein Mitglied der englischen Königsfamilie war fremdgegangen. Dieses unfassbare Ereignis bestimmte nun tagelang die Schlagzeilen.
»Willst du klagen oder forderst du eine Gegendarstellung?«, fragte Magda ihren Freund.
»Darüber habe ich nur kurz nachgedacht«, antwortete er, »aber was sollte das bringen? Das würde denen doch nur die Möglichkeit geben, alles noch einmal hochzukochen. Also Schwamm drüber.«
»Recht so«, bestätigte seine Tante, »du bist lernfähig.«
»Okay, das ist auch in meinem Interesse«, meinte Magda und äußerte trotzdem ihre Bedenken, »ein Fleck wird an uns bleiben und damit auch an deiner Partei. Nach der vorletzten Umfrage wart ihr schon an der Fünf-Prozent-Hürde, aber jetzt seid ihr auf 3 % zurückgefallen.«
»Ja, das stimmt, aber diesen Fleck kann ich mit etwas anderem wegwischen.«
»Womit denn?«, fragte Sarah, »sei dir