Die Welt der Illusionisten. Eberhard Saage
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Читать онлайн книгу Die Welt der Illusionisten - Eberhard Saage страница 3
»Warte es ab!« Joseph lachte selbstbewusst.
»Gefällt mir.« Magda stand im Zimmer ihrer Kommilitonin Bärbel vor der Kopie eines alten Gemäldes, die diese neu erworben hatte.
›Judith mit dem Haupt des Holofernes von Lucas Cranach‹, stand darunter. Diese Judith trug ein dunkelrotes Kleid, das an der Hüfte mit weißen Bändern festgeschnürt war, und am Hals eine breite, wuchtige Kette. In der rechten Hand hielt sie ein überlanges, breites Schwert, in der linken den abgeschlagenen, noch blutenden Kopf eines bärtigen Mannes mit weit geöffnetem Mund.
»Holofernes?«, fragte Magda.
»Keine Bildungslücke. Über diese biblische Gestalt musste ich mich auch erst schlau machen. Als assyrischer Feldherr belagerte er eine jüdische Stadt. Judith kam nur wegen ihrer großen Schönheit bis zu ihm durch. Er hoffte auf eine Liebesnacht und entließ seine Diener. Aber sie machte ihn betrunken, enthauptete ihn und rettete so ihre Stadt.« Sie blickte Magda an und lächelte spöttisch.
»Woran denkst du?«
»Die Schöne und der Feldherr bzw. der Politiker, vieles wiederholt sich.«
»Ja, manchmal könnte ich ihn auch erschlagen.«
»Hälst du es denn aus, wenn er höher und höher steigt?«
»Muss ich ja, uns verbindet viel.«
»Es gibt auch andere Männer. Nach dir drehen sich doch alle um. Du könntest an jedem Finger zehn haben.«
»Ach«, Magda winkte ab, »wir kennen uns schon seit wir 15 waren.«
Um das Thema zu wechseln, deutet sie auf das Bild. »Das Original würde ich gerne mal sehen.«
»Kannst du, es soll im Jagdschloss Grunewald hängen. Ich bin auch neugierig darauf.«
»Wollen wir gleich hinfahren? Wir haben heute doch Zeit.«
»Nein«, wehrte Bärbel überrascht ab, »heute auf keinen Fall.«
Magda blickte verwundert. Sie konnte ja nicht ahnen, dass ihre Kommilitonin noch etwas vorbereiten musste.
Erst Tage später fuhren sie zu dem Schloss, das an einem See tief im Wald lag, weit abseits von dem Westberliner Großstadtgetümmel. Alle Gebäude waren blendendweiß gestrichen und besaßen rote Wabendächer. Das Hauptgebäude wirkte mit seiner geringen Breite und nur 3 Stockwerken nicht besonders repräsentativ. Es hatte dem Kaiser ja auch nur für gelegentliche Jagden gedient, zum letzten Mal schon viele Jahre vor dem 1. Weltkrieg, wie eine Angestellte erläuterte.
»Judith mit dem Haupt des Holofernes?«, fragte sie dann, »das tut mir aber leid. Dieses Gemälde ist jetzt im Schloss Charlottenburg.«
»Schade.« Magda war enttäuscht.
Ihre Kommilitonin wirkte jedoch nicht so und blickte auf ihre Uhr: »In der Nähe ist ein idyllisches Restaurant. Wollen wir dort einen Happ essen, wenn wir schon mal hier sind?«
Im Seerestaurant war am frühen Nachmittag noch kein Gast und draußen nur ein Tisch gedeckt. Der stand etwas abseits geschützt von Fliederbüschen, deren Blütenduft Magda tief in sich einsog. Auf einer schneeweißen Decke standen nur zwei Gedecke, dazu ein festlicher Leuchter und eine hohe schmale Vase ohne Blumen.
»Für wen wird das sein? Lass uns doch mal gucken.«
»Na hör mal«, empörte sich Magda, »seit wann bist du so neugierig? Ich erkenne dich gar nicht wieder.«
»Komm schon.« Bärbel fasste sie an der rechten Hand und zog sie einfach mit.
Als sie den Tisch erreicht hatten, trat Joseph hinter den Fliederbüschen hervor. Er trug dieses Mal nicht eine seiner Kombinationen, sondern einen dunkelblauen Anzug mit weißem Hemd und dunkelroter Krawatte. In einer Hand hielt er eine langstielige rote Rose.
»Liebe Magda, wir kennen uns schon ewig. Wir haben zusammen viel durchgemacht und unbeschadet überstanden. Du bist nicht nur eine wunderschöne Frau geworden, sondern auch eine tolle Kameradin, mit der ich durchs Leben gehen möchte. Willst du mich heiraten?«
Magda blieb vor Überraschung kurz der Mund offen stehen. Dazu hätte gepasst, dass sie nun glücklich ihr Ja hauchte. Aber sie lachte spöttisch: »Willst du damit in die Medien kommen und den Fleck wegwischen oder geht es auch ein bisschen um mich?«
»Na hör mal, nur um dich.«
Sie blickte ihn prüfend an: »Ich kenne dich, du willst zwei Fliegen mit einer Klappe schlagen.«
Sein Lächeln erlosch.
»Na gut«, sagte sie schnell und schmiegte sich an ihn, »versuchen wir es miteinander.«
Bärbel wandte sich ab: »Meine Aufgabe ist ja erledigt.«
Viele prominente Schäfchen hatten die katholischen Priester in Westberlin nicht. Die Partei »Die Anderen« zu wählen, würden sie von ihren Kanzeln zwar nicht empfehlen, aber dass sich deren Chef bei ihnen trauen lassen wollte, erregte sogar das Interesse ihres Bischofs.
Joseph wählte alles in Weiß, eine weiße Kutsche, makellose Schimmel davor gespannt, obwohl der Kutscher lieber Rappen genommen hätte, Magda im schneeweißen, Unschuld bezeugenden Brautkleid, er im leuchtend weißen Hemd, die Blumenmädchen in weißen Kleidchen.
Die Kameramänner hatten Mühe, den Zuschauern kontrastreiche Bilder zu liefern und mussten sich mit Magdas dunkelrotem Rosenstrauß und Josephs dunkelblauem Anzug begnügen.
Auch der Bischof erschien auf den Bildschirmen, er hatte also richtig kalkuliert. Und doch musste er sich über Joseph und über dessen Priester ärgern, denn der hatte den Bräutigam nicht auf den Vermählungsspruch vorbereitet.
»Vor Gottes Angesicht nehme ich dich an als meine Frau«, sagte er ihm vor, aber Joseph reagierte darauf nicht. Erst an den bohrenden Blicken des Bischofs erkannte er, dass irgendetwas von ihm erwartet wurde.
»Vor Gottes Angesicht nehme ich dich an als meine Frau«, wiederholte der Bischof.
»Vor Gottes Angesicht nehme ich dich an als meine Frau«, echote Joseph nun brav.
»Ich verspreche dir Treue.«
»Ich verspreche dir Treue.«
Und gemeinsam kamen sie bis zum Ende des Spruches gut durch.
Tränenreich umarmten die Mütter ihre Kinderchen, und sogar Magdas Vater brachte es über sich, diesen Kerl, der einmal seine Tochter einem schwer bewaffneten Sonderkommando ausgesetzt hatte, an sich zu drücken.
Nur Jesus am Kreuz blieb angesichts der prunkvollen Zeremonie stumm und unbeweglich, auch als der Bischof zu ihm aufblickte und murmelte: »Ja, schon gut, ich weiß ja, dass du nur mit italienischen Priestern sprichst.«
Aber plötzlich wirkte Jesus’ Gesicht heiter. Das konnte ja nur eine Täuschung gewesen sein, vielleicht hatte sie ein in die Kirche fallender Sonnenstrahl verursacht.
Irritiert