Die Welt der Illusionisten. Eberhard Saage

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Die Welt der Illusionisten - Eberhard Saage

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Sie, mein Name ist Neumann. Ich vertrete hier den Arbeitgeberverbund«, sagte sein Nachbar zur Linken und reichte ihm die Hand, »angenehm.«

      »Ganz meinerseits.«

      »Wenn ich, ohne mit der Tür ins Haus fallen zu wollen, meine Erwartungen direkt äußern darf, ich sehe Sie bereits im nächsten Bundestag sitzen.«

      »Vermuten Sie das, weil ich meinen Wohnsitz von Westberlin nach Frankfurt verlegt habe?«

      »Auch deshalb. Dieses Signal hat jeder Insider verstanden. Zumindest alle, die wissen, dass Westberliner nicht in den Bundestag gewählt werden können.«

      »Genau aus diesem Grund bin ich umgezogen.«

      »Sie werden aber für die Landesgruppe Niedersachsen kandidieren?«

      »Nein, für Hessen.«

      »Auf Platz 1?«

      »Ja.«

      »Dann wünsche ich Ihnen viel Erfolg. Nach der Wahl werden wir uns ja in Bonn gelegentlich begegnen.«

      »Gehören Sie zu den Lobbyisten?«

      »Ehrlich gesagt, ich mag dieses Wort nicht. Es hat so einen negativen Touch bekommen. Wir sehen uns eher als Berater. Beratung schadet niemandem, auch keinem Politiker.«

      »Auch uns nicht, meinen Sie? Aber können Sie darauf hoffen? In den Medien werden wir doch als beratungsresistente, bornierte Ideologen bezeichnet.«

      »In denen vielleicht, aber wir bemühen uns um ein detaillierteres Bild. Und wir wissen, dass auch in Ihrer Partei die Einen so und die anderen so sind.«

      Ihr Gespräch wurde unterbrochen, denn die Kellner servierten den ersten Gang des leckeren Menüs mit ausgewählten Weinen. Magda hielt sich lieber an den köstlichen, prickelnden Champagner. Ein junger Kellner, der sie ungeniert anhimmelte, schenkte ihr immer wieder nach.

      »Ein schöner Tag«, sagte sie beschwipst so laut, dass es Neuman hörte.

      »Ein interessanter«, meinte Joseph.

      »Wirst du solche Einladungen jetzt öfter annehmen?«

      »Wenn du willst, warum nicht?«

      »Ich will.«

      Neumann berichtete seinem Verbandschef brühwarm jedes Detail dieses Zusammentreffens.

      »Dann könnten wir also auch bei seiner Frau ansetzen«, antwortete der.

      »Mein Respekt, wie immer haben Sie sofort des Pudels Kern erfasst.«

      Neumann überreichte einen Kurzbericht. »Das ist ihre Vita.«

      »Na, lassen Sie mal sehen. Sie ist also mit ihrem Studium fertig und sucht in Frankfurt noch eine Arbeit. Sie will nicht nur die Politikergattin spielen. Sehr löblich. Und sie vermisst dort schon ihren Berliner Freundinnenkreis, muss sich in Frankfurt erst einen aufbauen. Okay. Und Sie meinten, dass ihr die erste Feier in der VIP-Lounge gefallen hätte?«

      »Offensichtlich sehr.«

      »Okay, dann haben wir ja einige Ansatzpunkte. Fangen wir bei ihrem Arbeitsplatz an, natürlich mit der gebotenen Vorsicht. Keiner aus Adams Partei darf erkennen, dass wir an den Stellschrauben drehen. Sie schreiben hier, dass sie BWL studiert hätte, aber auch künstlerisch interessiert wäre. Vielleicht könnten wir sie als Kulturfunktionärin etablieren und damit zwei Fliegen mit einer Klappe schlagen. Aus den vielen Unternehmergattinnen, die in Kunst und Kultur machen, ergäbe sich dann gleich ihr neuer Freundinnenkreis. Prüfen Sie mal, ob sich da etwas anbietet.«

      »Habe ich schon. Zum Beispiel sucht der Dezernent für Kultur und Wissenschaften eine Referentin. Aber ich befürchte, dass der keine Seiteneinsteigerin nehmen würde.«

      »Kein Problem. Das regele ich mit dem Bürgermeister.«

      Frankfurter Arbeitgeber trafen sich mit den Bundestagsabgeordneten des Landes und folgten der Anregung der neuen Kulturreferentin, Magda Adam, gemeinsam das Kunstmuseum zu besuchen. Im Foyer, in dem vor der offiziellen Begrüßung Fingerfood zu Sekt oder Orangensaft gereicht wurde, bildeten sich Gesprächsgruppen.

      Magda ging von einer zur anderen und kurz auch zu Joseph, der hier noch niemanden kannte und einsam und verlassen in einer Ecke stand, und fragte ihn: »Was siehst du?«

      »Was soll ich sehen?« Er überblickte das Foyer. »Verschiedene Gruppen von Wirtschaftsbossen und Politikern.«

      »Genauer.«

      Er zuckte mit den Achseln: »Ich weiß nicht, was du meinst.«

      »Sieh dort.« Sie deutete auf 5 miteinander diskutierende Gäste. »Dort reden mehrere Arbeitgeber mit einem Politiker. Dort ist es genauso. Aber dort …«, sie blickte Joseph prüfend an, »fällt jetzt der Groschen?«

      »Ach so«, er lachte auf, »dort steht der berühmte Superbanker Müller im Mittelpunkt, und mehrere Politiker scharen sich um ihn.«

      »Genau! Du weißt, was das bedeutet?«

      »Klar. Habe ich ja schon vorher gewusst.«

      »Na gut, dann komm, ich stell dich dem Banker vor.«

      Nach der Begrüßung führte der Museumschef seine Gäste sofort zu Andy Warhols Werken. Banker Müller trat nahe an das Bild »Green Disaster ten times« heran, also folgten ihm alle.

      »Aus der Nähe kann man ein einziges Bild detailliert studieren«, erläuterte der Direktor, »Sie erkennen das schwer beschädigte Autowrack, den darin eingeklemmten Körper, dessen linker Arm das Gesicht verdeckt, das Opfer also anonymisiert. Aber lassen Sie uns wenige Schritte zurücktreten. Jetzt können Sie sich nur noch mit bewusster Anstrengung auf ein einziges Bild konzentrieren. Der Gesamtaufbau, je 5 Bilder in 2 Reihen, erinnert uns an einen Filmstreifen. Wir assoziieren deshalb automatisch auf minimale Veränderungen von Bild zu Bild. Aber die gibt es nur im Kontrast, es ist immer das gleiche Bild. Die brutale Situation wirkt aussichtslos für das Opfer.«

      »Wollte Warhol damit die Lust am Grauen befriedigen?«, fragte Joseph Adam.

      »Er hatte plötzlich erkannt, dass grausame Bilder für uns alltäglich geworden sind und deshalb im Grunde keine Wirkung mehr erzielen. Deshalb begann er seine Serie zu Katastrophen, zu der dieses Bild gehört.«

      »Ein weites Feld«, meinte der Banker.

      »Sie sagen es. Aber ich denke …«

      Während der Direktor weiter über die Gründe dieser Schaffensperiode mutmaßte, zerfiel der zuvor geschlossene Zuhörerkreis wieder in Gruppen, und bei den nächsten Bildern gab er nur noch kurze Erläuterungen.

      Auch Joseph fand jetzt einen Gesprächspartner. Neumann, der Verbandsreferent, dessen Erwartungen, dass Joseph Adam in den Bundestag einziehen würde, sich erfüllt hatten, war verspätet eingetroffen.

      »So einsam?«, fragte er lächelnd und gab sich selbst die Antwort, »die hiesigen Topmanager wissen mit einem Bundestagsabgeordneten Ihrer Partei noch nichts anzufangen, obwohl Sie ja im Wirtschaftsausschuss tätig sind«

      »Blieb

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