Die Welt der Illusionisten. Eberhard Saage
Чтение книги онлайн.
Читать онлайн книгу Die Welt der Illusionisten - Eberhard Saage страница 4
Abends, als der Fotograf bereits die fertigen Fotos brachte, bemerkte sie nur Magda darauf und flüsterte Joseph etwas ins Ohr.
»Nicht möglich«, antwortete er, »und wenn schon! Nun werde ich sie bestimmt nicht wiedersehen.«
»Wenn du dich da mal nicht täuschst.«
Nach dieser Hochzeit schrieben die Reporter wieder über das schönste Gesicht der deutschen Politik, und vielleicht erinnerten sie sich sogar selbst nicht mehr an ihre kritischen Berichte über Joseph und Magda. Und worüber sie nicht berichteten, das interessierte auch die Wähler nicht. Bei der nächsten Umfrage überwand Josephs Partei erstmals die Fünf-Prozent-Hürde.
Der innere Zirkel des Arbeitgeberbundes traf sich nicht in einem Sylter Gourmetrestaurant, sondern in der strandnahen Villa eines Mitgliedes. Aber auch dort musste keiner darben. Als die Gäste eintrafen, hantierte in der Küche bereits ein bekannter 2-Sternekoch mit seinen Helferinnen, und die in Goldfarben gedruckte Karte versprach ein exklusives Menü über 14 Gänge mit den dazu passenden edlen Weinen. Der Champagner zur Begrüßung und die Kanapees mit Kaviar, Entenbrust oder Edelfischen wurden auf der Terrasse gereicht. Hier und verteilt auf den gepflegten Rasenflächen standen einzelne Tischchen, an denen sich kleine Gesprächsgruppen bildeten.
Zum geeisten Süppchen und zur Sushi Variation wurde bereits in den Wintergarten gebeten, von dem man ebenfalls einen weiten Blick über das Meer hatte, das an diesem Tage fast spiegelglatt war, und von dem nur ein zartes Lüftchen herüberwehte.
»Das stimmt mich hoffnungsvoll«, meinte ironisch Herr von Söben, der Vorstandschef eines Energiekonzerns, »dann dürfte uns daraus kein ernsthafter Konkurrent erwachsen.«
»Solche Tage sind hier eher selten«, widersprach der Gastgeber, »meist weht ein starker Wind.«
Er blickte in seine Gesprächsagenda: »Womit wir schon beim ersten Punkt wären – unser Verhältnis zu diesem Joseph Adam und seiner neuen Partei. Seine Vita habe ich zusammenstellen lassen. Ich nehme an, dass sie jeder gelesen hat.«
Alle nickten zustimmend.
»Um es kurz zu wiederholen, darin gibt es keinen Ansatzpunkt, um ihn sofort abschießen zu können. Also sollten wir es wieder mit unserer speziellen Methode versuchen, die uns sowieso meist die größten Erfolge brachte, wir sollten ihn einbinden.«
»Wie schätzen Sie in diesem wohl sehr speziellen Fall unsere Erfolgsaussichten ein?«, fragte ein Großunternehmer, »wer ›Die Anderen‹ führt, will sich ja wohl auch anders verhalten?!«
»Bitte, Herr Neumann.« Der Gastgeber forderte einen Referenten auf, dazu Stellung zu nehmen.
»Ich verweise auf einen besonderen Punkt in seiner Vita, auf seine Tumorerkrankung. Die hätte ihn sehr verändert, berichteten meine Mitarbeiter. Seitdem würde er nach Erfolg und Aufstieg gieren. Er wünsche sich, dass einmal etwas von ihm bleiben würde.«
Ein Gelächter unterbrach ihn.
»Ja, tatsächlich, das bewies ja auch sein Verhalten auf diesem Gründungsparteitag.«
»Und was schlagen Sie deshalb vor?«
»Um den ersten Kontakt zu ihm zu bekommen, brauchen wir ein Thema, das nicht einmal sein Vorstandskollege, dieser Haberecht, ablehnen könnte.«
»Also?«
»Darauf hat Herr von Söben gerade angespielt. Wir sollten ihn zur Inbetriebnahme dieser ersten großen Windkraftanlage einladen, die manchen ja schon als echte Alternative zu Atom- und Kohlekraftwerken gilt. Diese Einladung wird er annehmen, muss er annehmen.«
Der Gastgeber blickte in die Runde: »Einverstanden?«
Keiner widersprach.
»Gut, dann machen wir das so.«
Er gab dem Koch, der schon ungeduldig wartete, ein Handzeichen. »Damit kommen wir zur Gänseleber mit Gewürzaprikosen. Dazu wird ein vorzüglicher, 50 Jahre alter Dessertwein gereicht.«
Joseph Adam wartete in seinem Auto neben der weit einsehbaren Straße, bis die Begleitfahrzeuge der Polizei ihm die Ankunft des Ministerpräsidenten ankündigten. Deshalb erschien er fast gleichzeitig mit dem zur Inbetriebnahme der Windkraftanlage und wurde von ihm vor allen Augen per Handschlag begrüßt.
Während der Ansprache des Ministerpräsidenten stand er in der ersten Reihe, und als der den roten Knopf gedrückt hatte und sich das riesige Windrad in Bewegung setzte, hielt ihm ein Reporter sein Mikrofon unter die Nase.
»Ein historischer Tag«, sagte Joseph, »da stimme ich dem Redner zu, hier und heute beginnt die energiepolitische Zukunft.«
»Aber, gestatten Sie einen Widerspruch, Herr Adam, die Kosten für den Windstrom sind doch riesig, der ist doch absolut nicht wettbewerbsfähig. Diese Anlage wird dem Steuerzahler auf der Tasche liegen.«
»Noch«, meinte Joseph zuversichtlich, »noch! Es ist ja auch eine Versuchsanlage. Wir werden mit ihr viel lernen und es später besser machen.«
»Glauben Sie, dass diese Technologie eine Zukunft hat?«
»Ja, davon bin ich fest überzeugt, denn wir brauchen Alternativen zu den herkömmlichen Kraftwerken. Dass wir gegen die Atomkraftwerke sind, brauche ich Ihnen ja nicht zu erklären. Aber auch die Verbrennung fossiler Energieträger können wir uns nicht ewig leisten. Der Anstieg des Kohlendioxidgehaltes in der Atmosphäre wird bedrohlich.«
Diesen Satz hätte Joseph selbst vor wenigen Monaten noch nicht ausgesprochen, aber eine kleine Zeitungsnotiz hatte seine Meinung verändert.
Magda hielt ihm die Zeitung hin und fragte: »Hast du das gelesen?«
»Was?«
»Das von den Außerirdischen.«
»Nein.«
»Hier steht«, sie lachte unsicher, »in Mexiko hätten Außerirdische einen Wissenschaftler entführt und ihn vor einem dramatischen Klimawandel gewarnt. Die Menschheit würde mit den Emissionen ihren eigenen Untergang herbeiführen.«
»Aha.«
Sie blickte auf: »Das interessiert dich wohl nicht besonders?«
»Nein, viele Reporter schreiben viel, wenn der Tag lang ist. Und jeder Tag hat 24 Stunden.«
»Sollte dich aber interessieren. Hier wird auf diverse Literaturstellen verwiesen. Lies die doch mal, für deine Partei könnte das ein wichtiges Thema werden.«
»Mache ich.«
Auch der Reporter hatte davon noch nichts gehört.
»Bedrohlich?«, fragte er verwundert, »aber Herr Adam, darüber könnten doch nur Spinner reden.«
»Spinner? Nein, ich denke, dass das Vordenker sind.«
Im Festzelt für Prominente saßen Joseph und Magda noch nicht am Tisch des Ministerpräsidenten, aber unmittelbar daneben mit Ehrengästen aus der Wirtschaft.