Das Kartell der Skorpione. Mario Monteiro

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Das Kartell der Skorpione - Mario Monteiro

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      Auch auf dem peinlich geordneten Arbeitstisch lag heute nicht das Geringste, was für César Barrios, einen ehemals gerissenen Polizeibeamten, interessant genug gewesen wäre, um unverzüglich registriert zu werden.

      Lediglich der verschnörkelte Brief, dessen Absender er zu gerne erfahren hätte, wäre Grund genug gewesen, seine späherischen Instinkte wachzurufen. Doch seinen Blick allzu auffällig über den auf Hochglanz polierten Tisch schweifen zu lassen und das im ungeeignetsten Moment, wäre mehr als nur leichtsinnig gewesen.

      »Setzen Sie sich, Barrios! Setzen Sie sich!« Es klang monoton, wie elektronisch aufgenommen und jeweils abgespielt. Dabei sah der Mann hinter dem Schreibtisch keinesfalls auf. Vielmehr schien er immer noch damit beschäftigt zu sein, jene geheimnisvolle Nachricht, und darum handelte es sich zweifellos, mit einer Reihe roter Randnotizen vollzukritzeln.

      »Danke, Senhor Cariaga.«

      Also hinsetzen und warten. Barrios kam nicht umhin, an die erbärmliche Kammer zu denken, in der ihn sein Stiefvater täglich schlug, während er selbst auf dem Stuhl regungslos zu verharren hatte. Keinen Mucks durfte er sich erlauben, wenn es nicht noch schlimmer kommen sollte. Als er dann erwachsen war, kam die Zeit, in der er selbst zuschlug. Und zwar hemmungslos. Das hatten sie ihm während der regelmäßigen Lehrgänge auf dem Seminar beigebracht.

      »Leutnant Barrios«, hieß es meistens, »erklären Sie das den Kameraden!«

      Ohne eine einzige Sekunde zu verlieren, war er jedes Mal aufgespritzt, stellte sich in Position und schoss los. Bald war er das Paradebeispiel eines guten Polizisten.

      Viel zu gut für die Beamtenlaufbahn, wie einige Dienstkollegen lästerten. Eines Tages war es dann so weit. Unter Beifall der gesamten Presse gelang es ihm endlich, Cariaga zu verhaften. Von da an änderte sich sein Leben. Denn sein prominentester Gefangene saß nur knappe vier Stunden in Untersuchungshaft und noch vor Sonnenuntergang waren seine Anwälte mit einem tadellosen ›habeus corpus‹ erschienen und unter den Augen perplexer Staatsbediensteter hatte Cariaga den jungen Barrios gleich mitgenommen. Aus war es mit der Karriere bei der Polizei.

      »Danke«, sagte Barrios ein zweites Mal. Es durfte nicht unhöflich klingen. Nur eben knapp, so wie es bei Cariaga schon immer üblich war. César Barrios quälte sich in den Armstuhl, dessen Hersteller vermutlich nur an Körpermaße durchschnittlicher Mitmenschen gedacht hatte. In der wenig komfortablen Lage blieb Barrios nichts anderes übrig, als Bügelfalten und Schuhspitzen zu überprüfen und dabei unauffällig die rosafarbene Wand auf mögliche Neuanschaffungen zu überprüfen. Doch außer dem goldgerahmten Foto einer brünetten Dame, die zum Zeitpunkt der Aufnahme in ihren besten Jahren gewesen sein musste, bevor sie Cariaga zum Frühwitwer gemacht hatte, war nichts zu sehen. Was die übrige Ausstattung der näheren Umgebung betraf, so war sie von spartanischer Einfachheit und passte nicht recht zu der nahezu festsaalartigen Ausdehnung des Raumes und auch nicht im Hinblick auf die vielen Millionen, die der alte Mann für das Kartell zusammenscheffelte.

      Dennoch war Cariaga alles verhasst, was den leisesten Verdacht auf Luxus oder gar Prunksucht hätte aufkommen lassen. Nichts als ein weit ausladender Arbeitstisch, dahinter ein hoher weicher Ledersessel, auf den der Boss wegen ständiger Rückenschmerzen nicht verzichten konnte, ein geräumiger Bücherschrank, gleich daneben eine massive Truhe aus tiefschwarzem Jacarandá und die Sitzecke mit Konferenztisch im Hintergrund waren geduldet worden.

      César Barrios hatte an diesem Morgen seine Rambomuskeln unter einem blendend weißen Jackett verborgen. Der Respekt einflößenden Boxerfäuste wegen hätte man den ehemaligen Polizeioffizier für alles andere halten können, nur nicht für ein gerissenes, mit allen Wassern gewaschenes Finanzgenie. Das habe Barrios nur seinem enormen Schädel zu verdanken. Ein Hirn wie ein Computer, der von einem Zimmer ins andere schleicht. Ganz so unrecht hatte Guimaraes sicher nicht.

      Nur einen Tag nach dem überraschenden und nie richtig aufgeklärten Herzinfarkt des früheren Chefbuchhalters war César Barrios zum zweiten Mann im Kartell aufgestiegen. Und seitdem plagte er sich damit ab, das kunstvoll verschlungene Netz der Organisation zusammenzuhalten, für die stets verzwickter werdenden Probleme eine von Cariaga akzeptierte Lösung zu finden und neue Kapitalanlagen ausfindig zu machen, um den rasant anwachsenden Gewinnen aus Kokain und Maconha, illegalem Glückspiel, Crack und Prostitution einen seriösen Anstrich zu geben.

      Das ausgesprochene Talent für finanzielle Kniffe, seine Aufrichtigkeit Cariaga gegenüber und alte, tief wurzelnde Verbindungen zum Polizeiapparat, die er nie hatte abreißen lassen, sicherten Barrios jenen Anteil am Erfolg des Kartells, den die beiden Männer in stillem Einvernehmen für angemessen hielten.

      »Wie läuft Ihr Institut?«, fragte Cariaga , als er endlich aufsah, um sich nach der Sportschule zu erkundigen. Barrios nickte höflich.

      Einen Grund unzufrieden zu sein, hatte er nicht. Die dritte Filiale seiner › Academia Paratí – Esporte Total ‹, war erst letzte Woche eröffnet worden.

      Muskeltraining, Capoeira, Jiu-Jitsu, Karate oder Fullcontact von frühmorgens bis spät in die Nacht stand auf dem Programm. Doch davon einmal abgesehen waren es oft geheimnisvolle Meetings und das lag an der Herkunft der Besucher. Sport sei Sport, sagte man sich in der Academia. Doch andererseits ... nicht nur die Drogenkapitäne schickten ihre harten Jungs ins Paratí, um sie zu brutalen Gorillas abrichten zu lassen. Auch Alberto Cariaga bezahlte manchen Kurs für ausgewählte Polizisten, fügsame Männer, die dem Kartell allmählich näher kamen und sich von den Sportlehrern im ›Paratí‹ jene Überlebenstechnik beibringen ließen, die ihnen der Staatsdienst nicht hatte garantieren können.

      »Die Computerauszüge bitte.«

      Barrios schob beide Bögen über den Tisch und legte die Fingerspitzen aneinander.

      »Die Boys haben den Yankee erledigt.« Mehr als eine nüchterne Bemerkung sollte es nicht sein. Dabei bemühte sich Barrios, seine harte, metallene Stimme so gut wie möglich zu dämpfen, um Cariagas Unmut nicht zu reizen. Das kurze Zucken in den Augen des Anwalts war dem erfahrenen Polizisten nicht entgangen. War er bereits zu weit gegangen?

      Nur eine Sekunde lang trafen sich die Blicke. Doch Cariaga schwieg und ließ den Brief, der ihn bis jetzt beschäftigt hatte, in die oberste Schreibtischschublade gleiten. Danach rückte er die Brille zurecht und vertiefte sich in die Reihe der Konten, um die es heute Morgen ging.

      Die Operation McGooley war jedenfalls gelaufen. Jener halsstarrige Manager war ausgeschaltet, und das Thema war tabu. Bei anderen Mitgliedern der Organisation hätte es sich der alte Mann energisch verbeten, darüber auch nur noch ein einziges Wort fallen zu lassen.

      »Da es sich nicht vermeiden ließ.« Das Gemurmel erstarb wie im schalltoten Raum, und hätte Barrios seinen Boss nicht zur Genüge gekannt, so hätte er die paar Worte lediglich für ein Selbstgespräch gehalten. War der Fall McGooley wirklich erledigt?

      Barrios machte sich keine Illusionen. Die Geschichte mit dem New Yorker hatten sie nur zu Hälfte hinter sich. Jetzt ging es darum, die letzten Spuren zu verwischen.

      »Sie sorgen mir dafür, dass alles glattgeht!«

      »Selbstverständlich, Senhor Alberto.« Barrios neigte sich leicht nach vorne. »Oberst Bonrosa wird das für uns erledigen.«

      »Steht er auf der Liste?«

      »Nein.«

      »Weshalb nicht?« Cariaga streifte die Reihe der Namen.

      »Er ist ein guter alter Freund von mir“,

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