Kalte Zukunft. Benjamin Blizz

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Kalte Zukunft - Benjamin Blizz

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gar nicht denken. Er war hier, um den Aufenthalt zu genießen und nicht, um sich über Armutszustände in der Dritten Welt den Kopf zu zerbrechen.

      Er trocknete sich ab und ging hinüber ins Schlafzimmer, das auf die Oase ausgerichtet war und eine umwerfende Aussicht auf die Seenlandschaft bot. Falls die Sonne tagsüber zu grell hereinschien, konnte man die Scheiben per Knopfdruck verdunkeln.

      Shane legte seine Wertgegenstände in den Safe und warf noch einen raschen Blick auf sein Smartphone. Er hatte versucht, Chantal zu erreichen, aber es war niemand rangegangen – sie hatte auch keine Nachricht hinterlassen.

      Es war schon eigenartig – nachdem sie ihn hintergangen hatte, hatte er erst nur Verachtung für sie übrig gehabt, doch jetzt, wo es endgültig vorbei war, ergriff eine Sehnsucht von ihm Besitz, die er selbst nicht für möglich gehalten hätte. Das Einzige, womit er sie in all den Jahren betrogen hatte, waren seine Arbeit und der Alkohol gewesen.

      Shane verjagte abrupt seine Gedanken – das war ein ganz schlechtes Thema, vor allem dann, wenn er angetrunken war. Er musste unbedingt heraus aus der Einsamkeit dieses Zimmers.

      In kurzer Hose und Polohemd machte er sich zurück auf den Weg in die Gesellschaft. Er konnte grundsätzlich nie lange an ein und demselben Ort verweilen, ein innerer Drang zog ihn beständig weiter.

      Die Empfangshalle lag wie vor zwei Stunden leer und verlassen da, nur dass jetzt ein altmodischer Gepäckwagen vor der Rezeption stand, der in Shane nostalgische Gefühle aufkommen ließ. Er liebte diesen Charme der Vorkriegsjahre des vergangenen Jahrhunderts.

      Als er sich dem Tresen näherte, schoss plötzlich eine junge Frau mit blonden Haaren und sanften, ebenen Gesichtszügen dahinter hervor. Shane war versucht, sich wie ein Gentlemen zu benehmen und sich ihr vorzustellen, doch wie so oft übernahm stattdessen die kindliche Seite in ihm die Kontrolle über sein Handeln. Er räusperte sich affektiert.

      »Suchen Sie etwas Bestimmtes? Ich lasse den Sicherheitsdienst rufen, wenn Sie sich nicht erklären.«

      Welcher Teufel ihn nur immer wieder ritt, wenn er solche albernen Bemerkungen machte!

      Wie nicht anders zu erwarten, fuhr sie zu ihm herum und taxierte ihn mit einem bohrenden Blick. »Und Sie sind?« Ihre Stimme klang misstrauisch, aber nicht feindselig.

      »Der Hotelmanager! Wenn Sie mir angekündigt worden wären, hätte ich selbstverständlich jemanden vom Service beauftragt, sich um Ihr Gepäck zu kümmern.«

      »Das ist nicht Ihr Ernst.« Sie prustete los vor Lachen, was in Shane augenblicklich ein Gefühl von Sympathie weckte. Es war ein unbedachtes, nicht auf Gesellschaftsfähigkeit getrimmtes Lachen und deswegen mochte er es. Auch wie sie sich ansonsten präsentierte, gefiel ihm: Sie war dezent geschminkt, hatte einen unaufdringlichen Lippenstift aufgelegt und trug helle sommerliche Kleidung.

      »Der Hotelmanager, soso. Ich hatte mir Miss Ling immer attraktiver vorgestellt.«

      Es war ersichtlich, dass sie sein Spiel durchschaut hatte, und Shane war froh, dass sie nicht zu der Sorte Frau gehörte, die zum Lachen in den Keller ging.

      »Estella Meinhard.« Sie reichte ihm über den Tresen die Hand.

      »Shane O’Brien. Wenn Sie jetzt nicht wissen, wer ich bin, fühle ich mich ernsthaft gekränkt.«

      »Oh, natürlich! Willkommen, Mr. O’Brien. So früh hätte ich Sie nicht erwartet, nachdem, was ich über Sie gehört habe.«

      »Was haben Sie denn über mich gehört?«, fragte er.

      »Man sagt, dass Sie ein Talent dafür hätten, auf den letzten Drücker zu erscheinen.« Sie nahm kein Blatt vor den Mund, noch eine Eigenschaft, die Shane bei Frauen zu schätzen wusste.

      Er fand, dass ein Lob angebracht wäre. »Eine überwältigende Anlage! Waren Sie am Bau beteiligt?«

      »Nein, ich bin die Forschungsleiterin unseres deutschen Mutterkonzerns. Womit scheinbar das Privileg verbunden ist, mir die Schlüssel selber holen zu dürfen.«

      Wenn sie jetzt noch dem einen oder anderen Schlückchen nicht abgeneigt wäre, ja dann wäre sie perfekt, dachte Shane, auf den ein gesundes Maß an Sarkasmus so belebend wirkte wie die erste Tasse Kaffee am Morgen. »Kann ich Ihnen mit dem Gepäck helfen?«

      »Nein, danke. Dafür werde ich lieber das Personal bemühen.«

      »Wie wäre es dann mit einem Drink?«, schlug er vor. »Ein Swimming Pool wäre jetzt genau das Richtige, passend zum Farbton Ihrer Augen und der unsäglichen Hitze da draußen.«

      »Halten Sie mich etwa für eine reiche Millionärsgattin, die sich von so was bezirzen lässt? Mal im Ernst: Augen wie ein Swimming Pool!« Sie verdrehte selbige, also die Augen.

      »Bitte verzeihen Sie mir meine Ausdrucksweise, mir scheint wohl die Hitze zu Kopf gestiegen sein«, zog er sich geschickt aus der Affäre.

      »Hey, wie wäre es mit morgen?«, fragte sie, als er sich schon zum Gehen wenden wollte.

      Die Schlacht war also noch nicht verloren.

      »Ich nehme Sie beim Wort«, sagte Shane, kehrte ihr den Rücken zu und ging davon. Er wusste, wann ein starker Abgang gefordert war und konnte förmlich spüren, wie sie ihm entgeistert hinterherschaute.

      Als er außer Sichtweite war, blieb er kurz stehen, um zu überlegen, was er als Nächstes machen könnte. Allein an die Bar zu gehen war keine Option, und so entschloss er sich, auf eigene Faust ein wenig das Gelände zu erkunden. Dass sich niemand auf den Gängen aufhielt, kam ihm dabei sehr gelegen. Je weniger Leute ihn behelligten, desto ungestörter konnte er herumschnüffeln.

      Er ging am Kinosaal vorbei und kam zu einer Abzweigung, die gefühlsmäßig von der Hotelanlage wegführte – also genau in die Richtung, in die er wollte. Durch die Fenster sah er einen langen, schwach beleuchteten Verbindungstunnel, der hinüber zum Firmenkomplex führte, wo er die Laboratorien und das Kontrollzentrum der Solarstromanlage vermutete. Niemand hatte ihm explizit verboten, das Hotel zu verlassen, und so schlüpfte er durch die halb angelehnte Flügeltür und machte sich auf den Weg zur anderen Seite. Draußen brach soeben die Dämmerung herein.

      Shane hatte kaum die Hälfte der Strecke hinter sich gelegt, als vor ihm plötzlich ein Mann in mitternachtsblauem Anzug auf den Korridor trat und ihm den Weg versperrte. »Kann ich Ihnen helfen, Sir? Dieser Bereich ist für Gäste gesperrt.«

      Der Mann überragte Shane um einen Kopf und seine Stimme war von einer solchen Tiefe, dass man sie leicht mit dem Brummen eines Generators hätte verwechseln können. Er musste um die Vierzig sein, hatte ein breites kantiges Gesicht und dunkelblondes bis hellbraunes Haar, das sich an den Ecken bereits zu lichten begann. Mit seinem schmalen, säuberlich gestutzten Schnurrbart erinnerte er auf beunruhigende Weise an einen Tartar, und seine in Falten gelegte Stirn zeugte von unverhohlenem Misstrauen.

      »Entschuldigen Sie bitte, das war mir nicht bewusst. Das entsprechende Hinweisschild muss ich wohl übersehen haben. Ich wollte mich eigentlich nur ein wenig mit der Anlage vertraut machen. Shane O’Brien, Future Economy.«

      »Bill Fritzsch, ich bin der Sicherheitschef.« Mit seinem Händedruck brach er Shane fast die Knochen, und dieser konnte sich des Eindrucks nicht erwehren, dass es sich dabei mehr um eine Machtdemonstration denn um Unachtsamkeit handelte. »Die Kameras sehen Sie überall«, fügte der Hüne mit schiefem Grinsen hinzu und deutete auf ein fast

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