Zwei Freunde. Liselotte Welskopf-Henrich

Чтение книги онлайн.

Читать онлайн книгу Zwei Freunde - Liselotte Welskopf-Henrich страница 55

Zwei Freunde - Liselotte Welskopf-Henrich

Скачать книгу

ich bei einer solchen Vorsprache voraussetzen, daß ich von der Abteilung aus vorgeschlagen bin?«

      »Für eine Auskunft hierüber ist der Abteilungsleiter, Herr Ministerialdirektor Boschhofer, allein zuständig. Wenden Sie sich an ihn.«

      »Ich möchte keinen Schritt tun, Herr Ministerialrat, aus dem von irgendeiner Seite geschlossen werden könnte, daß ich mit der Behandlung meiner Personalangelegenheiten unzufrieden sei.«

      »Das steht nicht zu fürchten. Sie können Herrn Ministerialdirektor Boschhofer sagen, daß ich Sie gebeten habe, sich an ihn unmittelbar zu wenden.«

      »Ich danke, Herr Ministerialrat.«

      Der Assessor ging. Ja – Grevenhagen, das war der Mann, der Marion hatte abweisen können. In Wichmann begehrte es auf. Ein weniger aalglattes Verhalten seines Vorgesetzten glaubte er durch seine Leistungen verdient zu haben.

      Es war ihm jetzt unmöglich, seine Arbeit wiederaufzunehmen. Er griff nach dem Telefon und meldete sich bei Boschhofer an.

      »In einer halben Stunde«, gab Frau Laura Lundheimer Bescheid.

      Auch diese halbe Stunde ging vorüber, und Wichmann erschien im ersten Stock.

      Frau Lundheimer hatte den Kostümrock eng um die dicken Hüften gespannt. Die Ärmel ihrer Bluse waren kurz, der Ausschnitt tief. Unter nachgezogenen Augenbrauen schauten die Augen auf den eintretenden Assessor. Die Hände gaben das Spiel über den Tasten auf.

      »Guten Morgen, Frau Lundheimer …«

      »… Herr Doktor! Es tut mir furchtbar leid – der Ministerialdirektor ist noch nicht da. Wollen Sie noch etwas Platz nehmen und warten?«

      Wichmann setzte sich.

      Frau Lundheimer betrachtete das junge Blut mitleidig-verständnisvoll und gesprächslustig. »Nun sind Sie schon ein paar Monate in unseren Arbeitsräumen. Ich erinnere mich noch gut, wie Sie hierherkamen.«

      »Ja. Im Herbst. Und nun sitze ich da, immer noch Assessor!«

      »So ehrgeizig?«

      »Nicht einmal. Aber ich möchte jetzt einiges für meine Zukunft festlegen.«

      Frau Lundheimer lachte. »Da haben Sie recht. Sie wollen sich doch nicht etwa verloben? Weil Sie von Zukunft sprechen?«

      »Das kommt ja für unsereinen gar nicht in Frage, Gnädigste. Bei dem Tempo der Beamtenkarriere muß man entweder Privatvermögen haben oder Schlaganfallkandidat werden – und dann seine Pflegerin heimführen. Vorher reicht es nicht zum Heiraten.«

      »Oh!« Frau Lundheimer legte den Kopf schief und blickte neckisch.

      »Sind alle Frauen so anspruchsvoll? Steht es wirklich so schlimm um Sie?«

      »Natürlich. Sie wissen doch, daß ich von der Liste wieder gestrichen worden bin.«

      »Wirklich? Warum vermuten Sie das? Haben Sie irgendeine Dummheit gemacht?«

      »Vielleicht bin ich im Mondschein über Dächer gewandelt, ohne es zu wissen. Haben Sie mich nicht beobachtet?«

      Frau Lundheimer schüttelte die festgerollten blondierten Locken. »Sie haben noch Humor, Herr Doktor. Nein, ich beobachtete gar nichts. Aber überlegen Sie selbst! Vielleicht finden Sie den Grund Ihres Mißgeschicks heraus? An irgend etwas muß es doch liegen!«

      »Mein Verstand geht ebenso zu Ende wie das Rechnungsjahr, Gnädigste. Meine Harmlosigkeit ahnt ja nicht einmal, was für Beweggründe hier überhaupt über Ernennung oder Nicht-Ernennung zu entscheiden pflegen.«

      »Ja, wer soll das sagen? Die Leistung natürlich und das Dienstalter und wohl auch die sozialen Verhältnisse … und was dann eben noch so dazukommt, wenn die Waagschale schwankt.«

      »Was sind das dann noch für rätselhafte Gewichte?«

      »Tscha, wir sind alle Menschen, Herr Doktor. Ministerialdirektor Boschhofer scheint Ihnen sehr gewogen zu sein.«

      »Und wer ist mir nicht gewogen?«

      »Wer soll das wissen? Eine Ernennung durchläuft einen langen Instanzenweg. Wesentlich ist natürlich die Stellungnahme Ihres eigenen Referenten, möchte ich meinen.«

      »Des Ministerialrats Grevenhagen? Ist er mir weniger gewogen?«

      »Mit Bestimmtheit kann man dergleichen weder behaupten noch bezweifeln. Aber glauben Sie nicht auch, daß Grevenhagen furchtbar empfindlich ist?«

      Wichmann betrachtete seine Finger auf der runden Tischplatte.

      »Gilt er dafür?«

      »Man sagt es, beklagt es, aber das müssen Sie ja als sein Untergebener am besten wissen. Ich habe kaum etwas mit Grevenhagen zu tun. Sie haben ihn doch nicht irgendwie gereizt?«

      »Nicht, daß ich wüßte.«

      »Es ist den Herren manchmal schwer, Persönliches und Dienstliches auseinanderzuhalten. Die Mannesnatur ist so kompliziert – leicht verletzbar – als Sekretärin weiß ich davon leider mehr als genug zu erzählen.«

      »Liebe Frau Lundheimer, es ist mir bekannt, daß Sie Ihre Schweigeverpflichtungen auf das peinlichste einhalten. Ich möchte Sie auch gewiß nicht verführen, in bezug auf meine Person irgendeine Ausnahme zu machen. Aber Sie begreifen, daß es mir darum zu tun ist zu erfahren, was denn nun eigentlich gespielt wird. Können Sie mir nicht – aus menschlichem Gefühl – irgendeine Andeutung machen?«

      Frau Lundheimer kräuselte die Stirn und summte eine Tangomelodie: »Gelbe Rosen …«

      Der Assessor zog die Finger, die auf der Tischplatte gelegen hatten, zur Faust zusammen.

      »Tja, Herr Doktor, ich wüßte nicht, was ich weiter sagen sollte.«

      »Ich danke Ihnen.«

      Die Sekretärin begann wieder zu tippen, aber ein Anruf unterbrach sie.

      »Ja … ja … jawohl, Herr Ministerialdirektor …«

      Das Telefongespräch war rasch beendet.

      »Das ist ja dumm, Herr Doktor! Der Ministerialdirektor kommt heute gar nicht mehr hierher. Er hat noch eine Besprechung im Staatsministerium und tritt heute abend schon die geplante Dienstreise an. Er wird wohl eine Woche wegbleiben.«

      »Dann ist nichts zu machen. Ich danke Ihnen jedenfalls.«

      »Vielleicht … in der Personalabteilung direkt haben Sie keine Beziehungen?«

      »Dort bin ich persönlich ganz unbekannt.«

      »Dann hat es auch keinen Zweck, daß Sie hingehen, gar keinen. Haben Sie mit Grevenhagen schon gesprochen?«

      »Ja.«

      »Wie ’n Krebs im Gehäuse, nicht? An die Weichteile kommt man bei ihm nicht ’ran. Und dann doch wieder gleich gekränkt. Ein sehr schwieriger Charakter.«

      Assessor

Скачать книгу