Zwei gegen Ragnarøk. Hans-Jürgen Hennig
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Читать онлайн книгу Zwei gegen Ragnarøk - Hans-Jürgen Hennig страница 42
Trotz des Bauchwehs strahlte Hildas Gesicht. „Jetzt war sie eine Frau“, freute sie sich und fühlte sich gleich viel besser.
Mit hoch erhobenem Kopf lief sie stolz durch das Dorf, in Richtung Fifillas Hütte. Niemand begegnete ihr zwischen den Hütten, niemand, dem sie sagen konnte, dass sie nun eine Frau geworden war und das fand sie doof.
Vor Fifillas Hütte, verhielt sie und lauschte erst mal, aber nichts rührte sich. Doch dann traut sie sich und klopfte an. Gleich darauf rief Fifilla: „Komm rein.“
Hilda macht die Tür etwas zaghaft auf und staunt dann aber nicht schlecht, dass Fifilla schon gemütlich beim ersten Essen saß und dabei nicht alleine war. Mit vergnügtem Lächeln saß Sigudur neben ihr und löffelt genüsslich seinen Brei.
Fifilla war eine erfahrene Kräuterfrau, die auch jeden im Dorf und seine Wehwehchen, ausgezeichnet kannte. Sie schaut die kleine Hilda aufmerksam an und ahnt sofort, warum Hilda so früh am Morgen zu ihr gekommen war. Als Hilda auch noch mit den Worten zögert und etwas beschämt in Sigudurs Richtung guckt, war sich Fifilla ganz sicher und stieß ihn mit dem Ellenbogen in die Rippen. Sie schaut ihn grinsend an und sagte: „Geh mal zu deinen Viechern, die haben auch Hunger. Wir haben jetzt ein wichtiges Frauengespräch zu führen, stimmt’s, Hilda?“
Hilda nickt erleichtert und lächelt. Sie war froh über Fifillas Klugheit und dass sie es ihr auf diese Art leichter machte.
Sigudur hatte es aber überhaupt nicht eilig und löffelte in aller Seelenruhe seine Schüssel leer. Dann grinste er die beiden Frauen mit einem Lächeln an, das sicher nur Fifilla richtig deuten konnte, nahm sich noch einem Apfel vom Tisch und verließ, nur mit einem Hemd bekleidet, immer noch grinsend, die Hütte.
Da musste auch Hilda lächeln und Fifilla deutet auf dem Platz neben sich und sagt: „Setzt dich und erzähle. Wann hat es angefangen?“
Hilda machte große Augen. „Was, wieso weißt du, das etwas angefangen hat?“
„Ach Mädchen, ich bin schon ziemlich lange eine Frau, ich weiß wie alt du bist, war ja dabei, als du auf die Welt kamst und ich weiß auch, was einem Mädchen in deinem Alter so plötzlich passieren kann. Du bist eine kleine Frau geworden. Richtig?“
„Ja, Fifilla. Heute Morgen habe ich es das erste Mal gespürt und der Bauch tut mir immer noch weh. Mama sagt, dass du ein Kräutlein weißt, das mir helfen kann.“
„Natürlich kann ich dir mit ein paar Kräutlein helfen. Ich gebe dir jetzt ein paar getrocknete, die du heute als Tee trinken musst. Dann wird dein Bauchweh nachlassen. Morgen, nach dem ersten Essen kommst du wieder zu mir und wir gehen gemeinsam über die Wiesen. Ich zeige dir dann, wo diese Kräuter wachsen, damit du sie dir immer selbst suchen kannst und ich meinen kleinen Kräutergarten nicht plündern muss.“
Fifilla machte sich an ihren Kräuterbeuteln zu schaffen, die in langen Reihen von der Decke herabhingen und suchte für Hilda die richtigen Kräuter zusammen.
Hilda schaute neugierig zu. „Ich glaube, das da kenne ich, das ist Schafgarbe.“
„Stimmt, du kluges Mädchen, und das andere Kraut heißt Frauenmantel. Morgen suchen wir sie gemeinsam. Das hier reicht erst mal für heute. Mache dir zweimal einen Becher Aufguss davon und trinke ihn.
Hilda, noch etwas. Ich glaube, dass Alvitur dir heute noch etwas Wichtiges mitteilen möchte. Ich werde auch bei Alvitur sein, wenn du kommst. Gehe also nicht weg, bleib in der Nähe eurer Hütte.“
„Was ist denn an mir so wichtig“, fragte Hilda ganz verdutzt.
„Als du geboren wurdest, war es genau so ein Tag wie heute, Frühlingssonne und massenhaft Gänseblümchen …“
Versonnen schaute Fifilla in Hildas Augen. „Dieser Tag war etwas Besonderes; du wurdest von Freya gesegnet.“ Und nach einer kleinen Pause: „So, nun geh schon.“
Erleichtert, aber auch etwas nachdenklich machte sich Hilda wieder auf den Heimweg. „Von Freya gesegnet“, gingen ihr Fifillas Worte durch den Kopf, und plötzlich fiel ihr der Traum ein, als Freya zu ihr sprach, damals als sie Skyggi ausgebrütet hatte. Jetzt sprangen ihr auch die vielen tausend Gänseblümchen fast ins Auge, die sich so plötzlich, überall der Morgensonne entgegen reckten.
„Gänseblümchen, das waren ja die Blumen der Göttin Freya und Freya hatte sie gesegnet?“ Sie empfand plötzlich Glück und machte ein paar Hüpferschritte, wie sie die kleinen Kinder machten.
„Na ja, etwas anders, als die meisten Mädchen bin ich schon“, dachte sie. „Ich spiele lieber mit den Jungen, habe einen Raben und habe sogar einen Troll als Freund. Hm, aber das mit dem Troll wissen ja sowieso nur Falki, Alfger und Sölvi.“
Sie hatte den Gedanken kaum zu Ende gedacht, da flatterte es über ihren Kopf und Hilda rief erfreut: „Skyggi, wo kommst du denn her?“ Sie hielt ihm die Hand hin, damit er sich setzen konnte.
Skyggi ließ ein leise „Orr, orr“ ertönen und ließ sich auf ihrer Hand nieder.
„Du alter Flattervogel, damit du es weißt, ich bin jetzt eine Frau und jetzt hast du mir erst recht zu gehorchen!“
Skyggi legte den Kopf etwas schief und sah sie so an, als verstünde er, was Hilda ihm grade gesagt hatte.
„Skyggi, flieg nach Hause und sag der Mama, dass ich komme und großen Hunger habe.“
Der Rabe drehte wieder den Kopf hin und her und hielt ihr dann seinen Kopf hin. Hilda wusste, Skyggi wollte jetzt gekrault werden. Sie tat ihm den Gefallen und es freute sie, wieder zu spüren, wie wohl sich Skyggi dabei fühlte.
„So, nun flieg nach Hause“, und Hilda hob die Hand ganz schnell hoch. Skyggi flatterte auf und flog davon.
Als Hilda zu Hause ankam, saß Skyggi schon auf dem Dachkreuz und kündete ihr Kommen mit lautstarkem Gekrächze und Flügelflattern an.
Einen Augenblick später kam Falki um die Hausecke und mit einem breiten Grinsen begrüßte er seine Schwester: „Guten Morgen Hilda.“
Hilda stutzte. „Warum grinst du mich so an? Hast du einen Schabernack vor?“
„Nein, Schwesterchen, aber heute gibt’s etwas besonders Gutes zum Essen, und du darfst es dir aussuchen! Da darf ich mich doch freuen, oder?“
Ein kurzes Flattern in der Luft und Skyggi saß wieder auf Hildas Schulter. Jetzt lachte sie. „Wenn Skyggi etwas vom Essen hört, ist er gleich da; hi, hi, wie Arnor.“
Hilda fühlte sich plötzlich irritiert und fragte mit hochgezogenen Brauen: „Falki, was starrst du mich so an? Habe ich Dreck im Gesicht?“
„Hmm, nein, aber ich habe gedacht, dass du nun als Frau irgend wie anders aussiehst. Die Mutter hat mir eben gesagt, dass du nun eine Frau bist. Spielen wir nun nicht mehr zusammen? Darf ich jetzt nicht mehr an deinen Zöpfen ziehen?“
„Doofkopf, wir machen alles wie immer. Du machst deine Arbeiten, ich meine und wenn wir Zeit haben, machen wir alles zusammen, wie immer.“
„Genau so dachte ich es mir“, grinste Falki und machte die Tür auf.
Hilda