Zwei gegen Ragnarøk. Hans-Jürgen Hennig

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Zwei gegen Ragnarøk - Hans-Jürgen Hennig

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immer noch Alfger nach, als Sölvi sie an der Hand ergriff und mit sich zog.

      Kurz danach standen sie vor Alviturs Hütte und als Sölvi die Tür öffnete, beschlich Hilda ein merkwürdiges Gefühl. Sie ahnte, dass heute etwas besprochen werden sollte, dass für ihre Schicksal große Bedeutung haben würde.

      Aber Alviturs Hütte mochte sie; hier gab es für sie immer etwas zu entdecken. Seine Wände und alle Ecken waren voll mit Gegenständen, die er aus der weiten Welt mitgebracht hatte.

      In einer Ecke hingen Waffen und ein prächtiger Schild, wie sie hier nicht üblich waren und alles sah fremdartig aus. Hilda war fasziniert, konnte ihren Blick kaum abwenden und vergaß fast, weswegen sie hier waren. Doch dann zähmte sie ihre Neugier und wandte sich Alvitur zu.

      Alvitur war Hildas Blicken gefolgt und sagte unvermittelt: „Ja, ich war nicht immer so ein alter Mann und ich konnte auch sehr gut mit diesen Waffen umgehen.“

      Dann schaute er sie direkt an. „Kommt setzt euch zu uns. Hilda, du musst keine Angst haben. Es ist nichts Schlimmes passiert, obwohl das, worüber ich mit dir reden will, schon ein ernstes Thema ist. Es betrifft dich, aber auch uns alle, doch insbesondere geht es um dein Schicksal.“

      Wenn Alvitur so dasaß, war Hilda jedes Mal beeindruckt, egal ob er seine Geschichten erzählte, oder wie jetzt, ernsthaft mit ihr redete.

      Alvitur konnte sie mit seinem einzigen Auge so ansehen, dass sie sich plötzlich ganz klein fühlte und auch jetzt ging ihr sein Blick bis in die Zehen.

      Die Stelle, wo einmal das andere Auge war, hatte er heute mit einem roten Band überdeckt, das er um den Kopf gebunden trug. Gleichzeitig spürte sie aber auch, dass sein Gesicht voller Güte strahlte und ihr wurde wieder wohler.

      Sie fand, dass Alvitur ein edles Gesicht besaß, in dem nur das Leben deutliche Spuren hinterlassen hatte. In ihren Augen machte ihn das aber nicht alt, nein er wirkte auf Hilda eher wie etwas Großes, Strahlendes, fast wie ein Gott.

      Gemütlich saß er auf seinen Fellen und sah Hilda freundlich, aber auffordernd in die Augen. Er deutete auf den Platz rechts neben sich und sagte an Sölvi gewandt: „Hole mal noch zwei Becher für euch und setz’ dich dann zu uns. Da du mein Nachfolger sein wirst, solltest du auch wissen, worum es hier heute geht. Sölvi, dir muss aber klar sein, dass das, was wir jetzt bereden, unter uns bleibt. Ich denke, du wirst das verstehen.“

      Alvitur nahm seinen Becher in die Hand und deutete mit dem Kopf auf den Krug, der auf dem Tisch stand. „Fifilla hat mir meinen geliebten Tee zubereitet. Für meine alten, schmerzenden Knochen ist er die beste Medizin, aber er wird euch beiden auch schmecken, wenn ihr etwas Honig in den Becher macht und er nickte den jungen Leuten einladend zu.“

      Hilda schnüffelte an dem großen Krug und sog den Duft genießerisch ein.

      „Das riecht ja wirklich gut. Fifilla, woraus hast du den Tee gemacht? Ich kann Holunderblüten riechen.“

      Fifilla lächelte anerkennend. „Hilda, deine Nase riecht richtig, aber es sind auch noch Birken- und Brennnesselblätter im Tee.“

      Nachdem sich Hilda und Sölvi etwas Tee eingegossen und auch vom kostbaren Honig genommen hatten, schloss Alvitur einen Moment lang sein Auge.

      Er nahm einen Schluck aus dem Becher und begann: „Hilda, seit langer Zeit weiß ich, dass du für uns und für unser ganzes Volk, eine wichtige Rolle spielen wirst. Das Jahr, in dem du geboren wurdest, war schon bedeutungsvoll. Es war das Jahr, in dem nämlich Olaf Tryggvason König von Norwegen wurde. Vielleicht haben es die Götter so gelenkt, dass du als ein Gegengewicht zu seinem verräterischen Tun geboren wurdest. Es ist dein Schicksal, dass du in der besonderen Gunst unserer Götter stehst. Bei deiner Geburt wurde mir offenbart und auch später erhielt ich genügend Hinweise, die mir immer wieder deutlich machten, dass du irgendwann das Zünglein an der Waage sein kannst.“

      „An welcher Waage?“, platzte Hilda heraus. „Ich bin doch kein Zünglein. Ich bin Hilda.“

      Alvitur lächelte und schaute Hilda erst ernst, dann fast gebieterisch an, machte eine Pause und lächelte dann wieder: „Hilda, du bist heute eine Frau geworden und ich weiß, dass du ein kluges Mädchen, ääh, nun eine kluge Frau sein wirst. Du hast so viele gute Anlagen und Fähigkeiten, dass ich mir sicher bin, du wirst das alles verstehen. Ist dir noch nie aufgefallen, dass du Fähigkeiten hast, die dich von anderen unterscheiden? Wenn du mit den Jungen Kampfspiele machst, bist du um keinen Deut schlechter als der Beste von ihnen. Du kannst kämpfen wie ein Junge. Ein wacher Blick und Klugheit zeichnen dich aus, du riechst oder spürst, was dein Gegenüber fühlt, du sprichst mit einem Raben, hast ihn sogar selbst ausgebrütet und du weißt ganz sicher, wenn jemand nicht die Wahrheit spricht. Niemand sonst von uns hat je mit einem Troll gesprochen, aber du kennst sogar einen persönlich.“

      Hilda schaute plötzlich ertappt drein. „Was, das weißt du? Woher?“

      Da lächelte Alvitur gütig und den Blick seines Auges spürte Hilda wieder bis in die Zehenspitzen.

      „Ich bin zwar der Älteste in unserem Dorf, aber ich habe auch einen wachen Verstand und seeehr gute Ohren, die auch manchmal das hören, was niemand hören soll! Wenn du mit deinem Raben sprichst, schau dich beim nächsten Mal um, wer noch in der Nähe ist. Doch lasst uns jetzt davon reden, weshalb wir hier sind. Fifilla, du fängst am besten mal an und beginnst mit dem Morgen, als wir zu Hildas Geburt gerufen wurden.“

      Fifilla schaute einen Augenblick nachdenklich ins Feuer und richtete dann ihren Blick auf Hilda, die vor Spannung fast platzte.

      „Ich sage euch, wie es damals war, und ich weiß es noch so genau, als ob es erst gestern gewesen wäre, als du geboren wurdest. Ernir, dein Vater hatte mich gerufen und auf dem Wege zu deiner Mutter, die in den Wehen lag, ging ich erst bei Alvitur vorbei und sagte ihm, dass unser Dorf wieder Zuwachs bekommt, dass Hilda und Ernir ihr zweites Kind erwarten. Alvitur war sofort bereit und kam mit mir. Ich machte ihn unterwegs auf das Gänseblümchenwunder aufmerksam, das überall auf den Rasenflächen zu sehen war. Es war eine Blütenpracht, wie nie zuvor. Für mich war das ein deutliches Zeichen, dass Freyja anwesend war und wir wussten sofort, dass mit der Geburt alles gut gehen würde. Komm, Alvi, lass es uns vollenden, sagte ich damals zu Alvitur und zog ihn weiter. Als wir dann in die Nähe eurer Hütte kamen, hörten wir das mehrstimmige Gekrächze von zwei Raben und wir wussten sofort, dass das keine gewöhnlichen Raben waren. Sie waren riesig und ihre Stimmen waren so eindringlich. Sie saßen auf eurem Dachgiebel, Odins Raben, Hugin und Munin. Wir waren beide fast sprachlos, als sie uns entgegen krächzten. Sie saßen auf dem Kreuz des Giebelbalkens, flatterten mit den Flügeln und krächzten, als wollten sie uns auf etwas aufmerksam machen. Die Morgensonne schien und doch war so eine Spannung in der Luft, das es uns am ganzen Körper schauerte. Die Luft war wie vor einem gewaltigen Gewitter. Wir waren uns nun ganz sicher, dass hier ein besonderes Kind geboren wurde, wenn selbst Odin bei der Geburt anwesend war. Mir stockte der Atem und ich hielt mich an Alviturs Arm fest. Ich spürte es damals, bis in den tiefsten Winkel meiner Seele: Wir sind ein besonderes Dorf.“

      Alvitur nickte nachdenklich, legte seine Hand auf Fifillas Arm und übernahm das Reden.

      „Meine gute Fifilla, ja wir sind ein besonderes Dorf, zumindest, seit diesem Tag, vor vierzehn Jahren. Wir sollten uns dieser Tatsache immer bewusst sein und dieses Kind immer im Auge behalten. Das wurde mir damals, nach diesen deutlichen Zeichen klar.“

      Fifilla räusperte sich. „Ja, Hilda, so war das damals als du auf die Welt kamst. Deutlichere Zeichen für die Anteilnahme der Götter gibt es wohl nicht. Ich habe darum aus den Zeichen dieses Morgens ein kleines Amulett für dich gemacht.

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