Der Tag des Schmetterlings. Jens Böttcher
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Читать онлайн книгу Der Tag des Schmetterlings - Jens Böttcher страница 3
„Ich ... ja, wieso ... ich kann doch nicht ...“, brachte Daniela mühsam abwehrend heraus.
„Bitte ... nur ein paar Minuten“, sagte Herr Bergmann und fügte seinem charmanten Lächeln noch einen wahrhaft steinerweichenden Blick hinzu.
„Herr Meier und ich würden uns wirklich beide sehr freuen.“
Daniela wollte sich gerade weiter aus dieser merkwürdigen Situation herauswinden, als sie Herthas drohenden Gesichtsausdruck bemerkte. Nachdem sie mit dem Beinstupsen bei ihrem Mann keinen Erfolg gehabt hatte, warf sie nun Daniela einen verkniffenen Blick zu, der sie unmissverständlich an ihre Pflicht als Bahnangestellte mahnte, gefälligst die Sicherheit der Fahrgäste zu gewährleisten.
Daniela schaute zu Hertha, dann zu Herrn Bergmann. Sie rang sich ein Lächeln ab.
„Ich ... na gut“, willigte sie schließlich ein und wusste selbst nicht so recht warum. „Ein paar Minuten kann ich ja bleiben.“
Herr Bergmann schaute zufrieden zu Herrn Meier und lächelte Daniela anschließend charmant an. Dann stellte er sich und Herrn Meier auch den anderen Reisenden vor.
Rolf reagierte sehr freundlich.
„Rolf Griesbach, Victrol-Versicherungen, Direktor im Bezirk Nordwest, pensioniert, guten Tag, Herr Bergmann, sehr angenehm. Und das ist meine Frau Hertha. Hertha Griesbach.“
Bergmann schüttelte begeistert Griesbachs Hand und versuchte auch die von Hertha zu ergreifen, doch die hatte ihre beiden Exemplare bereits demonstrativ protestierend in der Handtasche auf ihrem Schoß versenkt.
„Es ist mir eine Ehre, Sie kennenzulernen, Frau Griesbach“, sagte Bergmann ganz unbeeindruckt, während er seine Hand zurücknahm. Dann deutete er wieder auf Herrn Meier.
„Und wie gesagt, das ist Herr Meier. Wir reisen immer zusammen. Ach, wir sind sowieso unzertrennlich, nicht wahr, Herr Meier?“
Schließlich streckte Bergmann auch der jungen Dame rechts von sich die Hand entgegen.
„Und wie ist Ihr werter Name, entzückendes Frollein?“, sagte er wieder mit dem gewinnenden Charme eines Gentleman der alten Schule.
Sein Tonfall und sein Lächeln schafften es tatsächlich, die harte Schale der jungen Frau immerhin so weit aufzuweichen, dass sie ihm ihren Namen verriet. Außer ihren Lippen bewegte sich an ihr allerdings nichts, während sie sprach.
„ Jasmin de la Roché“, sagte sie und reichte ihm hochnäsig die Hand, wie eine englische Adelige, die sich dazu herablässt, einen Lieferanten zu beachten.
„Oh, was für ein bezaubernder Name“, sagte Bergmann schwärmerisch, „ Jasmin de la Roché! Das klingt fantastisch, so edel ... und wenn ich mir die Bemerkung erlauben darf ... gerade deshalb passt der Name ganz vortrefflich zu Ihnen.“
Jasmin fälschte ein Lächeln, bevor sie sich mit steinerner Miene wieder ins Studium ihres Modemagazins stürzte.
Herr Bergmann wandte sich zu Herrn Meier, als wäre er gerade schon wieder von ihm angesprochen worden.
„Oh ja, das finde ich auch. Ganz wunderbar! Oh, meinst du? Aber ich glaube, so etwas fragt man eine junge Dame nicht. Nein, wirklich nicht, das geht nicht.“
Er richtete seinen Blick nach vorn und schüttelte den Kopf.
„Tss ... also du kommst auf Ideen“, wiegelte er ab.
Jasmin schaute erneut von ihrem Magazin auf. Immerhin schien es ja bei dem, was Herr Meier da gerade wissen wollte, wohl um sie zu gehen. Auch die Griesbachs und Daniela hätten gestehen müssen, dass sie durchaus neugierig waren, wenn sie gerade jetzt jemand gefragt hätte.
Herr Bergmann wehrte derweil einen weiteren Versuch von Herrn Meier ab: „Nein, das tue ich nicht. Dann mach es doch selbst.“
Er schaute wieder nach vorn und lächelte nun schweigend Herrn und Frau Griesbach an. Dann wandte er sich zu Daniela.
„Ist das nicht herrlich? Mal einfach so dazusitzen und ein kleines Päuschen von der Arbeit machen? Es ist bestimmt furchtbar anstrengend, immer so herumzurennen, oder?“
Daniela mochte nicht antworten und lächelte nur etwas unsicher. Herr Bergmann schien es zu spüren und setzte die Konversation einfach fort:
„Haben Sie sich eigentlich jemals Gedanken darüber gemacht, dass man sich ja nicht nur physisch bewegt, wenn man mit dem Zug oder auch mit dem Auto oder mit dem Flugzeug reist, sondern dass auch die Seele dabei stets in Bewegung ist? Das ist eine große Anstrengung, wissen Sie? Immer von hier nach da, immer unterwegs. Also, ich bewundere Sie, dass Sie das so können. Meine Hochachtung, wirklich. Sie haben eine sehr tapfere Seele. Ja, wirklich. Ihre Seele hat schon viel erlebt und ist viel gereist. Sehr beeindruckend.“
Daniela wollte es nicht gleich akzeptieren, aber sie spürte, dass es ihr gut tat, was der Verrückte da gerade sagte. Oh, wie wahr das ist, dachte sie und nickte ganz vorsichtig.
„Und wissen Sie, was ich glaube, was dabei die allergrößte Anstrengung und gleichzeitig umso wertvollere Frucht ist?“, fragte Herr Bergmann in die nun höchst irritierte Runde.
„Bei all der inneren und äußeren Bewegung, diesem permanenten Stress, dem die überarbeitete Seele ausgesetzt ist, immer noch so unglaublich nett und freundlich zu den Fahrgästen zu bleiben, wie Frau Kurtz. Das ist doch phänomenal. Also wirklich!“
Es war nicht der Hauch von Spott in Bergmanns Worten. Er meinte es so, wie er es sagte. Daniela fühlte sich nun fast verpflichtet, da etwas gerade zu rücken.
„Aber, ich ...“, versuchte sie einen Widerspruch.
„Oh, nein, da gibt es kein Aber, gnädige Frau“, sagte Bergmann mild und nun wieder entwaffnend charmant. Dabei lächelte er ein solch warmes Lächeln, das in Sekunden sogar einen vereisten Schneeball geschmolzen hätte.
„Sie haben eine wirklich nette, sehr menschenfreundliche und herzerwärmende Seele, Frau Kurtz. Ich habe das gleich gemerkt, als Sie hereinkamen. Herr Meier übrigens auch, nicht wahr, Herr Meier?“
Er nickte Herrn Meier zu und schaute gleich wieder zu Daniela.
„Sehen Sie?“
Daniela wurde etwas verlegen. Auch wenn sie es so bislang nicht betrachtet hatte, aber was Herr Bergmann da sagte, war schon irgendwie die Wahrheit. Sie war ja eigentlich wirklich sehr menschenfreundlich und warmherzig. Jedenfalls gewesen. Früher irgendwann. Bevor sie sich aufgegeben und sich dieses dicke Fell angeschafft hatte, durch das schon lange niemand mehr hindurchschauen durfte.
„Sie sind bestimmt verheiratet, oder, Frau Kurtz?“, fragte Herr Bergmann nun interessiert und ganz beiläufig, als wäre es nicht die Spur einer Grenzüberschreitung.
„Ich ... äh, ja“, sagte Daniela.
„Oh, das haben wir ja gleich gesehen, nicht wahr, Herr Meier? Herr Meier hat sogar vorhin gesagt, das war nämlich, als Sie hereingekommen sind und mit so einer Engelsgeduld gewartet haben, bis der arme Herr Griesbach seine Fahrkarten gefunden hat. Also, da hat Herr Meier gleich