Indianertod. Rainer Buck

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Indianertod - Rainer Buck

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so einer soll nun den Winnetou spielen“, entfuhr es Robert. Manuel lächelte, denn für seinen Freund war die Figur des Apatschen wie eine Art Ikone, die nicht entweiht werden durfte.

      Hannes Wühlmann war nach Janas Schilderungen alles andere als würdig, in die Fußstapfen eines Pierre Brice zu treten. Solange sie zusammen gewesen waren, hatte er sie bei jeder Gelegenheit gedemütigt. Handgreiflichkeiten hatte er sich nicht erlaubt, allerdings damit geprahlt, frühere Freundinnen mit Ohrfeigen gefügig gemacht zu haben. Bevor es bei ihr soweit kam, hatte Jana die Beziehung beendet, was aber nicht bedeutete, dass Wühlmann sie in Ruhe gelassen hatte.

      „Okay, Ihr früherer Freund ist also ein ziemlich übler Zeitgenosse, dem Sie alles zutrauen würden“, stellte Robert fest. „Zu klären wäre dann allerdings, warum sich Becker zu dem Mord bekannt hat. Doch bleiben wir zunächst bei Wühlmann. Sie sagten, er wusste, dass Ihre Beziehung zu Ilic nur Schein war. Dann scheidet Eifersucht als Motiv aus.“

      „Ich unterstelle ihm ja gar keine Eifersucht“, erwiderte Jana. „Wenn es ein Motiv gibt, dann seinen Ehrgeiz. Um voranzukommen, ist ihm jedes Mittel recht.“

      „Hm. Das sind im Moment nur Spekulationen. Wenn ich es recht weiß, war Wühlmann bis jetzt weit weg von Bad Espefeld.“

      „Doch sein Draht zu den Karl-May-Spielen war immerhin kurz, wenn man ihn so schnell als Nachfolger von Ilic präsentiert“, warf Manuel ein.

      Als sie zurück nach Bad Espefeld fuhren, musste Manuel einräumen, dass sie außer Janas begründeter Abneigung eigentlich nichts hatten, was Wühlmann mit der Tat in Verbindung bringen konnte. Er seufzte. „Vielleicht waren es Janas schlimme Erlebnisse in ihrer Beziehung mit Wühlmann, die mir so nachgegangen sind. Jedenfalls lag ich lange wach im Bett und habe gegrübelt, ob es hinter den Kulissen unserer Karl-May-Spiele wirklich derartige Intrigen geben kann, die bis zu einem kaltblütigen Mord führen.“

      „Ich vermute, dass dir zudem die beiden schönen Frauen nicht aus dem Kopf gingen. Besonders Lisa. Wenn ich mich nicht irre, liegt zwischen euch etwas in der Luft.“

      Manuel schaute Robert von der Seite an. „Ich weiß nicht, warum du mit deinen Bemerkungen über Lisa so penetrant bist. Du weißt doch, was ich dir über die Vorteile des zölibatären Lebens gesagt habe. Das meine ich ernst. Ich habe meine Chance gehabt, und ich habe sie verspielt. Ich habe zudem meinen Frieden mit der Vergangenheit gemacht und kann mich nun auf meinen Dienst für Jesus konzentrieren.“

      „Ich nehme dir das nicht so ganz ab, auch wenn du für mich ein Pastor ohne Tadel bist. ‚Es ist nicht gut, dass der Mensch allein bleibt‘ steht in der Bibel, und das halte ich auch für wahr.“

      „Jesus hatte keine Frau und auch Paulus nicht. Das hatte seinen Sinn. Die Gemeinde ist meine Familie.“

      Robert hatte nicht immer das sicherste Gespür, wann Schweigen angebracht war, doch nun verstummte er und konzentrierte sich auf den Straßenverkehr.

      „Ein Bullterrier und eine Hyäne“, fuhr es Sonja Saalfeld beim Anblick der beiden Männer durch den Kopf. Sie stellte das Tablett mit Kaffee und Gebäck auf Wiesenlohs Schreibtisch ab. Der Intendant der Karl-May-Spiele und Freddie Gerling, der Manager von Hannes Wühlmann, saßen sich gegenüber und schwiegen sich an, solange die Sekretärin im Büro war. Erst als die unterkühlt wirkende Brünette die Tür hinter sich geschlossen hatte, setzten die beiden Männer ihr unterbrochenes Gespräch fort.

      Der massige Schädel Wiesenlohs war gerötet. Auf seiner Stirn glänzte Schweiß. Eine Begegnung mit Gerling setzte ihn jedes Mal unter Stress. Der zynische Geschäftsmann schoss einen Pfeil nach dem anderen ab, um dann mit einem maskenhaft wirkenden Lächeln zuzusehen, wie der Mann hinter dem Schreibtisch um Fassung rang. Das wollte etwas heißen, denn üblicherweise war Wiesenloh in diesem Büro der Chef im Ring, und die Besucher auf dem tiefen Besuchersessel kuschten vor ihm.

      Seine Lufthoheit hatte Wiesenloh dadurch unterstrichen, dass er kurz nach seinem Dienstantritt die Portraits der Bad Espefelder Schauspielprominenz abhängen ließ, mit denen sich sein Amtsvorgänger umgeben hatte. Stattdessen hing an der Wand über dem Schreibtisch nun ein Foto, das Wiesenloh selbst beim Händeschütteln mit dem Ministerpräsidenten von Schleswig-Holstein zeigte.

      „Ich verstehe zwar nicht, was diesen Becker bewogen hat, Ilic aus dem Sattel zu knallen, doch nachdem Sie Ihrem Pferdeknecht ja nun kein Honorar überweisen müssen, können Sie das Geld für die Resozialisierung Ihres Meisterschützen zurücklegen.“

      „Herr Gerling. Ich glaube nicht, dass es …“, Wiesenloh musste den Satz unterbrechen, weil er falsch geatmet hatte, „… dass es im Interesse Ihres Mandanten ist, solche Andeutungen zu machen.“

      „Hyperventilieren Sie nicht gleich, Wiesenloh. Hannes Wühlmann ist ein anderes Kaliber als dieser kroatische Schönling, den Sie sich als Dekoration für Jana Felden eingekauft haben. Freut sich Jana eigentlich darauf, bald wieder einen richtigen Kerl an ihrer Seite zu haben? Branco Ilic war ja wohl eher der Typ, um Janas Zwillingsschwester im Rollstuhl über die Bühne zu schieben. Hatte bekanntlich ein weites Herz für Frauen, die vom Schicksal nicht gerade verwöhnt sind.“

      „Jetzt sollte aber wirklich … sollte wirklich Schluss sein mit solchen Respektlosigkeiten.“

      „Sie entdecken wohl noch Ihre späten Sympathien für Ilic? Na ja, es hat ja vielleicht gewisse Nachteile, dass Sie sich nun wieder selbst etwas mehr um Ihre vernachlässigte Alte kümmern müssen.“

      Wiesenloh ballte vor Zorn beide Fäuste, hatte aber der Frechheit des abgebrühten Managers nichts entgegenzusetzen. In ihm keimte langsam ein Verdacht auf. Waren alle Anspielungen Gerlings nur Ablenkungsmanöver? War Wühlmanns Manager vielleicht von vornherein davon ausgegangen, dass der Anschlag des Pferdebetreuers John Steiner auf Ilics Reittier nicht funktionieren würde? Hatte er gar selbst Becker gekauft?

      Wiesenloh warf einen unsicheren Blick auf das hyänenhafte Gesicht Gerlings. Einem Mann gegenüberzusitzen, der einen Killer anheuerte, bereitete ihm Unbehagen. Andererseits schien Becker, nach allem, was man hörte, kein Killertyp zu sein, sondern eher ein verwirrter Einzelgänger, der unübersehbare Spuren hinterlassen hatte und unfähig gewesen war, sich dem Zugriff der Polizei zu entziehen.

      „Okay, widmen wir uns wieder dem eigentlichen Geschäft“, sagte Gerling grinsend. Er schien die Lust verloren zu haben, den schwitzenden Intendanten weiter zu quälen und begann stattdessen, völlig geschäftsmäßig die Konditionen zu benennen, unter denen Wühlmann bereit war, nach Bad Espefeld zu kommen.

      Wiesenloh erschienen einige Forderungen ziemlich dreist. Schließlich war Wühlmann ja noch kein Star, sondern wollte erst einer werden. Um den Sprung zu schaffen, war er auf die Winnetou-Rolle in Bad Espefeld angewiesen. Für Wiesenloh würde sich der Deal erst in der neuen Saison ausbezahlen.

      Vorsichtig deutete der Intendant an, dass ihm die Gagenvorstellung zu hoch war. Zumal Wühlmann selbst vor kurzem noch mit anderen Modalitäten einverstanden schien. Gerling schwieg und setzte eine Pokermiene auf. Nun richtete sich Wiesenloh in seinem Chefsessel etwas auf und hörte sich selbst, zu seinem eigenen Erstaunen, mit seiner gewohnten festen Stimme eine bedeutend niedrigere Summe nennen.

      „Legen Sie noch Fünftausend für Umzugskosten drauf, und Sie haben meinen Mann.“

      Wiesenloh überlegte, ob er über diesen Punkt verhandeln sollte, doch er war froh, dass der Manager den Bogen offensichtlich doch nicht überspannen wollte. Die Umzugskosten konnte er später im Kuratorium sicher besser verkaufen als eine höhere Gage. An Gage sollte Wühlmann in dieser

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