Indianertod. Rainer Buck

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Indianertod - Rainer Buck

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schien Branco Ilic zum Verhängnis geworden.

      Manuel schrieb in seinem Bericht zwar, dass die Ermittlungen noch nicht abgeschlossen seien und man weiterhin nur von einem dringenden Tatverdacht sprechen dürfe, doch andere Blätter hatten sich schon festgelegt: „Liebe zu Ribanna besiegelt Winnetous Tod!“, hieß es im größten Boulevardblatt. „In diesem Haus wohnte der Winnetou-Mörder“, war eine weitere Story betitelt.

      Manuel, der das Blatt hin und wieder aus beruflichem Interesse heraus kaufte, seufzte kopfschüttelnd, als er die Geschichte las, während er vor einem Café in der Fußgängerzone der beschaulichen Bad Espefelder Innenstadt saß und einen Milchkaffee trank. Dann fiel sein Blick auf eine weitere Meldung in Sachen Karl-May-Spiele. Dieser Artikel wirkte auf ihn elektrisierend. Er zog sein Handy aus der Tasche und telefonierte mit Lisa. Die nächsten Minuten wartete er ungeduldig auf einen Rückruf. Es folgte ein kurzes, eindringliches Gespräch mit Jana Felden, ehe er Robert Falkes Nummer eingab. Wenig später ging er vom Marktplatz die wenigen Schritte hinüber zur Amalienkirche, wo ihn Robert abholen sollte.

      Bald darauf brausten sie in Roberts Wagen über die Bundesstraße durch die hügelige holsteinische Landschaft. Früher hatte Manuel immer angenommen, Norddeutschland sei eine einzige Ebene. Inzwischen war er ein Fan der Holsteinischen Schweiz. Die Landschaft rund um den Plöner See bot das Maß an Abwechslung, das er schätzte, wenn er gelegentlich zum Abreagieren angestauten Stresses mit dem Rennrad über die Landstraßen flog.

      Aus dem CD-Player schallte ein Gospelsong von Robert Falkes Lieblingssänger Johnny Cash, doch der Hauptkommissar a. D. schien kaum auf die Musik zu achten. Mehrfach bohrte er nach, welche Offenbarungen ihn denn erwarteten, doch Manuel beharrte darauf, dass Jana Felden es ihm selbst sagen müsse. Was sie nicht preisgeben wolle, dürfe er nicht weitererzählen.

      „Wohl ein Beichtgeheimnis“, knurrte der Ältere.

      „Yep“, erwiderte Manuel nur.

      „Aber über Lisa Felden können wir doch sprechen“, fuhr Robert nach kurzer Pause fort.

      Manuel drehte sich zu ihm um. „Was gibt es über sie zu sagen?“

      „Oh, ich meine nur. Sie ist eine nette junge Frau. Wäre sie nicht an den Rollstuhl gefesselt …“

      „Hätte sie in diesen Tagen vielleicht etwas ganz anderes zu tun, als sich jetzt um ihre Schwester zu kümmern“, erwiderte Manuel unwirsch.

      „Du magst sie?“, fragte Robert.

      Manuel holte tief Luft. Als Robert schon nicht mehr mit einer Antwort rechnete, wandte sich sein Beifahrer ihm zu und fixierte ihn mit seinen stahlblauen Augen. „Nach allem, was ich dir über mich anvertraut habe, wundert es mich, dass du annimmst, ich würde jetzt unbefangen über meine Gefühle für Lisa mit dir plaudern wollen.“

      „Heißt das, du hast Gefühle für sie?“

      „Robert, bitte lass uns das Thema wechseln.“

      „Du kennst meine Meinung.“

      „Ja, ich kenne sie. Aber vielleicht solltest du gerade deshalb nicht fortfahren, mich zu nerven.“

      „Schon gut, mein Freund. Entschuldige.“

      In Janas Wohnung erwartete Manuel eine Überraschung. Als ihn die Schauspielerin ins Wohnzimmer führte, kam Lisa an einem Rollator gehend ungelenk einige Schritte auf ihn zu. Zwar hatte er schon an dem Abend, als er sie im Wagen ihres Vaters heimgefahren hatte, den Eindruck gehabt, dass sie beim Umsteigen vom Rollstuhl ins Auto und zurück etwas Beinkraft einsetzen konnte, doch bisher hatte sie sich in seiner Gegenwart nur im Rollstuhl fortbewegt. Lisa deutete auf den leeren Rollstuhl und sagte: „Damit fühle ich mich beweglicher, aber es wäre einfach undankbar gegenüber Gott, das kleine Wunder nicht anzunehmen, dass ich mich wieder auf den Beinen halten kann.“ Schwerfällig wendete Lisa, ging mit kurzen Schritten hinüber zum Tisch und ließ sich behutsam in ihrem Rollstuhl nieder.

      Manuel und Robert nahmen nebeneinander auf der Couch Platz. Jana stellte ein Tablett mit Wasserkaraffe und Gläsern auf den Tisch. Dann wandte sie sich an Manuel:

      „Lisa wollte, dass ich mit deinem Freund spreche. Hast du ihn schon in die Sache eingeweiht?“

      Manuel schüttelte den Kopf. „Ich halte meine Versprechen. Aber jetzt, nachdem in der Zeitung steht, dass Wühlmann Ilic in der Rolle als Winnetou beerben wird, denke ich, dass wir offen über das reden sollten, was du mir anvertraut hast.“

      Jana sah Robert nachdenklich an, als wolle sie sich ein Bild von seiner Vertrauenswürdigkeit machen. Ihr Blick schien Robert nicht verlegen zu machen. Er wirkte, als wäre er noch im Polizeidienst und führe amtliche Ermittlungen.

      Nach einem Schluck Wasser begann Jana: „Es geht, wie gesagt, um Hannes Wühlmann, der demnächst für Branco in Bad Espefeld den Winnetou spielen soll. Ich könnte mir vorstellen, dass er etwas mit Brancos Tod zu tun hat.“

      „Sie wissen, man hat aufgrund Ihrer Hinweise diesen Peter Becker verhaftet. Der scheint die Tat gar nicht zu leugnen.“

      Jana nickte.

      „Meine Schwester war nie davon überzeugt, dass es Becker gewesen ist“, mischte sich nun Lisa ins Gespräch ein. „Sie machte nur eine Aussage zu seinen seltsamen Anrufen.“

      „Das war korrekt so“, entgegnete Robert. „Die richtigen Schlüsse zu ziehen, ist Sache der Polizei. Von Ihrem Verdacht gegen Wühlmann haben Sie den Kollegen nichts gesagt?“

      „Nein. Ich würde auch jetzt nicht damit zur Polizei gehen.“

      „Aber es ist genau das eingetreten, was du vermutet hattest, Jana“, schaltete sich Manuel ein. „Nach Ilics Tod ist der Weg frei für Hannes Wühlmann.“

      „Sie trauen Wühlmann die Verwicklung in einen Mord zu?“, fragte Robert nun weiter.

      „Ja.“ Janas Antwort kam wie aus der Pistole geschossen. „So deutlich hab ich das bisher noch niemandem gesagt, doch diesem Schwein traue ich alles zu.“ „Sie kennen ihn gut?“

      Jana schaute Manuel an und sagte mit einem sarkastischen Lächeln: „Du scheinst die Sache mit dem Beichtgeheimnis wirklich ernst zu nehmen, Padre Manuel. Dein Freund weiß also nicht einmal, dass ich mit Wühlmann früher mal liiert war.“

      „Unmittelbar, bevor Sie mit Branco Ilic zusammen waren?“, fragte Robert in seiner ruhigen Art weiter, die er sich bei der Kripo angeeignet hatte.

      „Wenn man so sagen kann, ja“, sagte Jana zögerlich. Nach kurzem Schweigen fuhr sie fort. „Das muss ja nun auch raus: Ich war mit Branco Ilic eigentlich nie zusammen.“

      Robert starrte Jana mit offenem Mund an.

      „Genauso hat Manuel reagiert, als ich es ihm erzählte“, stellte Jana fest. „Sie beide haben offensichtlich auch an das Märchen von Winnetou und Ribanna geglaubt, das Branco und mir angedichtet wurde. Wiesenloh fand es gut für die Publicity und hat es lanciert. Blöderweise ist Wühlmann nicht so romantisch veranlagt wie Sie und Manuel. Er hat sofort geahnt, dass meine Beziehung mit Branco nur eine Geschichte für die Presse war. Um ehrlich zu sein, hatte ich so eine Angst vor seiner Rachsucht, dass ich ihm selbst gesagt habe, zwischen mir und Branco liefe nichts. Dabei hatte ich seine Niedertracht nicht einkalkuliert. Ich ahnte nicht,

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