Tigersturz und Ringerbrücke. Frank Rudolph

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Tigersturz und Ringerbrücke - Frank Rudolph

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in jungen Jahren zu, nicht zuletzt auf Kampfsportler. Menschen wie Uehara

      Seikichi1 oder Max Schmeling2, um nur zwei zu nennen, zeigen aber, dass auch Kampfkünstler und Sportler bis ins höchste Alter in guter körperlicher (und geistiger) Verfassung bleiben können, einschließlich intakter Gelenke. Gesundheit ist keine Frage des Alters, jedenfalls keine ausschließliche.

      Das Training, das in diesem Buch beschrieben wird, ist grundsätzlich auf Nachhaltigkeit ausgelegt. Es stellt Übungen vor, die Sie bis ins hohe Alter ausführen und bei denen Sie zu jeder Zeit Fortschritte machen können. Hier liegt auch einer der gravierenden Unterschiede zwischen (Kampf-) Sport und Kampfkunst. Kampfsportler und Leistungssportler trainieren allzu häufig auf eine Weise, die zwar ihre Leistung für eine gewisse Zeit ins Extreme steigert, jedoch den Körper dabei verschleißt. Was nutzt es, einen Kampf- oder Leistungssport zu betreiben, ein paar Medaillen zu gewinnen und dafür mit 35 Jahren bereits zum alten Eisen gezählt zu werden, mit 40 an chronischen Knie- und Rückenbeschwerden zu leiden und mit 50 oder 60 Kandidat für ein künstliches Hüftgelenk zu sein? In der Kampfkunst bedeutet Alter nicht Stillstand und nicht Krankheit. Das gleiche gilt für Sport, der nicht auf kurzfristige Spitzenleistungen ausgerichtet ist. Solange der Mensch lebt und atmet, kann er sich entwickeln und verbessern, sowohl körperlich als auch geistig. Der griechische Philosoph Diogenes verglich das Leben mit einem Wettlauf und sagte: »Kurz bevor man das Ziel erreicht, wird man nicht langsamer, sondern erhöht seine Geschwindigkeit, bis zum Schluss.« Aus diesem Grund sah man die alten Meister auch bis ins hohe Alter trainieren, sei es in China, auf Okinawa oder in der westlichen Kultur. Sie konnten sich ständig verbessern, bis zu dem Moment, in dem sie ihre Augen schlossen und aufhörten zu atmen.

      Sie müssen ausbrechen aus steifen Trainingsmustern, wie sie in so vielen Kampfsport- und anderen Sportarten gelehrt werden. Das ist pures Gift für Sie als Individuum. Ein Mensch braucht freie Trainingsmethoden, die auf natürlichen Prinzipien und den Gegebenheiten der menschlichen Anatomie aufgebaut sind. Sie müssen lebhaft trainieren, bis ihr Körper ebenfalls lebhaft ist. Dies ist ein Grundprinzip der chinesischen Trainingslehre.

      Wir sagen hier klipp und klar: Ohne Anstrengung und ohne zu schwitzen erreicht man keine nützlichen Ergebnisse. Ihre körperliche Leistungsfähigkeit zu erhöhen geht nur über ein an Ihre persönlichen Fähigkeiten und Bedürfnisse angepasstes Übungsprogramm. Suchen Sie sich einige der in den folgenden Kapiteln vorgestellten Übungen heraus, die Sie bewältigen können und bauen Sie diese in Ihr tägliches Training ein. Einige Elemente werden vielleicht anfangs zu schwer sein. Setzen Sie sich realistische Ziele, dann wird dank der sich allmählich verbessernden körperlichen Verfassung und mit der nötigen Willensstärke fast alles möglich sein.

      Die Dauer des Trainings ist nicht entscheidend. Mehrere kleine Intervalle über den Tag verteilt sind für manche Menschen besser geeignet als große Blöcke. Wenn Sie verschiedene Übungen (zum Beispiel Dehnung oder Gleichgewichtstraining) in Ihren Tagesablauf integrieren, haben Sie bedeutend mehr davon, als wenn Sie nach der langen Büroarbeit zwei Stunden auf dem Hometrainer fahren oder ins Fitnessstudio gehen, um an Maschinen zu trainieren.

I. Dehnung

      Für die Chinesen galt die umfassenden Dehnung des Körpers stets als ein vorzügliches Element in den Kampfkünsten und als die erste Grundlage des körperlichen Trainings überhaupt. Die Dehnung ist ebenfalls eine der wichtigsten Behandlungsmethoden der chinesischen Medizin.3 Ein gründlich gedehnter Körper ist weniger anfällig für Krankheiten und Verletzungen. Hier erkennt man einen der wichtigsten Unterschiede zur westlichen Kampf- und Heilkunst. In vielen – wenn auch nicht in allen – westlichen Kampfkünsten dehnt man den Körper nur soweit, wie es als Grundlage für die Techniken notwendig ist. Fechter beispielsweise dehnen ihre Beine für den Ausfall, so dass die meisten von ihnen problemlos einen Spagat schaffen. In dieser Sichtweise liegt schon eines der großen Missverständnisse. Der Spagat – der freilich seine Berechtigung hat, wie wir noch sehen werden –, ist nicht gleichzusetzen mit einer guten Dehnung, da er passiv ausgeführt werden kann und den Körper kräftemäßig nicht sonderlich fordert. Ringer haben allgemein einen geschmeidigen Oberkörper, der für die Belange ihrer Kunst ausreichend flexibel ist. Aber die Dehnung in dieser Disziplin geht selten darüber hinaus. Die europäischen Fußfaustkampf-Schulen, wie das französische savate oder das deutsche Hand- und Fußboxen,4 lehren ein umfangreiches Repertoire an hohen Fußtritten (siehe Abbildungen 1 und 2). Die Geschmeidigkeit und die Kraft dieser Tritte nehmen hierbei durch das ständige Üben im Laufe der Zeit zu. Je eher man damit beginnt, desto gründlicher ist die Dehnung. Doch auch bei diesen Disziplinen ist die Dehnung selten Selbstzweck und bleibt innerhalb des notwendigen Maßes.

      Abb. 1: Hochtritt (Luerssen 1914).

      Abb. 2: Tritt gegen den Kopf (Happel 1896).

      Ähnliches könnte man über die meisten anderen westlichen Schulen sagen. Es gab zwar Lehrer, die ihre Schüler dazu anhielten, ihren Körper zusätzlich mittels turnerischen oder gymnastischen Elementen zu stärken, aber das war eine individuelle Vorgehensweise und sprach mehr für den jeweiligen Lehrer und weniger für die Lehre an sich.5

      Etwas anders verhält es sich bei den Kontorsionisten6 und auch bei den Ballerinen und Balletttänzern. Diese dehnen ihren Körper sehr einseitig und manchmal über das gesunde Maß hinaus. Das Balletttraining an sich stattet die Tänzer mit einer guten, flexiblen Kraft aus. Die trainierten Bewegungen wären sogar für einen Kampf tauglich. Die Körperschule erzieht die Künstler zu einer einheitlichen und koordinierten Bewegung, was sowohl dem Tanz als auch der allgemeinen Beweglichkeit zugute kommt. Die Dehnung ist nicht so effektiv wie die des alten wǔshù7 oder jene der frühen deutschen Turnbewegung; es werden nicht alle Möglichkeiten ausgeschöpft. Doch ist sie viel besser als die rudimentären Lockerungsversuche vieler Kampfsportarten. Der Nachteil tänzerischer Dehnung liegt in den vielen körperfeindlichen Bewegungen, für die sie genutzt wird, und die durch eben diese Dehnung erst möglich werden.8 Diese Techniken, die recht häufig die natürlichen Grenzen der Gelenke zu überwinden versuchen, kann der Körper nur eine Zeitlang kompensieren. Entwächst man der Jugend, kommt es fast immer zu chronischen Schäden. Deswegen ist Dehnung nicht gleich Dehnung. Ungesunde Bewegungen führen zur Zerstörung. In der chinesischen Dehnung achtet man darauf, den natürlichen Bewegungsumfang der Gelenke zu akzeptieren und ihm nicht zuwiderzuhandeln. Ziel ist die Gesundheit des Menschen. Ästhetik ist zweitrangig.

      Abb. 3

      Abb. 4

      Während man in den Kampfkünsten durch Technikschulung und Krafttraining ein Gegengewicht schafft, das den Organismus stärkt, wird bei den Tänzern Geschmeidigkeit bei gleichzeitiger Zierlichkeit gewünscht. Die klassische chinesische Dehnung wird immer parallel zur Kräftigung eingesetzt, so dass die beiden Elemente in der Waage bleiben. Eine reine

      Abb. 5

      Abbildungen 3 bis 5: Westliche Dehnungstechniken (Ravenstein 1868).

      Dehnung ohne die gleichzeitige Stärkung des Körpers, speziell der beanspruchten Glieder, wird früher oder später zu einer Schädigung des Organismus führen. Interessanterweise blieb selbst der Kleine Drache9 recht weit hinter

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