Tigersturz und Ringerbrücke. Frank Rudolph

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Tigersturz und Ringerbrücke - Frank Rudolph

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      Abb. 52

      Es gibt drei Arten des Spagates: Längsspagat (manchmal auch Damenspagat genannt – Abbildung 53), Seitspagat (auch Herrenspagat genannt – Abbildung 54) und Überspagat. Der Überspagat ist ein Seitspagat, bei dem die Beine weiter als 180 Grad gestreckt sind.

      Beim Spagat wird die Schwerkraft sehr gut genutzt, um eine erwärmende Dehnung zu erhalten. Der Längsspagat ist die gesündeste Version, weil er sich nach den Gegebenheiten der menschlichen Anatomie richtet. Mit den Gelenken und nicht gegen diese, lautet das Motto für ein gesundes Training. Der Seitspagat ist in jeder Form auf Dauer schädigend. Es gibt einige prominente Beispiele, die sich ihre Hüften mit falschem Training zerstört haben. Unter ihnen befinden sich die Kampfsportler und Schauspieler Chuck Norris und Bill Wallace (»Superfoot«). Wallace beherrschte diesen Spagat sehr gut und trainierte seine Beine ausdauernd. Er erreichte eine gute Flexibilität und auch eine gewisse Power. Den Preis, den er jedoch zahlen musste, sind zwei künstliche Hüftgelenke. Da wirkt sein Spitzname, der auf seiner Fähigkeit beruht, hohe Tritte mit extremer Wucht auszuführen, heute wie Hohn. Soweit sollte es auf keinen Fall kommen. In diesem Buch geht es um gesundes Training, das man bis ins Alter ohne Schäden durchführen kann.

      Der Längsspagat ist auch die natürlichste Form der drei Arten. Im Yàn Chí Gōng gibt es eine Bewegungsfolge, welche den Namen yànzi wā ní (燕子挖 泥) – die Schwalbe verbindet den Schlamm – trägt.15 Man achte auf die in Abbildung 55 dargestellte Körperhaltung, die von einer Schwalbe inspiriert wurde. Diese Übung hat eine pflegende Wirkung auf die menschliche Blase. Sie stärkt den Unterkörper aber auch allgemein und spannt die inneren Organe und das umgebende Gewebe, was langfristig kräftigend wirkt. Diese Art des Trainings hält den menschlichen Organismus außerdem bis ins hohe Alter geschmeidig. Der Längsspagat hat den Vorteil, dass er sich nach den Gegebenheiten der menschlichen Anatomie richtet. Will man die nützlichen Effekte nicht abschwächen, sollte man Spagat auf kaltem Untergrund vermeiden. Das gilt für beide Geschlechter, für Frauen jedoch in höherem Maße, da sie im Beckenbodenbereich empfindlicher als Männer sind.

      Abb. 53

      Abb. 54

      Abb. 55

Kraftausgabe nach der Dehnung

      Nachdem Sie Ihren Körper gedehnt haben, treten Sie in die Luft. Der Trainingsprozess verläuft nach dem gleichen Prinzip wie die Nahrungsaufnahme und die Verdauung. Das Dehnen entspricht dem Einnehmen der Mahlzeit, das anschließende Treten entspricht der Verdauung. Nur so kann eine optimale flexible und vor allem anwendbare Kraft antrainiert werden.

      Die chinesische Art des Tretens unterstützt die Dehnung hervorragend. Sie ist besonders gut für die Kräftigung des Fundamentes und der Wirbelsäule. Es geht auch darum, die weichen Bänder und Sehnen und eben die Kraft flexibel werden zu lassen. Die Tritte erfolgen explosiv und ansatzlos (Fotos 56 und 57).

      Abb. 56

      Abb. 57

      Empfehlenswert ist auch der geschwungenen Rückwärtstritt. Diese Technik ist vorzüglich geeignet zur Kraftausgabe. Sie fördert und erfordert Flexibilität und Standsicherheit. Diese Bewegung stammt aus dem klassischen quánfǎ (拳法). Heute bezeichnet man sie einfach als bǎituǐ (擺腿), »Beinschwingen«. Der traditionelle Name ist lóng wěi bǎituǐ (龍尾擺腿) – der schwingende Drachenschwanz (Fotos 58 bis 63).

      Abb. 58

      Abb. 59

      Abb. 60

      Abb. 61

      Abb. 62

      Abb. 63

      Diese Tretübungen sind eine Vorbereitungsübung für Flexibilität, Standfestigkeit und Schnelligkeit. Sind Sie noch jung, können Sie natürlich höher treten, weil Ihr Körper noch biegsamer ist. Sind Sie bereits älter, passen Sie die Tritthöhe Ihren Möglichkeiten an.

      Alles in allem reicht es, wenn Sie 10 Minuten fürs Dehnen und ca. 2 bis 5 Minuten für das Treten aufbringen. Machen Sie dazwischen kleine Pausen.

      Dies stellt eine sehr effektive Form der Lockerung, der Dehnung und der Kraftausgabe dar. Eine zwar einfache, aber dynamische Bewegungsfolge, die ein Beispiel dafür darstellt, wie dies im chinesischen Training praktiziert wird, haben wir in Form eines Internet-Links für Sie bereitgestellt:

       www.palisander-verlag.de/​videos

      (»Kraftausgabe – Drehen der Beine und Schleudern der Arme«)

      Die Übung ist besonders gut geeignet, um flexible Explosionskraft aus den Tiefen des menschlichen »Untergestells« zu entwickeln.

      Die Dehnung nach hinten (Abbildung 64), ist ebenfalls sehr empfehlenswert als Ausgleich zu den oben dargestellten Vorwärtsdehnungen.

      Abb. 64

      In vielen Schulen wird die Lockerung des Körpers nur nebenbei betrieben oder ganz vernachlässigt. Doch in China, in Indien und auf Okinawa wird dies keineswegs als nebensächliches Training verstanden. Es geht darum, den Körper in seiner Gesamtheit auf die kommenden Übungen vorzubereiten.

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