Götter sind auch nur Männer. Christiane Wagner

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Götter sind auch nur Männer - Christiane Wagner

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gerade ein paar ölige Oliven geangelt habe, spüre ich wie ein ungefähr 1,84 cm großer Schatten auf mich zukommt. Fragt sich noch, ob er es auf mich oder auf den griechischen Salat abgesehen hat, in dem ich mittlerweile nervös herumrühre. Ich hasse Schafskäse. Ich hasse es, ein verlorener Single auf dieser schlechten Party zu sein. Ich habe meine Miederhose zu Hause vergessen. Zu spät.

      Sein Aftershave hüllt mich völlig ein. Eine aufdringliche Art der Annäherung. Bestimmt Löwe, denke ich mir noch, und im selben Moment habe ich ein Gespräch an der Backe.

      Auch noch einer vom Film. Ein Schauspieler. Den kenne ich vom Fernsehen und muss so tun als sähe ich ihn jetzt zum ersten Mal. Die Serie, in der er eine Hauptrolle spielt, finde ich übertrieben schlecht.

      Aber er kann sich dadurch bestimmt einen halben Liter von diesem raumgreifenden Aftershave leisten, das jetzt wohl schon auf meinen getrockneten Tomaten klebt.

      Ich habe auch keinen Hunger mehr, wenn ich diesen wichtigen dünnen Kollegen so vor mir stehen sehe. Mein Gott, sieht der gut aus! Zwar sehe ich auch gut aus, aber der Glanz des Erfolges ist wahrscheinlich das reinste Aphrodisiakum.

      Er stellt sich als Axel vor, was ich natürlich schon längst weiß, fragt nach meinem Namen, den er noch nicht wissen kann, obwohl ich hoffe, dass diese Zeit noch kommen wird, in der er weiß, dass ich Hannah bin, Hannah Eichhorn. Das klingt nach Erfolg.

      Erwartungsgemäß will Axel wissen, woher ich das Geburtstagskind kenne. Rüdiger kenne ich noch als Regieassistenten. Das hätte er auch bleiben sollen, bis eine Chance in seine Nähe kommt.

      So nah, dass er sie auch packen kann. Aber nein, er wollte mutig sein, obwohl er gut zu tun hatte, in das berühmte kalte Wasser springen, und das blieb auch kalt. Ab und zu ein kleiner selbstfinanzierter Kurzfilmdreh, mit dem er bisher noch nicht für Furore gesorgt hat. Geschweige denn, dass er einen Preis bei einem Kurzfilmfestival gewonnen hätte.

      Seine Chancen standen noch schlechter als meine. Deshalb verstehe ich überhaupt nicht, dass er noch Lust hat zu feiern. Aber das Wunder klopft zum Glück an jede Tür.

      Ich habe ihn schon mehrfach zur Eröffnung einer Filmcatering-Firma zu überreden versucht.

      Mit den Kochkünsten hätte er ein volles Auftragsbuch. Wenn er schon nicht mit Heino Ferch drehen kann, dann könnte er ihn wenigstens ernähren. Auch ein intimer Prozess.

      Doch dafür ist scheinbar sein Stolz zu groß. Deshalb kann dieses brachliegende Potenzial nicht ausgeschöpft werden. Und das ist sein größtes.

      Jedenfalls sage ich Fernsehaxel, dass ich Rüdiger schon seit acht Jahren kenne, in guten und in schlechten Tagen. Heute ist ein Guter, denke ich. Jedenfalls für mich.

      Es gelingt mir, Fernsehaxel das Gefühl zu geben, ich würde ihn tatsächlich nicht kennen. Die Situation macht ihn langsam nervös, ich finde sie ist noch nicht genug ausgereizt. Jetzt verspüre ich Lust, seinen Bekanntheitsgrad offen infrage zu stellen. Ich mache ihn mit dem „König der Small-Talk-Sätze“ bekannt.

      „Und was machst du so beruflich?“, frage ich ihn, so lässig ich kann. Ich habe schon drei Gläser billigen Rotweins hinter mir und bin dementsprechend angriffslustig.

      Ein Versuch, meine selbst erlittenen Schmerzen wieder zurückzuzahlen. Diese Mittelklasse-Erfolgsschauspieler denken nämlich, jeder müsse sie kennen. Er scheint jedoch gar nicht über meine Frage überrascht zu sein und schaut mich mit festem Blick an.

      „Du, ich leite die Marketingabteilung bei Löwenbräu“, ist seine nicht weniger lässige Antwort. Ich bin sprachlos.

      „Häh?“, denke ich mir, Löwe sollte doch nur sein Sternzeichen sein, und ich will auf der Stelle tot umfallen, wenn das nicht der Typ ist, der den Kommissar in dieser schlechten Serie spielt. Abgesehen davon weiß ich, dass er mit Rüdiger befreundet ist.

      Ich bin außer mir, fühle mich in meiner kleinen Intrige gefangen. Konnte ich damit rechnen, dass er so souverän blufft?

      Die Lüge steht in seinen funkelnden Erfolgsaugen geschrieben. Mit seinem Grinsen auf den Lippen sagt er mir wortlos, dass er mein Spiel sofort durchschaut hat. Im nächsten Moment bin ich bereit zu sterben, denn ich sage ihm, dass es mir leidtut, und gerate plötzlich völlig durcheinander. Ich gestehe ihm, dass ich leider kein nicht fernsehe und ihn nicht kenne!

      Ich kann nicht glauben, dass ich das wirklich gesagt habe, mich selbst verraten – ein Eigentor. Axel schaut mich triumphierend an. Das halte ich nicht aus.

      Ich drücke ihm meinen mühselig zusammengesuchten Fressteller in die Hand, durchbreche diese Parfumwand, die mich immer noch in Gefangenschaft hält, und verschwinde erst einmal zum Nachdenken und Beruhigen auf die Toilette. Dabei lasse ich einen irritierten Axel zurück. Hoffentlich hasst er getrocknete Tomaten.

      So ein Blödmann und ich bin die dümmste Kuh, die es auf dieser Welt gibt – eigentlich hätten wir die besten Chancen, gut zusammenzupassen.

      Ich stapfe mit meinen viel zu spitzen Niedrigabsatzpumps, die sich sofort wie Waffen in die Richtung von Rüdigers Bad bewegen, davon. Der Alkohol beginnt mittlerweile noch mehr zu wirken.

      Auf dem Weg meines Rückzuges angele ich mir ein Gläschen Sekt aus der Küche, um mich dann als Verlierer im Bad einzukerkern. Schnell verriegele ich die Tür von Rüdigers Bad, den ich an diesem Abend zum ersten Mal nah bei mir spüre. Es riecht nach frisch gewaschener Wäsche. Die Luft liegt schwer und dampfig im Raum. Von draußen dringt sanft Musik durch die Tür. Mein Lieblingsstück aus vergangenen Tagen.

      Wovon sollen wir träumen. Frieda Gold.

      Auf der Suche nach Halt lehne ich mich an die kühlen Fliesen und trinke erst einmal zur Beruhigung einen Schluck Sekt. Ich schließe die Augen und wünsche mich an einen anderen Ort. Nach diesem peinlichen Zwischenfall würde ich am liebsten diese Party verlassen und nach Hause gehen.

      Es tat mir leid, dass ich so schlecht über Rüdiger dachte und dabei auch noch sein ganzes Büffet wegfraß.

      Mit meinem kleinen Schwips setze ich mich aufs Klo und leere den Rest des Glases auf Rüdigers vierzigsten Geburtstag, obwohl der erst morgen ist. Es ist ja auch, egal wie alt man als Regisseur ist.

      Jedenfalls könnte er mal wieder sein Bad streichen, Freizeit hat er schließlich genug. Als ich meinen Körper wieder in die Strumpfhose gezwängt habe, klopft es auch schon wieder an der Tür. Die Leute trinken immer zu viel auf Partys.

      Ich fühle mich bereit, diesen Rückzugs-Ort wieder zu verlassen, und habe nicht einmal mehr Lust, mein Make-up aufzufrischen. Das hätte auch gar keinen Sinn, denn mein Kopf ist immer noch knallrot, und der Alkohol trägt das Seine dazu bei.

      Ein wenig Wasser auf die Hände, und ich fühle mich wieder völlig reingewaschen. Noch einmal tief durchatmen, die Tür entriegeln … und vor der geöffneten Tür strahlt mir Axel entgegen. Fast so armselig, wie ich ihn aus dem Fernsehen kenne. Mit seinem heuchlerischen, völlig unnatürlichen Lächeln. Was für ein überschätztes Talent.

      „Hallo, Hannah, hab dich schon überall gesucht.“ Fernsehaxel will scheinbar mit mir anbändeln.

      „So groß ist die Wohnung von Rüdiger ja nicht, und nach dem Gespräch mit dir musste ich erst einmal aufs Klo.“

      Mein Kopf ist wieder oben, es steht 1:1, und ich versuche mich so uncharmant wie möglich an ihm vorbeizuzwängen.

      „Hey,

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