Fahr Far Away: Mit dem Fahrrad von Alaska bis Feuerland. Hans-Joachim Bittner
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Reinhold Messner meinte einmal: „Das Haben ist langweilig, die Herausforderung ist wichtig.“ Könnt Ihr das so unterstreichen?
Diese Aussage empfinden wir so als zu pauschal. Wir besitzen ein kleines Haus. Das schafft gewisse finanzielle Unabhängigkeiten und auch Freiheiten, weil wir in der Gestaltung keinem Vermieter und seinen möglichen Launen Rechenschaft schuldig sind. Das ist alles andere als langweilig. Wir sind auch froh, ein Auto zu besitzen, weil es ganz einfach bequem ist. Es geht also immer darum, ob ich den Besitz auch wirklich für meine Interessen nutzen kann und nicht darum, materialistische Gegenstände anzuhäufen. Das halten wir für eher überflüssig. Darum haben wir auch keine Sammel-Hobbys. Sich ein Ziel zu setzen und diese Herausforderung anzugehen, ist immer spannend. Wenn wir ein Ziel, unser Ziel erreichen, erfüllt uns das schon mit Stolz. Unsere ganze Reise war eine Herausforderung. Denn wir wussten nie, was alles auf uns zukommt: die schweren Andenpässe in Peru, die tropischen Temperaturen in Zentralamerika, die Winde von Patagonien. Bei der Ankunft in Ushuaia waren wir nicht nur stolz, sondern auch glücklich und erleichtert. Ständige Herausforderungen würden aber Stress bedeuten, das brauchen wir nicht jeden Tag.
Wie nennt Ihr Eure Art des Unterwegsseins?
Es ist wohl eine Art Reiseabenteuer … – ja, dieses Wort trifft es sicher am besten.
Arches Nationalpark, USA.
Ihr seht Euch als Abenteurer …
Wir lieben die Spannung und auch das Ungewisse auf unseren Reisen, suchen aber nicht die Gefahr, sondern versuchen, diese eher gering zu halten. 2002 waren wir mit dem Fahrrad in Indien unterwegs. Auf dem Weg nach Rajasthan zur pakistanischen Grenze machten wir kehrt, da hunderte von Militärfahrzeugen Richtung Grenze unterwegs waren und einige Militärs meinten, es gäbe Krieg mit dem Nachbarland. Natürlich beinhaltet die Durchführung einer solchen Reise auch eine gewisse Risikofreudigkeit. Oftmals sind es gerade die anstrengenden und riskanten Ereignisse, die einem später noch in Erinnerung bleiben – beispielsweise unsere Besteigung des 6.088 Meter hohen Huayna Potosi in Bolivien. Denn wir waren zuvor noch nie mit einer Gletscherausrüstung unterwegs. Oder 2001: Wir befanden uns mit den Fahrrädern in der Maasai-Steppe Tansanias. Dass es dort Löwen gibt, war uns allerdings nicht bewusst. Wir sind auch keinen begegnet.
Bekamt Ihr Tipps für eine mögliche Begegnung mit einem oder mehreren Löwen?
Immer in die Augen schauen und die Mittagsstunden zum Fahrradfahren nutzen – denn da schlafen sie.
Was erhofft Ihr Euch von Euren Abenteuern?
Das Ungewisse ist eigentlich das Spannendste: neue Eindrücke sammeln, Menschen und Natur kennenlernen. Großartige Landschaften faszinieren uns am meisten. In dieser Beziehung sind wir unglaublich neugierig. Dazu kommt, dass der gewöhnliche Tourist, der mit dem Bus organisiert reist, lediglich von einer Sehenswürdigkeit zur nächsten gekarrt wird. Wir erlebten auch die Regionen dazwischen, und die waren oft viel interessanter.
Wie erklärt Ihr Euch diese Faszination?
Unser langsames Reisen war womöglich der Grund für eine gewisse Spannung. Durch unsere Art der Fortbewegung auf zwei Rädern erlebten wir das Reisen nicht nur mit den Augen, sondern mit allen Sinnen – weil wir uns sozusagen in der Landschaft befanden und förmlich mit ihr verschmolzen. Das war alles andere als touristisch, und das empfanden wir schon als besonderes Privileg.
Naturerlebnis Chile: Frühling im November.
Würdet Ihr demnach Eure Art des Reisens, mit dem Fahrrad, als die genau richtige bezeichnen?
Für uns war es das bislang. Mit dem Rad erlebten wir die Natur viel unmittelbarer, hatten weit spontanere Begegnungen, auf natürlichere Art und Weise. Der Großteil war ungeplant, konnte auch gar nicht geplant werden. So viel konnte passieren, im positiven Sinn. Das empfanden wir als besonders wertvolle Erfahrungen. Wir wussten beispielsweise nie, wo wir als nächstes übernachten würden. Diese Frage stellte sich täglich neu und wirkte deshalb enorm spannend.
Wo war es während Eurer Tour besonders faszinierend?
Faszinierende Momente gab es natürlich reichlich: In erster Linie in den USA. Dieses Land, mit seinen abwechslungsreichen Nationalparks, mögen wir ganz einfach sehr. Toll war es auch ab Peru. Bolivien, Chile, eigentlich ganz Südamerika kam für uns recht spannend daher.
Inwiefern?
Die Andenstaaten mit ihren Hochländern, die einzigartigen Landschaften, das übte schon einen ganz besonderen Reiz auf uns aus. Peru mit seinen beeindruckenden Bergregionen samt atemberaubender Pässe, den großen Alpaka-Herden, dem einfachen Landleben und den bunten Märkten. Wir sahen über vier Wochen lang kaum einen Touristen. Das ist ursprünglich, ja abenteuerlich. Nordwest-Argentinien war grandios, mit der Ruta 40, der längsten Straße des Landes, meist in hervorragender Qualität, oft sehr einsam. Wir konnten überall wild zelten. Bolivien, die Lagunenrunde um den größten Salzsee der Erde, den Salar de Uyuni, der Lago de Colorado (rote Farbe), die Vulkane, die Flamingos und die bunten Berge mit der Wüste der sieben Farben. Einzigartig. Unvergessen bleiben uns die Wüstenzeltnächte am Lagerfeuer, der sternenklare Himmel darüber, die unglaublichen Ausblicke auf die schneebedeckte Andenkette. Chile mit seiner Carretera Austral: Eine 1.200 Kilometer lange, größtenteils nicht asphaltierte Straße durch urige Wälder, vorbei an Gletschern, Fjorden, Wasserfällen …
Welche Vorteile barg das Zelten vor allem für Euch?
Wenn das Wetter passte, gab es fast nichts Schöneres, als in der Wildnis zu sein, Essen über dem Feuer zu kochen, eine sternenklare Nacht zu erleben, im Hochland, in den Bergen, viel klarer als über tiefer gelegenen Städten. Das war besonders in den Wüsten beeindruckend, in vollkommener Stille. Wir dachten dann oft an das gestresste Europa. Wir lieben die Unabhängigkeit: Wir aßen, wann wir wollten, hatten unsere eigenen Schlafutensilien, ja, wenn man so will, unseren eigenen Dreck – nicht jenen anderer Leute.
Nach welchen Kriterien habt Ihr Eure Übernachtungsplätze ausgewählt?
Wenn wir unter freiem Himmel campierten, war Sicherheit für uns ein wichtiger Faktor. Wir achteten stets darauf, dass unser Zeltplatz – wenn möglich – nicht von der Straße einsehbar war, um die Gefahr eines Überfalls zu verringern. Außerdem war es natürlich von Vorteil, einen See, einen Fluss oder zumindest einen Bach in der Nähe zu haben – einfach der Hygiene wegen. Die Kleidung war vom Schweiß verklebt, wir wollten uns schon jeden Abend gut waschen können. Und natürlich benötigten wir auch gutes Wasser zum Kochen und Spülen.
Und wenn das nicht möglich war, beispielsweise in sehr trockenen Gebieten?
Dann versuchten wir, uns möglichst vorab mit reichlich Wasser zu versorgen. Es funktionierte schon auch mal, sich mit einer gut gefüllten Wasserflasche zu waschen. Übrigens: Ab einer Höhe von 3.000 Metern schwitzten wir nicht mehr.
Wie wichtig war Euch die Kleiderwäsche? So viel hattet Ihr schließlich auch in dieser Hinsicht nicht dabei.
Wir machten es halt so gut es ging.