Fahr Far Away: Mit dem Fahrrad von Alaska bis Feuerland. Hans-Joachim Bittner

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Fahr Far Away: Mit dem Fahrrad von Alaska bis Feuerland - Hans-Joachim Bittner

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13. April 2011 verabschiedeten sich Petra und Volker bei Schneetreiben und Temperaturen um die drei Grad von ihren Freunden, dem kleinen Häuschen in Bad Reichenhall und den vielen kleinen Annehmlichkeiten des Alltags. „Die ersten Tage waren reine Quälerei, und die 50 Kilogramm schweren Räder nicht leicht zu händeln. Jeder noch so kleine Hügel kostete uns unheimlich viel Kraft. Die Gelenke schmerzten, Petra hatte erhebliche Knieprobleme. Und ich habe mich gefragt, was wir hier überhaupt machen.“

      Die ersten drei Länder durchquerte das Rad-Duo überwiegend auf Flussradwegen: Saalach, Inn, Donau, Moldau, Elbe, Saale, Werra, Fulda, Lahn, Rhein. „Mit Freunden haben wir uns in Rammenau bei Dresden und in Fulda getroffen. So waren wir der Heimat immer noch nah.“

       Petras Kopf hält 120 Kilogramm stand

      Ein zweifelhaftes Vergnügen.

      Am 24. April schien die gerade erst begonnene Reise ein vorzeitiges und vor allem frühes Ende zu nehmen: Auf einem kleinen gewundenen Radweg an der Elbe rutschte Petra in einer Schlammpfütze mit dem Vorderrad weg, stürzte und kam unmittelbar vor Volker zum Liegen. Der konnte nicht mehr bremsen und rauschte mit voller Wucht über den Kopf seiner Frau. Der Helm fing glücklicherweise einen Großteil des Aufpralls ab – und so kam es bei Petra, einem Wunder gleich, lediglich zu ein paar Stauchungen, Prellungen und Hautabschürfungen. Schließlich donnerten rund 120 Kilogramm (Rad mit Gepäck und Volker) über ihren Kopf. Ein Ereignis, das schlimmste Folgen hätte nach sich ziehen können.

      Am 11. Mai erreichten die beiden nach 1.950 Kilometern Leutesdorf in der Nähe Neuwieds (Rheinland-Pfalz). „Bei Petras Eltern konnten wir erst mal pausieren, da der Arzt bei ihrem Knie eine Schleimbeutelentzündung diagnostiziert und Ruhe verordnet hatte. Das warme Bett nach zuvor permanent feuchten Zeltnächten – nasskalte Flusstäler und Nachttemperaturen bis zu minus vier Grad – haben wir sehr genossen.“

       Glück am Mount McKinley

      Alaska: Traumstraße zwischen Jasper und Banff.

      „Am 21. Mai sind wir dann nach Anchorage geflogen, am 23. Mai begann mit dem Radelstart in der größten Stadt Alaskas unser eigentliches Abenteuer.“ Doch statt sofort den Süden anzupeilen, bewegten sie sich zunächst in nordöstliche Richtung mit Ziel Denali-Nationalpark und Mount McKinley, 6.194 Meter hoch, Nordamerikas Berg-König. „Nur selten hat man klare Sicht auf sein Massiv – wir hatten fünf Tage lang Glück.“ Vom kleinen Ort Talkeetna (Bedeutung: „Ort, wo am Fluss Nahrung gelagert wird“/​Anm. d. Autors) schauten die zwei Reichenhaller auf die schneebedeckten Flanken und endlosen Gletscher über den Susitna River. Ein einmaliger Ausblick nur 100 Meter vom Zeltplatz entfernt. Temperaturen bis 27 Grad luden zum Baden in den Seen ein, was mangels Dusche doppelt gut tat. „Vor rund zwei Wochen war hier noch Winter und einige Flüsse trugen bis zu zwei Meter dickes Packeis. Wir genossen die Mitternachtssonne und konnten radeln, so lange wir wollten.“

       Volker als „Santa Claus“

      Mit der Ankunft in Kanada verließ die Brauns das Wetterglück: „Wir waren ständig Regenschauern ausgesetzt und kamen mit dem An- und Ausziehen kaum noch nach. Das Zelt wurde nicht mehr richtig trocken. Und so waren wir froh, nach 40 Zeltnächten am Stück in Nordamerika die Schweizer Bruno und Ursi kennenzulernen. Sie betreiben eine Gästefarm in Hazelton (British Columbia) und nahmen uns für eine Nacht auf. Während es draußen regnete, genossen wir bei gutem Essen und Wein ihre Gastfreundschaft und lauschten spannenden Geschichten von Bären, die versuchten, in die Vorratskammern der Häuser einzudringen.“ Bis hierhin hatten Petra und Volker 21 Bärenbegegnungen, allesamt am Straßenrand, in unmittelbarer Nähe zu ihren Rädern. „Würden wir durch die am Rad befestigten Glocken nicht so viel Lärm verursachen, wären es bestimmt noch viel mehr gewesen.“ Die Kanadier verliehen Volker bereits den Beinamen „Santa Claus“.

       Zur Sicherheit im Lieferwagen

      „In einem Café im Yukongebiet empfahl uns Besitzerin Irene wärmstens, in ihrem alten Lieferwagen zu übernachten, da ein Grizzly mit seinen Jungen ums Dorf schleiche.“ Zur eigenen Sicherheit der zahlreichen Camper wird dazu geraten, die Lebensmittel und Kosmetikartikel in Bärencontainern zu verstauen oder mit einem Seil an einem Baum hochzuziehen. Da die Schwarzbären gute Kletterer sind, eine meist sinnlose Aktion, da passende Bäume schwer zu finden sind. „Die Lebensmittel blieben so aber dennoch besser erhalten, da es unseren Essensbestand vor unseren nächtlichen Hungerattacken schützte.“

      Ungemütliche, aber sichere Schlafstatt auf der Ladefläche eines alten Lieferwagens.

      Essen und Trinken avancierte aufgrund der miserablen Versorgungslage, besonders in Kanada, ohnehin zum Dauerthema. Häufig musste das Rad-Tandem für Entfernungen von mehreren 100 Kilometern Proviant mitnehmen: „Wenn wir in den USA nach eineinhalb Stunden einen Supermarkt verließen, waren wir schwer bepackt.“

      Frühlingsbeginn in Alaska.

       1. Etappe: Dazwischen ist es oft viel interessanter

       Petra, Volker, Ihr brecht immer wieder mal fast alle Zelte daheim ab, um exakt jenes hundertfach in anderen Ländern – weit weg von daheim – auf- und wieder abzubauen. Dabei werft Ihr viele gewohnte Prinzipien unserer Gesellschaft einfach über den Haufen und werdet häufig als „verrückt“ bezeichnet. Seht Ihr Euch selbst auch ein wenig so?

      Als wir im April 2011 bei Schneetreiben gestartet sind, haben wir uns natürlich auch gefragt, ob wir wahnsinnig sind. Wir könnten schön in einem warmen Büro sitzen, unsere Arbeit tun und uns abends vor dem Fernseher ausstrecken. Stattdessen geben wir alle Annehmlichkeiten auf und starten ins Ungewisse. Verrücktsein – nicht nur ein wenig – ist wohl eine der Grundeigenschaften, um eine solche Reise durchzustehen.

      Ergebnisse einer gemütlichen Nacht in den Neuen Bundesländern: Gefrorene Unterhosen und eine rote Nase.

       Eure bislang längste Reise, 20 Monate, führte Euch nach Nord-, Mittel- und Südamerika. Warum gerade dorthin?

      Die USA lockten uns ganz einfach immer wieder magisch an. Ein weiterer Aspekt war die lange Strecke, die wir dort problemlos „durchfahren“, also bewältigen konnten. Auch das Durchqueren aller fünf Klimazonen mit sagenhaften Landschaften, kaum Leerlauf mit längeren Abschnitten unattraktiverer Gegenden – all das ergab letztlich den Ausschlag für unsere Entscheidung.

      In den Rocky Mountains, USA.

      

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