Die Jahrhundertlüge, die nur Insider kennen 2. Heiko Schrang

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Die Jahrhundertlüge, die nur Insider kennen 2 - Heiko Schrang

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weil Heinz Fassbender und sein Team bei Dreharbeiten angegriffen und erheblich verletzt worden waren. Es ging um den dubiosen Immobilienerwerb eines leitenden Mitarbeiters der LWB (‚Leipziger Wohnungs- und Baugesellschaft‘), für die auch Klockzin arbeitete.[65]

      Nach Ausstrahlung des Beitrages überließ Fassbender drei Ordner seines Recherchematerial dem Landeskriminalamt (LKA) Sachsen im Vertrauen, dass dieses seine Erkenntnisse weiterverfolgen würden. Dem war aber nicht so. Es erfolgte diesbezüglich keine Rückmeldung vom LKA Sachsen.[66] Mehr noch, einen Teil seiner Unterlagen, will dieses „verloren“ haben.

      Seine wichtigste Informantin war die Rechtspflegerin Barbara Beer vom Amtsgericht Leipzig. Im Sommer 1996 verabschiedete sich die 49-jährige von ihrem Mann, um zum Kegeln zu gehen. Vier Jahre später entdeckten Arbeiter in der Elsteraue, einem Wald bei Rassnitz, ein Skelett, welches später als die sterblichen Überreste Barbara Beers identifiziert werden konnte.

      Ende 2000 wurde Heinz Fassbender erneut interessantes Material aus Sachsen zugespielt. Bei diesem Insidertipp ging es diesmal um die Einschleusung von Kindern aus Tschechien, vorrangig nichtregistrierte Kinder aus Sinti- und Roma-Familien.

      Günther Bernhardt, ein Freund, begleitete ihn auf seinen Recherchen nach Tschechien. In einem ‚Knabenbordell‘ in Prag erhielten sie brisante Hinweise auf eine Kinderprostituierten-Szene und in diesem Zusammenhang auch auf das Haus ‚Jasmin‘ in Leipzig. Nach eigenen Angaben wurden Fassbender und sein Freund Bernhardt bei Pilsen in einen Hinterhalt gelockt. Sie wurden in einem abseits gelegenen Gebäude auf brutale Art und Weise über Stunden geschlagen, gequält und geradezu gefoltert.[67]

      Erst nachdem sämtliche Aufzeichnungen und Kameras zerstört waren, wurden die Männer freigelassen. Sie flohen über die Grenze nach Bayern, wo sie von der dortigen Polizei, verletzt und völlig traumatisiert, ins Krankenhaus eingeliefert wurden.

      Fünf Jahre später erhielt Fassbender erneut Hinweise auf Schleusungen von Kindern zum Zwecke der Prostitution, diesmal im Raum Görlitz. Brisant in diesem Zusammenhang erschien auch der Tipp eines Informanten, dass angeblich ein leitender Staatsanwalt in Bautzen eine starke und gewiss ungesetzliche Vorliebe für Kinder haben sollte.[68]

      Fassbender bot diesmal das brisante Thema einem Freund, Peter Hornstadt, an und half diesem bei einem Exposé sowie der Vorfinanzierung durch einen interessierten TV-Produzenten. [69]

      Günther Bernhardt unterstützte Hornstadt bei seinen Recherchen in Polen, da er dort über zahlreiche Kontakte verfügt. Am 19. August 2005 fand er Peter Hornstadt an einem vereinbarten Treffpunkt in der Nähe von Weißwasser bis zur Bewusstlosigkeit zusammengeschlagen, schwer verletzt und völlig verstört auf.

      Man sollte davon ausgehen, dass in diesem Fall durch das LKA Ermittlungen eingeleitet worden wären, um die Täter ausfindig zu machen. Jedoch das Gegenteil ist passiert, denn das LKA Sachsen ermittelte, geleitet durch die Staatsanwaltschaft Görlitz (Staatsanwalt Sebastian Matthieu), gegen Herrn Hornstadt wegen vermeintlichen Versicherungsbetruges und gegen die Herren Fassbender und Bernhardt wegen Beihilfe dazu.

      Als Fassbender die Staatsanwaltschaft Görlitz, die 2005/2006 von Staatsanwalt Norbert Röger geleitet wurde, darauf hinwies, dass doch eigentlich gegen den Bautzener Staatsanwalt, den er längst namhaft gemacht hatte, ermittelt werden müsste, wurde er als ‚Trittbrett-Fahrer‘ abgetan.[70]

      Andere investigative Journalisten, die den Skandal aufzuklären versuchten, wurden drangsaliert und gerichtlich verfolgt. Nachdem Heinz Fassbender überfallen, gefoltert und lebensgefährlich verletzt worden war, ist er nun Frührentner.

      Anderen erging es besser, denn das Verfahren gegen einen pädophilen Staatsanwalt brach zusammen und wurde eingestellt, da die Akte auf dem Postweg verschwand.[71]

      Dafür wurde gegen Fassbender wegen Verleumdung ermittelt. Peter Hornstadt, der die Recherche fortsetzte, ereilte das gleiche Schicksal. Überfallen, halb totgeschlagen und nur knapp gerettet, lebt er heute in Pflegestufe II. Auch in diesem Fall hilft die Justiz nicht. Ähnlich wie im Fall Fassbender wird ihm unterstellt, er habe sich selbst verstümmeln lassen, um an die Rente zu gelangen. Daraufhin musste er vor Gericht mühsam um seine Rente kämpfen.

      Am Ende standen diverse Ermittlungsverfahren gegen 20 Journalisten, die mit dem Fall „Sachsensumpf“ befasst waren.[72]

      Eine bemerkenswerte ‚Justizpolitik‘ erfuhren auch die deutschen Journalisten Arndt Ginzel und Thomas Datt, die für den ‚Spiegel‘ und den Mitteldeutschen Rundfunk (MDR) recherchiert hatten. [73]

      Die freien Journalisten veröffentlichten ihre Ergebnisse, am 20.01.2012 in der ‚Jungen Gemeinde Stadtmitte‘, in Jena, mit der Überschrift: „‘Sachsensumpf‘ – ein Geflecht aus Korruption und Rotlicht“. Auch auf ‚Zeit Online‘ wurde das Material veröffentlicht. Sie traf ein ähnliches Schicksal, wie allen andern auch, die über die Machenschaften berichteten. Es wurde Anklage gegen sie erhoben, wegen Verleumdung und übler Nachrede.

      Sie waren aber nicht die einzigen, die Bescheid wussten, es gab noch einen anderen: den Verfassungsschutz.

      DER VERFASSUNGSSCHUTZ IST IM BILDE

      Ab November 2004 war Thomas de Maizière Innenminister in Sachsen und verantwortlich für den dortigen Verfassungsschutz. Dieser beobachtete auch im Freistaat die organisierte Kriminalität. Darüber hinaus gewann er Erkenntnisse zum Rotlichtmilieu, zur Verstrickung von Justiz und Kriminellen sowie zu Menschenhandel und Kindesmissbrauch. Thomas de Maizière selbst hat die Tätigkeit des Verfassungsschutzes überprüfen lassen, mit dem Ergebnis: Die vom Verfassungsschutz mitgeteilten Beobachtungen waren schwerwiegend. Richter und Staatsanwälte standen unter dem Verdacht, mit Kriminellen aus dem Rotlichtmilieu unter einer Decke zu stecken und selbst Kinder zu missbrauchen sowie Ermittlungen und Gerichtsverfahren zu beeinflussen. [74]

      2007 gelangten dann brisante Details an die Öffentlichkeit. Es ging um ein geheimes Aktenkonvolut von 15.600 Seiten, gesammelt und angelegt vom Referat ‚Organisierte Kriminalität‘ (OK) des sächsischen Landesamtes für Verfassungsschutz.[75] Von 2003 bis 2006, wollte Simone Skroch, damals Henneck, selbst Chefin im Referat OK beim Landesamt für Verfassungsschutz, Licht ins Dunkel der möglichen Verbindung von Organisierter Kriminalität und Amtsträgern bringen. Im Mai 2007 wurden erstmals Auszüge veröffentlich, woraufhin die Medien die Affäre als ‚Sachsensumpf‘ bezeichneten.

      Trotz erdrückender Beweislage stufte die Regierung des Freistaats die Unterlagen als „Klamauk“ ein, als Hirngespinst einer „durchgeknallten Staatsanwältin“. Sogar Regierungschef Georg Milbradt, CDU, zweifelte 2007 die Vorwürfe gegen Staatsbedienstete an, obwohl die Ermittlungen gerade erst neu begannen.[76]

      Simone Henneck habe ein Gebräu aus Gerüchten und Halbwahrheiten aufgebauscht, um sich wichtig zu machen, erklärten Innenministerium und der neu eingesetzte Verfassungsschutzchef. Am 3. Juli 2007, zwei Monate nach den ersten Schlagzeilen über den ‚Sachsensumpf‘, wurde Simone Henneck von Rettungssanitätern aus dem Landesamt getragen, die Diagnose: Nervenzusammenbruch. Noch auf der Trage, kaum bei Sinnen, erfuhr sie vom herangeeilten Verfassungsschutzchef, dass man ein Disziplinarverfahren gegen sie einleiten werde. Insgesamt waren es später fünf Ermittlungsverfahren der Staatsanwaltschaft gegen sie.

      Diese Maßnahmen nannte Simone Henneck vor dem Untersuchungsausschuss eine Hexenjagd, und sprach von Mobbing und Psychoterror.

      Für

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