Katzmann und die Dämonen des Krieges. Uwe Schimunek

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Katzmann und die Dämonen des Krieges - Uwe Schimunek

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Wetter sollte weiter mild bleiben, gelegentlicher Regen. Heinz Eggebrecht überflog die Seite, blieb hängen an einer kurzen Meldung:

      Großhändler im Bureau erschossen

       Am Freitagmittag wurde der Unternehmer August Preßburg in seinem Bureau tot aufgefunden. Wie die Polizei mitteilte, ist der Inhaber des Großhandels Preßburg erschossen worden. Die Sekretärin habe den Leichnam nach der Mittagspause entdeckt. Vom Täter fehlt bislang jede Spur.

      Heinz Eggebrecht legte die Zeitung auf den Tisch. Er blies einen Rauchkringel zum offenen Fenster hinaus. Den Namen Preßburg hatte er schon mal gehört. Aber wo?

      Der letzte Schluck Mokka aus der Tasse half auch nicht. Nein, spontan fiel ihm nichts ein zu dem Namen. Das musste er in der Redaktion klären.

      Die Kartoffelsuppe dampfte im Kochtopf und roch nach Kindheit. Die zeitige Samstagsschicht steckte Liesbeth Weymann noch in den Knochen, und sie war hungrig. Im Betrieb galt der Achtstundentag. Die Arbeiter hatten sich das Mehr an Wochenende durch die frühe Schicht erkämpft, deshalb musste Familie Weymann schon um fünf Uhr aufstehen. Und heute auch noch mit Alptraum.

      Sie stellte Teller auf den viel zu großen Tisch. Früher hatte die Familie kaum in die Küche gepasst. Doch Albert und Karl, die beiden Brüder, waren im Krieg geblieben, und nun lebte die Familie zu dritt in der Wohnung. Liesbeth Weymann hatte ihr eigenes Zimmer, und drei Löffel reichten für das Weymann’sche Mittagsmahl.

      Käthe Weymann rührte mit einer Holzkelle im Topf. Sie hatte sich in den letzten Jahren so sehr verändert, dass Lisbeth Weymann angst und bange wurde. Mama sah aus wie eine alte Frau: lief gebeugt wie eine Oma, die Haare ergraut, tiefe Falten auf Stirn und Wangen.

      Ludwig Weymann trat in die Essküche. Auch bei ihm hatten sich graue Strähnen an die Schläfen gemogelt. Doch der Vater strotzte vor Kraft, schien zu blühen. Er schlang den Arm um die Taille seiner Frau, gab ihr einen flüchtigen Kuss auf den Schopf, beugte seine Nase über den Topf. «Hm, wie das riecht …»

      Käthe Weymann kicherte. Sie wuchtete mit einer Drehung aus der Hüfte den Topf auf den Esstisch. Durch ihr Lächeln wirkte sie gleich um Jahre jünger, fand Liesbeth Weymann. Das freute sie, auch wenn die Zärtlichkeiten ihrer Eltern ihr unangenehm waren - sie kam sich dabei immer so vor, als würde sie im Schlafzimmerschrank der Eltern durchs Schlüsselloch linsen.

      Die Mutter verteilte die Suppe und faltete die Hände zum Gebet, der Vater verdrehte die Augen. Liesbeth Weymann senkte den Blick, bevor Vater sie ansehen konnte. Das Ritual vorm gemeinsamen Essen.

      Frau Weymann seufzte leise.

      «Nun aber Mahlzeit!» Ludwig Weymann hielt den Löffel aufrecht in der Hand.

      Liesbeth Weymann murmelte: «Guten Appetit!» Sie begannen zu essen. Die Suppe war cremig. Seit Liesbeth und der Vater Geld nach Hause brachten, konnte Mama mehr Kartoffeln in die Suppe schnippeln. Da war schon wieder der Gedanke an das Bureau. An Preßburgs Leiche …

      «Wo hat der Bastard eigentlich das Loch im Kopf gehabt?» Der Vater schien auch nicht von dem Mord loszukommen.

      «So spricht man nicht über Tote!», mahnte Mama.

      «Vom Sterben wird so einer auch nicht besser», brummte Ludwig Weymann, aß einen Löffel Suppe und blickte zu seiner Tochter.

      Ach ja, die Frage nach dem Loch im Kopf. «Mitten auf der Stirn.» Auch Liesbeth Weymann aß etwas von der Suppe. Sie zögerte. «Und Herr Preßburg war immer nett zu mir. Urteile nicht zu hart über ihn, Vati!» Sie hoffte, dass der Kosename seinen Zorn milderte.

      «Lieschen, er zahlt Hungerlöhne, und beim kleinsten Fehler gibt es noch Abzüge. Die Überstunden werden auch nicht bezahlt. Er ist ein Ausbeuter!»

      «Aber Ludwig, er ist doch tot. Lass ihn ruhen!»

      «Außerdem war er ein rechter Hund. Wenn es deinen Gott gibt, schmort er in der Hölle.»

      «Nun ist aber gut, Ludwig! Wenn du schimpfen willst, such dir einen lebendigen Gegner!» Die Mutter legte den Löffel neben den Teller.

      Liesbeth Weymann überlegte, wie sie die Situation entspannen konnte. Vater und seine Politik, da schaltete er auf stur. Dabei war Herr Preßburg seinen Verkäufern ein guter Chef gewesen: immer für sie zu sprechen, stets einen guten Hinweis parat. Aber das würde ihr Vater niemals gelten lassen - für ihn war er schlicht ein Ausbeuter, ein rechter Hund …

      Und Mama? Die kochte schon fast über vor Ärger. Liesbeth Weymann musste das Thema wechseln …

      «Ich gehe morgen übrigens ins Lichtspielhaus.»

      Mama schaute sie an, Liesbeth kam sich vor, als habe sie eine exotische Fremdsprache benutzt, Chinesisch vielleicht. Aber immerhin, es schien zu wirken: Mama schüttelte nur den Kopf und aß weiter. Dabei bewegten sich ihre Wangenknochen, als müssten sie Kieselsteine zermahlen. «Das ist doch nichts für Mädchen.» Und mit einem Blick zum Vater: «Sag doch auch mal was, Ludwig!»

      «Ach Käthchen, das Kind ist doch erwachsen.» Der Vater brummte die Worte, ohne aufzuschauen.

      «Aber man hört so schreckliche Sachen über diese Filme … «

      «Du musst nicht immer alles glauben, was so getratscht wird. Unsere Tochter weiß schon, wo sie hingeht.»

      «Wir sind immer noch ihre Eltern!»

      Am liebsten hätte Liesbeth Weymann laut protestiert. Konnten ihre Eltern nicht mit ihr reden? Sie saß doch hier am Tisch. Der Vater musste ihren Ärger bemerkt haben - er schaute sie an, als hätte er zu ihrem Geburtstag die Blumen vergessen. Dann blickte er zu seiner Frau. Die schüttelte immer noch den Kopf.

      «Lieschen, mit wem gehst du denn?»

      «Mit Frieda. Wir treffen uns auf dem Markt, und dann spazieren wir zum Colosseum auf dem Roßplatz.»

      «Das klingt nach einem schönen Sonntag. Das sollten wir auch mal machen, Käthe.»

      «Ach Ludwig.» Käthe Weymann kicherte wieder. «Das überlass mal den jungen Leuten.»

      «24.» Helmut Cramer lächelte in sich hinein, versteckte sein Grinsen ganz tief im Rachen. Nur keine Regung nach außen zeigen!

      Der Rauch seiner Zigarette stieg zur Decke, schimmerte wie ein dünner Streifen Seide, der die Fallrichtung verwechselt hatte. Das Kneipengemurmel gab ihm ein gutes Gefühl: Heimat, Sicherheit.

      Er hatte das Blatt gegeben, ein bisschen getrickst, wusste nun, dass der Eichel-Bube im Skat lag. Ede konnte nicht mitreizen. Und wenn sein Gegenüber, Hans oder Franz oder so, zu lange im Rennen blieb, würde er sich überreizen und verlieren. Stieg Hans/Franz aus, gingen die Trümpfe an ihn, den Schönen, den Gewinner. Der Alte würde gut zum grünen Buben auf seiner Hand passen. Genau wie das Grün-Ass, das auch im Skat wartete. Hier konnte nichts schiefgehen.

      Hans/Franz nickte, und dann ging alles ganz schnell.

      «30.»

      Nicken.

      «33.»

      Nicken.

      Das Grün ließ sich auch mit den beiden höchsten Buben nicht mehr spielen. Hans/Franz

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