Kykladen. Patrick Schollmeyer

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Kykladen - Patrick Schollmeyer

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will nicht dulden, dass du Zeichen des Glücks trägst,

       sondern ich will zuerst, laut klagend, meine grauen

       Haare mit Erde und Staub verunstalten, dann gefärbte

       Segel an dem schwankenden Mastbaum hissen, damit das

       dunkle Tuch den brennenden Schmerz meines Herzens anzeigt.

       Wenn die Athena, die dem Geschlecht und Haus des Erechtheus

       Schutz versprach, erlaubt, dass du deine Rechte mit dem

       Blut des Minotaurus besprengst, dann achte darauf, dass

       dieser Auftrag fest in deinem Herzen verankert

       bleibt und keine Zeit ihn auslöschen kann: Wenn deine

       Augen unsere Hügel erblicken, dann sollen die Masten

       von dem traurigen Kleid befreit werden und die gedrehten

       Taue weiße Segel hissen, damit ich sie so

       schnell wie möglich sehe und Grund zur Freude habe,

       wenn eine glückliche Zeit dich in die Heimat zurückbringt.“

       Theseus behielt bis jetzt diesen Auftrag in seinem Herzen.

       Jetzt entglitt er aber seinem Gedächtnis wie Wolken,

       die, vom Wind verjagt, des schneebedeckten Berges

       luftigen Gipfel verlassen. Der Vater spähte ängstlich

       von der Höhe der Burg. Die ständig fließenden Tränen

       hatten die Augen getrübt. Kaum sah er das rot gefärbte

       Segel, stürzte er sich hinab von der Höhe des Felsens.

       Glaubte er doch, ein gnadenloses Schicksal habe

       Theseus vernichtet. So also war das Haus befleckt vom

       Tod des Vaters, als der todesmutige Theseus

       es betrat. Wie er der Minostochter einst mit

       rücksichtslosem Herzen Leiden zugefügt hatte,

      so empfing er selbst nun Schmerzen. (64, VV. 207–248).

      Der Mythos von Aigeus als dem Herrscher, dem die Ägäis ihren Namen verdankt, verbindet Athen mit dem Meer, mit Kreta und Naxos. Mit dieser Erzählung konnten die Athener ihren Herrschaftsanspruch begründen, und in ihr spiegelt sich vielleicht das von den Mykenern herbeigeführte Ende der kretisch-minoischen Seeherrschaft.

      Aigeion, der gestürzte Riese – Symbol der Bedrohung

      Die Griechen kannten aber noch eine zweite Mythengestalt, deren Name auf das Meer verweist. Aigeion nannten die Menschen das hundertarmige Wesen, das bei den Göttern Briareos hieß (Homer, Ilias, 1, VV. 403 / 4). Von ihm erzählt Hesiod, der im 7. Jh. v. Chr. ein Werk über die Entstehung der Götter mit dem Titel „Theogonia“ verfasste. Nachdem die Erdgöttin Gaia und der Himmelsgott Uranos aus dem Chaos entstanden waren, brachten sie die Titanen, deren jüngster Kronos war, und die Kyklopen hervor, die in der Mitte der Stirn ihr einziges Auge trugen. Weiter fährt er fort:

       Aber noch andere waren von der Erde und dem

       Himmel entsprossen. Drei Söhne, Riesen, unnennbaren Namens:

       Kottos, Briareos und auch Gyges, Kinder voll Hochmut.

       Hundert Arme streckten sich aus ihren Schultern vorwärts,

       klotzig und ungefüge, und fünfzig Köpfe entsprossen

       jedem aus seinen Schultern, die auf starken Gliedern

       ruhten. Grausig waren ihr Wuchs und ihre Kräfte.

       Diese waren von allen, die dem Uranos und der

       Gaia entsprossen, die schrecklichsten Kinder. Sie waren von Anfang

       an dem Vater verhasst. Sobald sie geboren wurden,

       hinderte er sie daran, ans Licht zu gelangen, und barg sie

       tief im Schoß der Erde, Uranos. An seinem Frevel

      hatte er seine Freude. (VV. 147–159).

      Das Chaos, am Anfang die Abwesenheit der Ordnung und dann ihre stete Bedrohung, wurde durch die Herrschaft des Uranos überwunden. Doch diese Herrschaft währte nicht ewig. Kronos, der Sohn, stürzte den Vater, indem er ihn kastrierte. Die Kastration ist die mythische Figur des Vatermordes. Durch diesen Frevel ging die Herrschaft vom Vater auf den Sohn über. Aber auch die Herrschaft des Kronos währte nicht ewig. Seine Kinder, Zeus und seine Geschwister, erhoben sich gegen ihn, stürzten ihn und warfen ihn sowie die anderen Titanen in den Tartaros, in dem sie, da sie unsterblich waren, gemeinsam mit den Hundertarmigen und den Kyklopen weiter existierten.

       Der früher groß war, Uranos,

       der gewaltige, alles besiegende Herrscher

       am Anfang der Welt –

       keiner spricht mehr von ihm. Er war.

       Der nach ihm kam und ihn bezwang, Kronos,

       der Krummes Sinnende,

       auch er fand seinen Bezwinger

       und ist nicht mehr.

       Wer aber an Zeus denkt, den Sieger,

       der gewinnt Einsicht, Verständnis des Ganzen.

       Er brachte die Menschen auf den Weg zum Denken,

       zum richtigen Denken.

      

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