Kykladen. Patrick Schollmeyer
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all den verschiedenen Winden Wirbel entstehen und hüllte
Meer und Land in Wolken. Vom Himmel breitete sich die
Nacht aus. Zusammen stürzten die Winde aus dem Osten,
aus dem Westen herab, der widrige Südwind und der
aus dem heiteren Äther geborene Nordwind (Boreas), und sie
wühlten das Meer auf. Odysseus wurden die Knie schwach,
und sein Mut sank, bekümmert sprach er zu seinem stolzen Herzen:
„Ach, ich Armer, was soll denn am Ende aus mir noch werden?
Welche Wolken hat Zeus gesammelt, den weiten Himmel
zu umgeben! Er erregte das Meer, aus vielen
Winden entstandene Wirbelstürme drängen heran, ich
werde jetzt dem jähen Verderben nicht mehr entgehen. …“
Kaum hatte er gesprochen, da drängte eine große
Woge furchtbar gegen ihn an, sie traf ihn und warf das
Floß im Wirbel um. Er fiel in weiter Entfernung
von dem Floß ins Meer, und das Steuerruder entglitt den
Händen, ein starker Windstoß brach den Mastbaum mitten
durch, der Stoß war aus unterschiedlichen Winden entstanden.
Weit entfernt ins Meer fiel das Segel, fiel die Segelstange
der Wind stieß Odysseus unter Wasser.
Lange tauchte er nicht auf, so groß war die Kraft der
großen Woge. Ihn beschwerten die Kleider. Spät erst
tauchte er wieder auf und spie das bittere Wasser
aus, das ihm in reichlicher Menge vom Kopf herabfloss.
Trotzdem dachte er an das Floß, so erschöpft er war, er
schwamm ihm nach in den Wogen, ergriff es, setzte sich mitten
in das Floß. So entging er gerettet dem Schicksal des Todes.
Wogen trugen das Floß mit der Strömung bald hierhin, bald dorthin.
Wie im Herbst der Nordwind (Boreas) Disteln, die aneinander
haften, über die Ebene trägt, so trugen nun die
Winde das Floß bald hierhin, bald dorthin. Jetzt warf der Südwind
es dem Nordwind zu, es vor sich her zu treiben,
jetzt überließ es der Ostwind dem Westwind zur Verfolgung.
(5, VV. 291–332 mit Auslassungen).
Dank dem Rat, die Kleider auszuziehen, das Floß zu verlassen und schwimmend der Kraft der Arme zu vertrauen, wurde Odysseus durch göttlicher Hilfe gerettet. Wer im Ägäischen Meer von Insel zu Insel reist, tut gut daran, es mit Muße zu tun. Ab und zu müssen selbst die großen robusten Fähren im Hafen bleiben. So groß ist Macht der Windgötter.
Ein Selbstmörder gibt dem Meer seinen Namen
Bei der Fahrt über das Meer hat man ausreichend Zeit zum Nachdenken. Wir nutzen es, um uns Gedanken über seinen Namen zu machen. Die Ägäis ist ein Arm des Mittelmeers, der das griechische Festland und die kleinasiatische Küste voneinander trennt und zugleich miteinander verbindet. Im griechischen Mythos kommen zwei Figuren vor, die mit dem Meer in Verbindung gebracht werden.
Die bekannteste Gestalt ist Aigeus. In der 431 v. Chr. im Dionysostheater aufgeführten Tragödie „Medea“ des Euripides lernen wir ihn als einen weisen, hilfsbereiten, rechtlich denkenden Menschen kennen. Er galt auch als eine Erscheinungsform des Poseidon: Aigai war der Name eines mythischen Ortes, der mit dem Meeresgott in Verbindung gebracht wurde (Homer, Ilias, 13, VV. 21 / 22). Seinem Sohn Theseus werden wir auf Naxos begegnen. Auf Kreta besiegte er mit Hilfe der Königstochter Ariadne den Minotaurus, auf Naxos verließ er sie schließlich, was schlimme Folgen nach sich zog. Wir wenden uns dem Schluss der Erzählung zu, die wir dem Werk des römischen Lyrikers C. Valerius Catullus (ca. 84–54 v. Chr.) entnehmen:
Theseus nimmt von Naxos aus Kurs auf Athen.
Theseus, von dunklem Nebel verblendet, entfielen alle
Weisungen aus dem vergesslichen Herzen, die er bis dahin
standhaft im Gedächtnis bewahrt hatte, und so zeigte
er auch nicht, die glückverheißenden Segel hissend,
seinem bangen Vater, dass er wohlbehalten
heimkehre in die Stadt des Erechtheus. Denn – so erzählt man –
einst, als Aigeus den Sohn, der die Mauern Athens mit seiner
Flotte verließ, den Winden anvertraute, umarmte
er den jungen Mann und gab ihm folgenden Auftrag:
„Du, mein einziger Sohn, den ich bei weitem mehr noch
liebe als mein Leben, den ich jetzt in Gefahren
schicken muss, der du mir kürzlich erst in meinem
hohen Alter wiedergeschenkt worden bist, nun, da dich
gegen meinen Willen mein Geschick und deine
feurige Tapferkeit mir entreißen, obwohl die müden
Augen noch nicht gesättigt sind vom Anblick des lieben
Sohnes, wisse: Traurig lasse ich dich ziehen,