Kykladen. Patrick Schollmeyer

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Kykladen - Patrick Schollmeyer

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die Überfahrt zum ersten kykladischen Reiseziel anzutreten. Dabei sollte man die Warnungen so mancher Reiseführer nicht leichtfertig sprichwörtlich in den Wind schlagen. Denn zu Recht wird einem geraten, zu jeder Reisezeit einen Windschutz einzupacken. Besonders im Juli/August sind die von Norden wehenden Winde, der Meltemi oder die Etesien, besonders stark spürbar. „Meltemi“ ist ein türkisches Wort, das die Winde euphemistisch als „lind“ bezeichnet, Etesien nannten sie die Griechen (Herodot, 6, 140), weil sie Jahr für Jahr (etos heißt Jahr) mit zuverlässiger Regelmäßigkeit aufzutreten pflegten. Die Griechen wären nicht die Griechen, wenn sie den Wind nicht als Gott personifiziert, mit einem Namen versehen und mit einem Mythos ausgestattet hätten: Sie nannten ihn Boreas. In Athen ist er auf dem Fries des sogenannten „Turms der Winde“ aus dem 1. Jh. v. Chr., ein Bauwerk der römischen Agora, als ein geflügelter, bärtiger Mann abgebildet, der einen Mantel trägt und in eine Muschel bläst (Abb. 6). Der Mythos weiß von seiner Liebe zu Oreithyia, einer der Töchter des attischen Königs Erechtheus. Der römische Dichter Publius Ovidius Naso (43 v. Chr.–17 / 18 n. Chr.) erzählt die Geschichte in den „Metamorphosen“, den „Verwandlungsgeschichten“, obwohl in diesem Fall niemand seine Gestalt ändert:

       Lange entbehrte der Gott die geliebte Orithyia,

       während er um sie warb und lieber den Bitten als roher

       Kraft vertraute. Als er aber mit Schmeicheleien

       nichts erreichte, ergriff ihn heftiger Zorn – nach seiner

       Art und nach der Gewohnheit von Winden –, und er sagte:

       „Das geschieht mir recht! Denn warum habe ich auf meine

       Waffen verzichtet, auf die Grausamkeit, die Gewalt, den

       Zorn und die Drohung und habe mich auf das Bitten verlegt, das

       gar nicht zu mir passt. Gewalt ist meine Domäne.

       Mit Gewalt vertreibe ich die finsteren Wolken,

       wühle mit Gewalt das Meer auf, knorrige Eichen

       knicke ich, härte Schnee und schlage die Erde mit Hagel.

       Treffe ich am heiteren Himmel meine Brüder,

       das ist nämlich mein Schlachtfeld, dann strenge ich mich an und

       ringe mit ihnen so, dass von unseren Kämpfen ein Donner

       mitten durch den Äther dröhnt und Feuerstrahlen

       aus den hohlen Wolken herausgeschleudert werden.

       Steige ich hinab in die Tiefe der gewölbten

       Erdengänge und lege ungestüm den Rücken

       unter die untersten Höhlungen, scheuche ich die Toten

       auf und lasse den ganzen Erdkreis erzittern. Mit solcher

       Mühe hätte ich um die Ehe werben sollen.

       König Erechtheus hätte ich nicht um die Tochter bitten,

       sondern handelnd zum Schwiegervater machen sollen.“

       So oder ähnlich – aber gewiss nicht weniger trotzig –

       sprach der Windgott, spannte die Federn aus und schlug die

       Flügel; die ganze Erde spürte den Luftzug. Die weite

       Fläche des Meeres wogte, und hoch über alle Gipfel

       zog er seinen staubigen Mantel und fegte mit ihm den

       Boden. Im Schutz der Finsternis traf und umarmte er liebend

       Orithyia mit seinen goldenen Flügeln. Sie war zu

       Tode erschrocken. Die Flammen seiner Liebe wurden

       durch die Bewegung immer stärker entfacht. Der Räuber

       hat seinen Flug durch die Lüfte erst dann beendet, als er

       bis zum thrakische Volk der Kikonen und bis zu ihrer

       Stadt gelangt war. Die attische Jungfrau wurde dort die

       Gattin des Herrschers und Mutter zweier Kinder, Söhne,

       Zwillinge, die vom Vater die Flügel geerbt hatten und der

      Mutter Orithyia in allem anderen glichen (6, VV. 683–714).

      Am Ende hat der wilde Gott sein Ziel erreicht und die Windsbraut erobert. Das wird ihn beruhigt haben. Da aber, wie es heißt, heftiger Zorn zu seinem Wesen gehört, findet er immer wieder neue Gründe, sich zu erregen, über die Erde zu fegen, Staub aufzuwirbeln und das Meer wogen zu lassen. Zum Glück weht er nicht immer so heftig wie in dieser Geschichte, aber er fackelt nicht lange. Er nimmt sich nicht die Zeit, sich anzukündigen, er ist ganz plötzlich da. Athen, der Startort unserer Reise, und er haben schließlich eine besondere, geradezu verwandtschaftliche Beziehung.

      Mit Sturmgebraus übers Meer – Von Seenot und Schiffbrüchen

      Es liegt uns fern, den interessierten Reisenden, die sich anschicken die Kykladen zu erkunden, Angst zu machen, wenn wir – sozusagen zur literarischen Einstimmung auf die anstehende Fährfahrt – zusätzlich von einem gewaltigen Seesturm sowie einem veritablen Schiffbruch berichten. Wir tun es, um unsere Leserinnen und Leser mit der ältesten und sehr eindrucksvollen Schilderung eines derartigen Ereignisses bekannt zu machen. Sie steht in Homers Odyssee (ca. 700 v. Chr.). Es mag zur Beruhigung beitragen, dass Odysseus, bevor der Sturm losbricht, 17 Tage bei ruhiger See unterwegs war und dass die Geschichte gut ausgeht: Odysseus wird gerettet. Und schließlich durchqueren wir das Meer auch nicht mehr auf Flößen.

      Odysseus hatte viele angenehme und entspannte Jahre bei der schönen Nymphe Kalypso verbracht. Als er endlich nach Hause strebt, stellt sich ihm Poseidon, der Gott des Meeres, in den Weg: Ein Sturm soll ihm die Heimkehr, wenn nicht verwehren, so doch erschweren. Es ist nicht das einzige Unwetter, in das der Held auf seiner Irrfahrt gerät, zudem ist er auf einem Floß unterwegs.

       Da ergriff der Gott mit den Händen den Dreizack, führte

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