Karl Polanyi. Группа авторов

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großen Siegen (gegen den Faschismus und beim Aufbau der Völkerverständigung) und schrittweisen Erfolgen (den vielen kleinen Gesetzesänderungen, geänderten Routinen und kulturellen Selbstverständlichkeiten wie der voranschreitenden Gleichstellung der Geschlechter, der breiten Akzeptanz von Homosexualität, der wachsenden Sensibilisierung für die Belange von Menschen mit Beeinträchtigung) können wir Kraft schöpfen für die Auseinandersetzung mit erstarkenden rechtspopulistischen und autoritären Kräften. Es kann auch wieder anders werden: „[M]ehr Freiheit für alle zu schaffen“ (Polanyi 2015, S. 344) ist möglich. „Freiheit für alle“ bleibt der Horizont konkreter Utopien.

       Quellen

      Robert Boyer im letzten Teil, „Karl Polanyi – Wirtschaft als Teil des menschlichen Kulturschaffens“, des auf Arte gezeigten sechsteiligen Films von Ilan Ziv, „Der Kapitalismus“.

      Karl Polanyi (2015), The Great Transformation. Politische und ökonomische Ursprünge von Gesellschaften und Wirtschaftssystemen. Frankfurt am Main: Suhrkamp.

       „VIELE WEIDEN AUF POLANYIS WIESE“

       Das Werk Karl Polanyis in deutschsprachigen und angelsächsischen Medien der vergangenen fünf Jahre

       ARMIN THURNHER

      Viele Texte, nicht nur, aber auch in diesem Buch, legen den Gedanken nahe, die Finanzkrise 2008 habe das Werk Polanyis wieder in den Mittelpunkt des Interesses gerückt. Da ist was dran. Allerdings läuft die Sache im deutschen und im englischen Sprachraum einigermaßen verschieden. Während in England und in den USA die Linke eine Debatte über Polanyi führt und bedeutende Publikumszeitungen und -zeitschriften den Mann und sein Werk vorstellen, gibt es in deutschen und österreichischen Zeitungen durchaus eine Resonanz, aber die Zeitschriften schweigen fast gänzlich. So findet sich im Zeitraum der letzten fünf Jahre weder im Spiegel noch in Zeitschriften wie Profil, Weltwoche oder Brand eins auch nur eine einzige Erwähnung des Namens Karl Polanyi. In der Zeit gab es zwei Erwähnungen, aber keinen nennenswerten Beitrag zum Thema. Lediglich speziell auf Politik ausgerichtete Publikationen wie die Blätter für deutsche und internationale Politik brachten große Beiträge zu Polanyi oder durch Polanyi inspirierte Überlegungen. Mitunter stammten sie aus dem angelsächsischen Raum, etwa von Robert Reich oder Nancy Fraser; Letztere wird in diesem Buch ausführlich diskutiert.

      Polanyis Hauptwerk, „The Great Transformation“, erschien 1944; es dauerte 33 Jahre, bis es auf Deutsch herauskam. Außerhalb ökonomischer Fachkreise war der Name Polanyi kaum jemanden ein Begriff. Das immerhin hat sich gründlich geändert. Heute kann man ihn en passant als Hinweismarke verwenden, wie dies der Politologe Ulrich Brand vor kurzem in einem Falter-Interview tat. Wie weit muss Degrowth gehen?, lautete die Frage. Brands Antwort: „Mit Karl Polanyi gesprochen: Wir müssen die gesellschaftspolitische und intellektuelle Gegenbewegung gegen eine immer weiter selbstverständliche, ignorante Naturvernutzung und imperiale Lebensweise einleiten. Dann sind Lernprozesse möglich, die ich bei einigen meiner Studierenden schon sehe: Die wollen gar kein Auto mehr haben, einige sogar nicht mehr fliegen. Sie wollen einfach und gut leben. Das wäre der Horizont: Ein wachsender Teil der Gesellschaft will diese andere Lebensweise“ (Falter, 1.5.2018).

      2009 noch konnte die renommierte, bildungsbürgerliche Zeit schreiben, folge man dem „vergessenen Ökonom (sic) Karl Polanyi“, müsse man einsehen, dass „die Industriezivilisation sehr wohl zum Ruin des Menschen führen kann“ (16.7.). Nur noch einmal wird Polanyi wieder erwähnt, als Warner vor „Klimawandel, Wirtschafts- und Finanzkrisen“ (15.9.2011). Zu den wenigen Wochenzeitungen, die Polanyi nicht ausblenden, zählt die Wirtschaftswoche. „Man trifft in Hauptseminaren der Volkswirtschaft heute Studenten, die nicht Adam Smith und Friedrich August von Hayek gelesen haben. Die nicht wissen, wer François Quesnay oder Carl Menger waren. Wofür Albert O. Hirschman oder Karl Polanyi stehen“ (12.10.2018).

      Tageszeitungsleser hatten es besser. Die Neue Zürcher Zeitung hatte zwar sicher recht, wenn sie noch 2016 schrieb: „Schumpeter, Galbraith, Hayek und Friedman mögen ein vergleichbares Maß an öffentlicher Bekanntheit erlangt haben wie Keynes und Piketty. Bei Karl Polanyi, Tibor Scitovsky, Albert O. Hirschman und Peter L. Berger ist dies jedoch nicht der Fall“ (29.9.). Doch haben österreichische Qualitätsblätter überraschenderweise einiges zur Polanyi-Renaissance beigetragen. In der Presse vom 25.11.2016 stellte der Sozial- und Wirtschaftshistoriker Ernst Langthaler seinen ausführlichen Text über „The Great Transformation“ in einen aktuellen Kontext, den Aufstieg Donald Trumps zum Präsidenten der USA. „Was wie ein Kommentar zum Sieg Donald Trumps bei der US-Präsidentenwahl klingt, wurde sinngemäß vor mehr als 70 Jahren gedacht, gesagt und geschrieben. Karl Polanyi beantwortete 1944 in seinem Buch ‚The Great Transformation‘ eine der drängendsten Fragen jener Zeit: den Aufstieg des Faschismus, der – zusammen mit dem Kommunismus – dem 20. Jahrhundert den Stempel ‚Zeitalter der Extreme‘ (Eric Hobsbawm) aufgedrückt hat“, schreibt Langthaler, ohne jedoch Trump als Faschisten zu klassifizieren; er hält ihn für einen Nationalpopulisten, dessen Erfolg sich jedoch mit Polanyis Kategorie der Gegenbewegung erklären lasse (vgl. dazu S. 27 in diesem Buch).

      Auch im Standard wird Polanyi ab und an zitiert, etwa vom Kulturwissenschaftler Wolfgang Müller-Funk am 13.5.2016 in einem Plädoyer für eine europäische Politik, die ein „europäisches Weiterwursteln“ sein müsse. Denn „ihr Zusammenbruch würde jene politischen Kräfte demokratischer Selbstzerstörung freisetzen, die zu einer dramatischen Herausforderung für Europa geworden sind. Sie würde zu jener Regression und völligen Marginalisierung des Halbkontinents führen, die Karl Polanyi kurz vor Ende des Zweiten Weltkriegs beschrieben hat.“

      Auch über die Ehrung Kari Polanyi-Levitts durch eine Gedenktafel an ihrem ehemaligen Wiener Wohnhaus berichteten mehrere hiesige Blätter und gingen bei dieser Gelegenheit auch auf das Werk Karl Polanyis ein. Insgesamt bleibt die Rezeption in Österreich verhalten, wobei es immer wieder lobenswerte Ausnahmen gab: etwa ein großes Porträt Polanyis samt Interview mit Kari Polanyi-Levitt von Tanja Traxler anlässlich der Polanyi-Konferenz in Linz im Standard vom 18.1.2017. Oder diverse Berichte in der Wiener Zeitung, etwa ein Kommentar der Ökonomin Sigrid Stagl für „neue Spielregeln des Wirtschaftens im Anthropozän“ am 29.8.2017.

      Für deutsche und Schweizer Tageszeitungen kann man sagen, dass Polanyi je nach Ausrichtung des Blatts zu Ehren kommt oder mitunter auch hämische Kritik erfährt. Die konservative Neue Zürcher Zeitung bleibt erstaunlich neutral und zitiert Polanyi ab und an in großen Essays; so etwa verwenden die Raumplanungsexperten Robert Kaltenbrunner und Olaf Schnur ganz selbstverständlich mit Bezug auf Polanyi den Begriff „Kommodifizierung“ (26.4.2014).

      Die Süddeutsche Zeitung und die taz sympathisieren deutlich mit Polanyi. In der Süddeutschen vom 18.6.2018 rezensiert der Politologe Claus Leggewie die Werke von Gareth Dale und Robert Kuttner über Polanyi. Und der englische Literaturprofessor Jeremy Adler schreibt zum Thema Brexit: „Die zutreffende Diagnose stammt von Hayeks Gegenspieler Karl Polanyi. Der Wirtschaftshistoriker hielt den ‚freien Markt‘ für einen Mythos, weil er in Wahrheit auf zahllosen Gesetzen beruhe: ‚Das Laisser-faire war geplant.‘ Die einseitige Bevorzugung des Marktes unterminiere die Demokratie. Eine natürliche Ökonomie sei sozial eingebettet. Nach Polanyi zu urteilen, hat Hayek die Krankheit mit der Kur verwechselt. Der Faschismus entstamme ‚einer Marktwirtschaft, die nicht funktioniert‘“ (SZ vom 25.8.2018). Der Wirtschaftssoziologe Jens Beckert wiederum nennt „The Great Transformation“ als das für ihn wichtigste Buch (14.6.2016). Wenig überraschend wird Polanyi in der taz durchaus zustimmend zitiert, ja, als selbstverständliche Referenz vorausgesetzt (zum Beispiel beim Politologen Franz Walter am 6.4.2013).

      Am interessantesten ist die Polanyi-Rezeption in der konservativen Frankfurter

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