Drogen. Barbara Gegenhuber
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Aus diesem Grund gibt es für den Konsum aller psychoaktiven Substanzen gewisse Grundregeln, die zu beachten sind, damit dieser möglichst risikoarm ist. Dennoch ist die Vorstellung, dass man andere psychoaktive Substanzen als Alkohol nicht auch zum Genuss konsumieren kann, in einem von Alkohol geprägten Kulturkreis weit verbreitet. Dies liegt aber vor allem an Vorurteilen, Ängsten und ideologischen Überzeugungen. Die überwiegende Mehrheit der Wissenschaft ist sich beispielsweise einig, dass der gelegentliche Konsum von Cannabis für Erwachsene nicht gefährlicher ist als der von Alkohol, eher noch ist das Gegenteil der Fall. In der öffentlichen Wahrnehmung ist dies allerdings nicht so, wobei gerade bei Cannabis die Meinungen sehr vielfältig und überwiegend ideologisch geprägt sind.
Die Definition des unschädlichen Gebrauchs hängt also weniger mit der Art der Substanz zusammen als damit, welchen Umgang man mit ihr pflegt. Solange dieser in einem gewissen Rahmen und kontrollierbar ist, sind keine wesentlichen Folgeschäden zu erwarten. Beim Alkohol ist dieser Rahmen, ab wann eine gewisse Trinkmenge schädlich ist, definiert. Obwohl man das nicht nur am Ausmaß der konsumierten Menge festmachen kann, spricht man beim Alkohol von der sogenannten Harmlosigkeitsgrenze, bis zu der Alkoholkonsum als körperlich bedenkenlos eingestuft werden kann. Diese liegt laut dem österreichischen Bundesministerium für Gesundheit [16] bei Männern bei 24 Gramm reinem Alkohol pro Tag, bei Frauen bei 16 Gramm. Darunter kann man sich vermutlich wenig vorstellen, deswegen zur Veranschaulichung: Das „österreichische Standardglas Alkohol“ enthält zwanzig Gramm reinen Alkohol. Das sind 0,5 Liter Bier, ein viertel Liter Wein, zwei Glas Sekt oder drei kleine Schnäpse à zwei Zentiliter. Demnach sind für Männer ein wenig mehr als ein Standardglas pro Tag eher harmlos, für Frauen etwas weniger als ein Standardglas. Allerdings nur, wenn es auch mindestens zwei konsumfreie Tage pro Woche gibt.
Die Gefährdungsgrenze sollte keinesfalls überschritten werden, die läge bei Männern bei drei Krügel Bier pro Tag, bei Frauen bei zwei Krügel Bier oder zwei Viertel Wein. Bei über hundert Gramm (Männer) oder sechzig Gramm (Frauen) Reinalkohol pro Tag besteht laut WHO ein sehr hohes Risiko für akute Probleme und chronische Beschwerden [131]. Dazu noch eine kleine Bemerkung am Rande: International wird zumeist das angelsächsische Glas Alkohol verwendet, welches lediglich acht Gramm reinen Alkohol enthält. Weniger als die Hälfte des österreichischen Standardglases, auch das sagt etwas über die Trinkkultur in unserem Land aus.
Gesundheitsrisiko | Männer | Frauen |
Risikoarm Harmlosigkeitsgrenze | Bier: 0,6 Liter Wein: 0,3 Liter | Bier: 0,4 Liter Wein: 0,2 Liter |
Problematisch Gefährdungsgrenze | Bier: 1,5 LiterWein: 0,75 Liter | Bier: 1 LiterWein: 0,5 Liter |
Für andere psychoaktive Substanzen gibt es keine derartigen Klassifikationen nach konsumierten Mengen, was vielmehr mit der Kriminalisierung dieser Substanzen zu tun hat als mit der Schädlichkeit derselben. Ein Bundesministerium für Gesundheit kann schlecht die relative Unbedenklichkeit von zwei Joints pro Monat für gesunde Erwachsene offiziell attestieren, wenn die Substanz im Suchtmittelgesetz verboten ist.
Ein kontrollierter Gebrauch von Substanzen ist demnach weitgehend unbedenklich, bei manchen Substanzen hört man sogar immer wieder von dessen positiven Wirkungen bei gelegentlichem Konsum. Ein Glas Rotwein pro Tag soll Herz-Kreislauf-Erkrankungen vorbeugen und die Gefahr von Herzinfarkten oder Schlaganfällen verringern. Studienergebnisse dazu sind allerdings vielfältig und widersprechen sich zum Teil selbst. In manchen Untersuchungen wurde eine gesundheitsfördernde Wirkung von geringen Maßen Rotwein gefunden, in anderen konnte keine Wirkung festgestellt werden. Je nachdem, auf welchem Standpunkt man steht, wird man Studienergebnisse finden, die die eigene Argumentation stützen. Eine Vielzahl der Expert*innen ist zwar der Ansicht, dass es einen protektiven Effekt gegen koronare Herzkrankheiten beim Konsum geringer Mengen Alkohols gibt, man ist sich jedoch einig, dass die negativen Auswirkungen von zu viel Alkohol diese schützenden Effekte überlagern [69, 73].
Gegen einen moderaten Konsum ist nichts einzuwenden, die Schwierigkeit liegt jedoch darin, dass die Grenzen zwischen den verschiedenen Stadien vom Genuss über den schädlichen Gebrauch bis zur Abhängigkeit fließend sind und von den Betroffenen oft nicht oder erst zu spät wahrgenommen werden. Viele Abhängige berichten später, dass sie den Zeitpunkt, zu dem aus gelegentlichem Konsum ein Missbrauch und letztlich eine Abhängigkeit wurde, übersehen haben. Wenn man merkt, dass der Alkohol oder andere Substanzen beim Entspannen nach einem langen Arbeitstag helfen, weil das sonst aus lauter Grübelei nicht gelingt, ist man von einem genussvollen Trinken bald bei einer missbräuchlichen Verwendung angekommen, die zumindest ein Alarmsignal auf dem Weg zur Abhängigkeit ist.
SCHÄDLICHER GEBRAUCH
Vom schädlichen Gebrauch, auch als Missbrauch bezeichnet, spricht man, wenn eine Substanz eingenommen wird, um einen bestimmten Zweck zu erfüllen. Zumeist handelt es sich dabei um das Ausschalten von negativen Gefühlen wie Angst, Stress, Ärger oder auch Unsicherheit und Langeweile. Dazu kommt, dass beim schädlichen Gebrauch Risiken in Kauf genommen werden, man setzt sich alkoholisiert hinters Steuer oder raucht während der Schwangerschaft. Man trinkt übermäßig viel, obwohl der nächste Tag ein Arbeitstag ist, obwohl man die ersten schädlichen Auswirkungen bemerkt, obwohl man massiv verkatert ist. Dies sind untrügliche Anzeichen, dass man die Kontrolle über den Konsum zunehmend verliert.
Die Weltgesundheitsorganisation definiert den schädlichen Gebrauch als den fortlaufenden Gebrauch einer Substanz, obwohl negative Folgen schon eingetreten, die Kriterien für eine Abhängigkeit jedoch noch nicht erfüllt sind. Diese negativen Folgen können auf einer körperlichen Ebene sein, seien es das Auspumpen des Magens nach einer Überdosis Alkohol oder erste Zellschäden, die der Alkoholkonsum mit sich bringt. Sie können aber auch auf der psychischen Ebene liegen, das Suchtmittel wird immer mehr zur Beseitigung negativer Gefühle oder Zustände gebraucht, von denen man nicht mehr glaubt, sie ohne die Substanz aushalten zu können oder zu wollen. Vermutlich kennt jede*r jemanden im Bekanntenkreis, der meint, ohne zwei oder drei Bier am Abend nicht entspannen zu können, ohne Joint nicht einschlafen zu können oder Alkohol zu brauchen, um in Gesellschaft lockerer zu werden. In einer Welt voller Stress und menschengemachter zivilisatorischer Probleme wird dieser Missbrauch von psychoaktiven Substanzen in Zukunft vermutlich eher ansteigen als sinken. Es geht nicht mehr nur um den reinen Genuss einer Substanz, sondern darum, durch deren Konsum eine bestimmte Wirkung zu erzielen, negative Gefühle zu vermeiden, für den Alltag fit zu sein. Das in den 1960er-Jahren gegen Ängste, Nervosität und Schlafstörungen populäre Valium wurde nicht umsonst von den Rolling Stones als „Mothers little helper“ in ihrem gleichnamigen Song bezeichnet.
Beim regelmäßigen Substanzmissbrauch ist auch merkbar, dass der Reiz, sich Belastungssituationen durch den Konsum von Substanzen zu entziehen, immer größer, der Konsum somit immer häufiger wird. Ist dies der Fall und wird nicht mit entsprechenden Maßnahmen gegengesteuert, führt dies zuerst zur Gewöhnung und später zur Abhängigkeit.
ABHÄNGIGKEIT
Die Grenze zwischen schädlichem Gebrauch und Abhängigkeit ist fließend und deren Überschreitung für die Betroffenen oft nicht bewusst wahrnehmbar. Nicht selten sprechen Drogenabhängige davon, dass sie lange geglaubt hätten, den Substanzkonsum im Griff zu haben, die Kontrolle über die Art