X-World. Jörg Arndt

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X-World - Jörg Arndt

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nach der langen Durststrecke, die hinter ihm lag.

      Er entschied sich für ein Robotaxi – nicht nur, weil es etwas billiger war als die Fahrzeuge mit Fahrern, sondern vor allem, weil hier keinerlei Risiko bestand, gegen seinen Willen in ein Gespräch verwickelt zu werden. Ron schob seine Kreditkarte in den dafür vorgesehenen Schlitz. Dann nannte er die gewünschte Adresse. Sofort erschien der Straßenname auf dem Display in der Mittelkonsole, Ron bestätigte die Auswahl, und die Fahrt begann. Er war gespannt, wohin es ihn verschlagen würde. Halb rechnete er mit einem verfallenen Fabrikgebäude oder einer zugigen Halle auf irgendeinem Hinterhof. Allzu klein konnte es ja nicht sein, wenn es zwanzig Mitarbeitern samt der nötigen Ausrüstung Platz bieten sollte.

      Das Taxi hielt vor einem Verwaltungsgebäude am nördlichen Stadtrand. Es wirkte nüchtern, vielleicht ein bisschen langweilig, aber solide und gepflegt. Ron nickte zufrieden. Er hätte durchaus auch auf einem Hinterhof begonnen, hätte es sogar romantisch gefunden, aber diese Wahl war deutlich besser. Er war gespannt auf das Innere.

      Ron nahm seinen Koffer und ging auf das Gebäude zu. Neben der Eingangstür hingen verschiedene Briefkästen. Anscheinend teilten sich mehrere Unternehmen dieselbe Adresse. Er öffnete die Tür und betrat ein Foyer, dessen einziger Schmuck aus den Firmenschildern an den Wänden bestand.

      „Prometheus Software AG – 5.OG“, verkündete ein brandneues Messingschild. Glücklicherweise gab es einen Fahrstuhl.

      Er bugsierte seinen Koffer in die muffige Kabine und drückte den Knopf mit der schwarzen Fünf. Es gab einen Ruck, als sich der Aufzug ächzend in Bewegung setzte. Ron fühlte sich unbehaglich. Er mochte keine Fahrstühle und atmete dankbar auf, als ihm das Display nach kurzer Zeit signalisierte, dass er das Ziel erreicht hatte.

      Die Schiebetür rumpelte zur Seite. Sie gab den Blick auf einen kurzen Flur frei, der mit grauem Nadelfilz ausgelegt war. Ron zog seinen Koffer hinter sich her und ging auf die Glastür zu, an der der Schriftzug seines neuen Arbeitgebers leuchtete. Er war gespannt, was ihn dahinter erwarten würde.

      ****

      Yannick war überrascht, als sein Arbeitskollege in die Tankstelle kam, um ihn abzulösen. Er hatte nicht bemerkt, dass die Schicht vorüber war. Zu gleichförmig waren die Stunden an ihm vorbeigezogen; die wenigen Kunden, die in dieser Nacht unterwegs gewesen waren, hatte er mechanisch bedient, ohne sich dessen bewusst zu sein. Dazwischen hatte er mit leerem Blick auf den Monitor der Videoüberwachung gestarrt. Es fühlte sich an, als wäre ein Teil von ihm gestorben. So als hätte ihn der Tod zwar besucht, aber seine Arbeit nicht vollendet.

      Yannick rechnete die Kasse ab und machte die Übergabe für seinen Kollegen fertig. Es kam ihm vor, als würde er einen Fremden bei seinem Tun beobachten.

      „He, was ist denn los mit dir, du siehst ja richtig scheiße aus!“, meinte sein Kollege mitfühlend. „Hast wohl wieder zu lange gezockt, was?“

      Yannick nickte. „Ja, genau“, sagte er, „und jetzt muss ich mich dringend aufs Ohr hauen. Mach’s gut!“

      „Du auch!“, sagte sein Kollege und begann, in den Morgenzeitungen zu blättern. Yannick trat seinen Heimweg an. Mechanisch setzte er einen Fuß vor den anderen. Er war so müde …

      Als er über die Eisenbahnbrücke ging, blieb er stehen und blickte nachdenklich hinunter auf die Gleise. Es ist eigentlich ganz einfach. Alle 20 Minuten kommt ein Zug vorbei. Ein kleiner Sprung, und die Sache ist erledigt. So was passiert in Berlin dauernd.

      Und wer würde ihn schon vermissen? Betty bestimmt nicht, die war nur virtuell. Seine Mutter? Vielleicht am Anfang, aber auf lange Sicht wäre sie bestimmt eher erleichtert. Lutz? Und wenn schon.

      In der Ferne rumpelte es, und die Lichter der Bahn näherten sich. Yannick zog sich am Geländer hoch.

      ****

      Für seine nächsten Schritte brauchte Lutz einen Cyberstar 3, und er hatte nicht vor, damit bis zur offiziellen Markteinführung zu warten. Er scrollte durch die Notizen, die er über Future Computing angelegt hatte, und schnaubte verächtlich. Nicht einmal eine Viertelstunde hatte er gebraucht, um vollen Zugriff auf das firmeninterne Netzwerk zu erhalten. Für einen internationalen IT-Konzern waren die Sicherheitsstandards kümmerlich. Selbst vertrauliche Protokolle lagen unverschlüsselt auf dem Firmenserver – den Verantwortlichen schien es wohl sicher genug zu sein, dass sie auf Koreanisch abgefasst waren.

      Lutz überflog die Dokumente, die sein Übersetzungsprogramm erzeugt hatte. Das computergenerierte Deutsch war haarsträubend, doch es reichte aus, um den Sinn zu erfassen. Vieles betraf langweiligen Vorstandsalltag, hauptsächlich Umsatzzahlen und Berichte aus den Abteilungen, aber schließlich stieß er auf eine Information, die ihn aufmerken ließ: Offensichtlich gab es Meinungsverschiedenheiten zwischen dem asiatischen Leiter Dong-Min Choi und einem Dr. Fleischmann, der für den Vertrieb zuständig war. Daraus ließ sich bestimmt etwas machen.

      Lutz forschte weiter und beschloss dann, es bei Tae-Gong Lee zu versuchen, einem jungen Mann, der noch nicht sehr lange in der Firma arbeitete, aber in den Protokollen immer wieder erwähnt wurde. Er war der persönliche Assistent von Dong-Min Choi. Nach allem, was Lutz über ihn gelesen hatte, schien er einer dieser Typen zu sein, die ohne mit der Wimper zu zucken ihre eigene Großmutter verkaufen würden – vorausgesetzt, der Preis stimmte, und er konnte dadurch die nächste Sprosse der Karriereleiter erklimmen. Sie hatten also einiges gemeinsam. Es wurde höchste Zeit, dass sie sich kennenlernten.

      Er wählte die Nummer, die er in seinen Unterlagen notiert hatte, stellte sich der Vorzimmerdame mit seiner charmantesten Stimme als „Sicherheitsberater“ vor und gab an, Herrn Lee „in einer vertraulichen Angelegenheit“ sprechen zu müssen. Er wurde anstandslos durchgestellt.

      Einen Moment lang hörte er Musik, dann meldete sich eine Männerstimme. „Lee.“

      „Singer“, antwortete Lutz in geschäftigem Ton. „Guten Tag, Herr Lee. Wir kennen uns nicht, aber ich denke, dass es für uns beide von Vorteil sein könnte, uns kennenzulernen.“

      „Worum geht es denn?“, fragte der Koreaner schroff.

      „Um eine betriebsinterne Verschwörung, fürchte ich. Ich darf doch davon ausgehen, dass Sie treu hinter ihrem Chef, Herrn Choi, stehen?“

      „Natürlich“, gab der Angesprochene zurück. Seine Stimme klang ungeduldig. Lutz spürte, dass er schnell zur Sache kommen musste, um ihn bei Laune zu halten.

      „Ein guter Mann“, sagte er und versuchte, seine Stimme nach aufrichtiger Bewunderung klingen zu lassen. „Er hat es nicht verdient, dass Gerhardt Fleischmann an seinem Stuhl sägt.“

      „Was reden Sie da?“, fuhr der Koreaner ihn an. Sein Deutsch war nahezu akzentfrei. „Für solch einen Unsinn fehlt mir die Zeit!“

      „Ja, genau darauf setzt er. Aber wissen Sie, seit den Unstimmigkeiten wegen der Software für den Cyberstar 3 hat sich manches verändert …“

      Die Andeutung verfehlte ihre Wirkung nicht.

      „Wer sind Sie, und woher wissen Sie von diesen Dingen?“

      Der Assistent klang verunsichert. Lutz grinste in sich hinein. Der Fisch hatte angebissen. Jetzt musste er ihn nur noch an Land holen.

      „Nun, meinen Namen habe ich Ihnen ja bereits genannt. Ich bin Sicherheitsberater und werde Ihnen helfen, Ihren Chef zu schützen. Ich denke, wir haben eine ganze Menge gemeinsamer Interessen. Aber bestimmt ist es auch in Ihrem Sinne, keine weiteren

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