X-World. Jörg Arndt

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X-World - Jörg Arndt

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es um die jüngsten Aktivitäten Ihres Vertriebsleiters.“

      „Herr Fleischmann genießt unser vollstes Vertrauen“, erwiderte der Koreaner spröde.

      „Sicher tut er das. Und sicher wissen Sie auch, dass er ein neues Unternehmen gegründet hat.“

      Sein irritierter Blick verriet zweifelsfrei, dass Lee nichts davon wusste.

      „Schauen Sie ins Handelsregister, wenn Sie mir nicht glauben. Die Prometheus Software AG ist in der letzten Woche eingetragen worden. Nun, es ist Ihre Sache, wenn Ihre Angestellten über genügend Freizeit verfügen, um nebenbei noch einen anderen Job auszuüben, aber es gibt ein Detail, das mir an dieser Sache ausgesprochen missfällt: Die Software, mit der er an den Markt gehen will, gehört mir!“

      „Wie meinen Sie das?“

      „Vor kurzem haben Sie Ron Schäfer kennengelernt, der Ihnen ein neues Spiel präsentiert hat. Angeblich hat er X-World extra für Ihren Cyberstar entwickelt.“

      „Ja, ich war bei der Präsentation dabei. Es ist eine hübsche Anwendung, aber wir haben ihm deutlich gemacht, dass unser Geschäftsfeld ausschließlich die Hardware ist und wir nicht vorhaben, seinetwegen von dieser Linie abzuweichen.“

      „Und Dr. Fleischmann ist daraufhin in die Bresche gesprungen, hat eine Softwarefirma gegründet und bereitet nun alles für die Markteinführung vor. Das Problem ist nur: Ron Schäfer hat meine Idee geklaut. Wissen Sie, er war jahrelang mein Assistent, und er hat …“

      „Dann verklagen Sie ihn doch!“

      „Glauben Sie mir, das habe ich bereits in Erwägung gezogen. Aber leider verfüge ich nicht über genügend stichhaltige Beweise.“

      „Gut, und was habe ich damit zu tun?“

      „Nun, es ist kein großes Geheimnis, dass das Verhältnis zwischen Ihrem Chef und Dr. Fleischmann nicht das beste ist. Herr Choi wäre sicher nicht gerade traurig, wenn sich die neue Firma als Flop erweisen würde. Andererseits kann es für Future Computing nur von Vorteil sein, wenn sich das neue Game schnell verbreitet und die Kids sich Ihren Cyberstar kaufen.“

      Erwartungsvoll sah Lutz seinen Gesprächspartner an, doch der hüllte sich in Schweigen.

      „Ich habe Folgendes vor“, fuhr er schließlich fort. „Noch vor der Markteinführung werde ich das Spiel ins Internet stellen. Jeder kann es dort kostenlos downloaden. Dann wird der offizielle Start von X-World eine Bauchlandung, das garantiere ich Ihnen.“

      Lee blickte ihn mit unbewegter Miene an.

      „Selbstverständlich steht es Ihnen frei, zu tun und zu lassen, was immer Sie wollen, aber ich frage Sie nochmals: Was hat das Ganze mit uns zu tun?“

      „Um das Spiel angemessen weiterentwickeln zu können, brauche ich Ihre Unterstützung. Ein Cyberequipment der neuesten Generation samt den zugehörigen Datenblättern. Außerdem einen Beratervertrag, um meine Unkosten zu decken.“

      „Das können Sie vergessen.“

      Der Koreaner trank sein Glas leer und machte Anstalten zu gehen.

      „Ich dürfte hier gar nicht mit Ihnen sitzen. Wir werden uns auch mit Ihnen nicht auf das Softwaregeschäft einlassen. Mein Onkel hat die Firmenpolitik unmissverständlich klargestellt.“

      Lutz stutzte. Dass der junge Assistent der Neffe von Dong-Min Choi war, hatte er nicht gewusst. Aber es erklärte seinen rasanten Aufstieg in der Firma.

      „Zudem werden wir uns nicht in etwas hineinziehen lassen, das möglicherweise illegal ist und unsere Firmenehre verletzen könnte.“

      „Das ist nicht illegal. Illegal ist es, das Finanzamt nicht angemessen an seinen Umsätzen zu beteiligen.“ Lutz spielte seine letzte Trumpfkarte aus. Lee wurde eine Spur bleicher.

      „Wie darf ich das verstehen? Wollen Sie uns etwa unterstellen …“

      „Ich unterstelle niemandem etwas. Das war nur ein allgemeines Beispiel aus der Wirtschaftswelt.“ Lutz drohender Blick stand in krassem Widerspruch zu seinen diplomatischen Worten. „Ich mache Ihnen ein Angebot, das uns beiden große Vorteile bringen kann. Dr. Fleischmann wird ausgebremst, Ihre Umsätze steigen, und ich bekomme das, was mir rechtmäßig zusteht.“

      Der junge Mann sah ihn nachdenklich an.

      „Also gut. Ich werde dafür sorgen, dass Sie einen Cyberstar 3 bekommen. Ich engagiere Sie als externen Produkttester. Aber mehr als eine einmalige Aufwandsentschädigung ist nicht drin. Und mit allem anderen haben wir nichts zu tun. Sind wir uns einig?“

      Lutz verkniff sich ein Grinsen. Stattdessen setzte er eine enttäuschte Miene auf.

      „Das ist zwar nicht das, was ich wollte, aber immerhin etwas. Ich danke Ihnen für Ihr Angebot.“

      Der Koreaner stand auf, verbeugte sich leicht und verließ das Lokal. Lutz blieb allein zurück und war hochzufrieden. Es hätte kaum besser laufen können.

      ****

      Ron schloss die Bürotür und ließ sich mit einem Seufzer in seinen Chefsessel sinken. Er brauchte erst mal Abstand. Normalerweise arbeitete er am liebsten allein. Da behielt er die Übersicht und musste sich nur über seine eigenen Fehler ärgern. Ein kleines Team ließ er sich auch noch gefallen – obwohl schon die letzten beiden Male, als er lediglich mit einem Assistenten zusammengearbeitet hatte, zu einem Fiasko geführt hatten.

      Nun aber sollte er gleich zwanzig Leute führen! Ron bezweifelte ernsthaft, dass er dazu in der Lage war. Andererseits konnte er das Projekt nicht allein bewältigen, es sei denn, er hätte 100 Jahre Zeit. Die hatte er aber nicht – stattdessen blieben ihm noch genau sechs Wochen bis zum Verkaufsstart. Er brauchte einen Plan.

      Ron kramte seinen Collegeblock heraus und wartete auf eine Eingebung. Versonnen begann er, die Löcher am Rand mit Kritzeleien zu dekorieren. Wolken waren das. Wellen …

      Plötzlich segelte ein Schiff vor seinem inneren Auge vorbei. Er erkannte es, es gehörte zu einem Plakat, das er vor kurzem gesehen hatte. Darauf befand sich ein bekanntes Zitat von Antoine de Saint-Exupéry: „Wenn du ein Schiff bauen willst, dann trommle nicht Männer zusammen, um Holz zu beschaffen, Aufgaben zu vergeben und die Arbeit einzuteilen, sondern lehre sie die Sehnsucht nach dem weiten, endlosen Meer.

      Er nickte versunken. Fachlich brauchte er seinen Mitarbeitern vermutlich nicht viel zu erzählen. Gerhardt Fleischmann war ein hervorragender Geschäftsmann – wenn er ein Team zusammenstellte, dann waren es sicherlich Spitzenleute. Was er ihnen vermitteln musste, war eine Vision, ein gemeinsamer Traum.

      Ron stand auf und sah aus dem Fenster. Es war ein trostloser grauer Tag. Ziegeldächer und gepflasterte Parkplätze. Ein kahler Baum versuchte, sich dazwischen zu behaupten. Bald würde er Blätter bekommen und der tristen Umgebung wieder ein wenig Leben einhauchen. Eine Expressdrohne schwirrte geschäftig vorbei.

      Allmählich konkretisierten sich Rons Gedanken. Er war kein großer Redner, aber im Groben war ihm jetzt klar, was er seinen Leuten sagen wollte.

      Gegen Abend war es endlich so weit: Das Netzwerk stand, und die Server konnten hochgefahren werden. Zu jedem Arbeitsplatz gehörten nicht nur Monitor und Tastatur, sondern auch ein kompletter Cyberstar 3. Erwartungsvoll sahen die Programmierer

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