Oberhausen: Eine Stadtgeschichte im Ruhrgebiet Bd. 2. Группа авторов

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sie für den eigenen Bedarf – in Sterkrade zu Maschinen montiert wurden. In Osterfeld produzierte man auch Kesselrohre. Das Unternehmen wagte sich an immer schwierigere Maschinen eines spezialisierten Bedarfs, wie das Beispiel der Eisenbahn zeigt. 1838 begannen die regelmäßigen Lieferungen an verschiedene Eisenbahngesellschaften. Neben den schon lange gefertigten gusseisernen Schienen kamen nun Schienenstühle, Achsen, Achsenhalterungen, Wagenräder, Drehscheiben und Wagenbüchsen hinzu.227

       Abb. 40: Papiermodell einer „Kochmaschine“, Beilage zu einem Angebot der JHH vom 8. August 1821

      1829 hatte Wilhelm Lueg im Bericht zu seiner Englandreise schon behauptet, dass die dort überall gut gefertigten Dampfwagen auch in Sterkrade gebaut werden könnten.228 Nachdem sich Friedrich Kesten auf seiner Englandreise 1838 nicht nur über den Dampfschiffbau, sondern auch über den Lokomotivbau informiert hatte,229 stieg die JHH 1839 in die Produktion von Lokomotiven ein, ohne einen Auftrag vorliegen zu haben.230 Im November des Jahres engagierte die Firma den Mechaniker bzw. Ingenieur Thomas Ponton aus London, der unter Kesten und Lueg den Lokomotivbau beaufsichtigen sollte.231 Für die Dampflokomotive namens „Ruhr“ nach dem System Stephenson entstanden Gussteile auch auf der St. Antony-Hütte, montiert wurde die Maschine in Sterkrade.232 Die neue Lokomotive dürfte im Juli oder August 1840 als eine der ersten deutschen Lokomotiven fertig gewesen sein, doch ließ sie sich erst 1841 und nur schwer verkaufen. Abnehmer war die Taunus-Eisenbahn, die sie auf ihrer Strecke unter dem neuen Namen „Rhein“ einsetzte. Die JHH war sich der Pionierleistung durchaus bewusst. Man habe „durch diese Lokomotive zeigen wollen, dass wir das Ausland auch für diese Gegenstände unnötig machen. An Gewinn dachten wir dabei nicht […]“, hieß es in einem Angebotsschreiben an die Rheinische Eisenbahngesellschaft.233 Die bis Ende der 1850er Jahre eingesetzte Maschine war nach dem zeitgenössischen Urteil eines Eisenbahnfachmannes jedoch „so verfehlt und mangelhaft“,234 dass sie sich nicht im Einsatz bewährte.

      Dennoch entstanden in den Werkstätten der JHH weitere sieben Lokomotiven. Zunächst übernahm der deutsch-amerikanische Ingenieur C. A. Schlu den Lokomotivbau von Ponton und führte die amerikanische Bauart ein. Doch auch die zweite Lokomotive namens „Mars“ wies gravierende Mängel auf, so dass die Maschine nur wenige Jahre bei der Düsseldorf-Elberfelder Eisenbahngesellschaft im Dienst stand. Unter der Leitung von Friedrich Kesten selbst entstanden dann zwischen 1844 und 1846 für die Cöln-Mindener Eisenbahn die Lokomotiven „Deutz“ und „Mülheim“ wieder nach Stephensonscher Bauart. Erstmals flossen nun eigene Konstruktionselemente ein. Als Kesten auf die Radreifen dieser Lokomotiven den Schriftzug „Gutehoffnungshütte, Patent Kesten“ setzen ließ, kam es zum Zerwürfnis mit Wilhelm Lueg, so dass Kesten bei der JHH ausscheiden musste.235 Aus Verärgerung scheint er daraufhin in seinem Garten technische Zeichnungen von Lokomotiven und Lokomotivteilen verbrannt zu haben.236

      Noch vier weitere Lokomotiven entstanden bei der JHH. Eine zweite Lok mit dem Namen „Ruhr“ lief unter dem Spitznamen „Teckel“ ab 1850 bei der Hafenverwaltung Ruhrort.237 Drei weitere Lokomotiven baute das Unternehmen zwischen 1855 und 1859 für die eigene Werksbahn.238 Damit war jedoch das Kapitel Lokomotivbau bei der JHH abgeschlossen. Zwar war das Unternehmen mittlerweile in der Lage, funktionsfähige Lokomotiven zu bauen, doch konnte es sich scheinbar nicht gegen die mittlerweile erstarkte Konkurrenz durchsetzen. Die JHH blieb dem Lokomotivbau jedoch als Lieferant von Maschinenteilen verbunden.

       Abb. 41: Nachbau der ersten Lok „Ruhr“ in der Ausstellungshalle der GHH im Jahr 1939

      Erfolgreicher als als Lokomotivbauer war das Unternehmen als Zulieferer der Eisenbahngesellschaften. Gusseiserne Schienen hatte es schon lange in seinem Produktionsprogramm. Für die projektierte Rhein-Weser-Eisenbahn, ein Vorläuferprojekt der Köln-Mindener Eisenbahn, bot die JHH 1828 die Fertigung von bis zu 2,5 Millionen Pfund gusseiserner Schienen an.239 Noch nach seinem Englandbesuch 1829 vertrat Lueg die Meinung, dass gusseiserne Schienen für Eisenbahnen besser und preiswerter seien als gewalzte Schienen.240 So bewarb sich das Unternehmen auch 1833 um einen Auftrag zur Lieferung von Schienen für die erste deutsche Eisenbahnlinie von Nürnberg nach Fürth. Doch gusseiserne Schienen, wie sie die JHH herstellen konnte, waren hier nicht mehr gefragt. Es bedurfte gewalzter Schienen aus Schmiedeeisen.241 Immer wieder bemühte sich das Unternehmen um Schienenaufträge, auch für gewalzte Schienen. Meinte man doch mit dem Walzwerk an der Emscher solche mittlerweile herstellen zu können. Gemeinsam mit der Firma Hoesch in Lendersdorf bei Düren, die bereits über Erfahrungen im Walzen von Schienen verfügte, gelang es der JHH dann Anfang 1842, einen Auftrag über 20.000 Zentner Walzschienen für die staatliche badische Eisenbahn zu übernehmen. Jetzt wurde ein eigenes Schienenwalzwerk errichtet, doch war man nur dazu fähig, ein Fünftel des übernommenen Auftrags auszuführen. Die restlichen 16.000 Zentner mussten aus England hinzugekauft werden.242 Sofort machte sich das Unternehmen an die Erweiterung des Schienenwalzwerks sowie des Puddelwerks und konnte auf diese Weise ab 1844 am Ausbau des Eisenbahnnetzes partizipieren. Man lieferte Schienen für die Köln-Mindener, die Düsseldorf-Elberfelder und die Bergisch-Märkische Eisenbahn. In den Folgejahren gingen Schienenlieferungen an Gesellschaften in ganz Deutschland. Hierdurch vervielfachte sich auch die Puddelstahlerzeugung des Unternehmens, wozu das Werk kontinuierlich ausgebaut wurde.

       Abb. 42 (unten): Lok „Teckel“, Modell im LVR-Industriemuseum

       Eine missglückte Investition: der erste Kokshochofen im Ruhrgebiet

      Die Versorgung mit Holzkohlen bereitete der JHH nun immer größere Schwierigkeiten. 1838 musste der Hochofen auf der St. Antony-Hütte ungeplant vom 24. Februar bis zum 18. Juli stillgesetzt werden.243 Auf der Hütte Gute Hoffnung sah die Situation nicht besser aus. 1839 schrieb die JHH an das Bergamt Essen-Werden: „Der stets zunehmende Holzkohlen Mangel gestattete nur kurze Zeit im Lauf des vorigen Jahres beide Hochöfen hier [gemeint ist die Hütte Gute Hoffnung, B. Z.] zu betreiben […]“244 Das Unternehmen probierte daher immer wieder den Einsatz von Koks nicht nur in den ▶ Kupol-, sondern auch in den Hochöfen. Nachdem ab den 1830 Jahren im Ruhrgebiet Kohle auch aus tieferen Schichten gefördert werden konnte, die sich zu hüttentauglichem Koks verarbeiten ließ – hierzu war die die Kohle überdeckende und stark Wasser führende Mergelschicht zu durchstoßen – mischte die JHH im Hüttenbetrieb den Holzkohlen regelmäßig einen geringen Zusatz von Koks bei.245 Dieser Koks wurde zunächst vor allem von den Essener Zechen Sälzer-Neuack und Schölerpad aus dem Huyssenschen- bzw. Hanielschen Besitz bezogen. Auf der Zeche Sälzer-Neuack baute die JHH dann 1840 zwei selbst genutzte Koksöfen neu.246 Doch mangelte es vom Ende der 1830er bis zur Mitte der 1840er Jahre auch immer wieder an Koks bzw. Kohlen, die zur Verkokung geeignet waren. So drohte 1838 vorübergehend die Stilllegung von ▶ Kupolöfen und der Dampfmaschine auf St. Antony wegen Kohlenmangels. Daher schien „für jetzt ein Betrieb des Hochofens mit Koks nicht möglich“.247

      Dennoch wurde im Unternehmen die Anwendung von Koks im Hochofenbetrieb intensiv diskutiert.248 1709 hatte Abraham Darby I. im englischen Coalbrookdale erstmals allein mit Koks Roheisen im Hochofen erschmolzen. In Oberschlesien war diese Technik 1789 erfolgreich eingeführt worden. Auf ihrer gemeinsamen Reise durch England sahen 1825 Wilhelm Lueg sowie Franz und Gerhard Haniel Eisengießereien, „deren Hochofen mit Coaks betrieben“ wurde.249 Friedrich Kesten als Chefingenieur der JHH setzte sich ab den 1830er Jahren ebenfalls intensiv mit der Koksverhüttung auseinander. In seinem wissenschaftlichen Journal hielt er „Notizen aus Oberschlesien 1837“ fest mit Angaben über Erz- und Kokseinsatz, der Stärke des Windeinsatzes und der Kosten.250 Als nun tauglicher Ruhrgebietskoks zur Verfügung stand, reiste Kesten 1839 nach Oberschlesien, sah sich dort unter anderem den auf der Marienhütte in Orzesche gerade in Betrieb gegangenen Kokshochofen an und

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