Jahrbuch der Baumpflege 2019. Группа авторов
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Univ.-Prof. Dr.-Ing. Holger Schüttrumpf
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Babette Scheres, M.Sc. RWTH
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Bäume an und auf Hochwasserschutzanlagen – Hinweise und Beispiele aus der Praxis
Trees on and near of Flood Protection Structures – Remarks and Case Studies
von Ronald Haselsteiner
Zusammenfassung
Hochwasserschutzanlagen sind technische Bauwerke, welche das Rückgrat von Hochwasserschutzkonzepten und -maßnahmen der Länder bilden. Weiter sind sie auch Bestandteil von Natur und Landschaft sowie Objekte von unterschiedlichen, zum Teil konkurrierenden Interessen, welche nicht immer mit den Zielen des technischen Hochwasserschutzes übereinzubringen sind. Hier sind interdisziplinäre Kompromisslösungen erforderlich, um für alle Beteiligten und Betroffenen den größtmöglichen Nutzen zu erreichen, wobei das Primat des Hochwasserschutzes von allen Parteien akzeptiert werden muss. Der Beitrag zeigt zum einen die technischen Anforderungen und planerischen Aspekte beim Thema Bäume an und auf Hochwasserschutzanlagen und zum anderen praktische Beispiele, Lösungen und eine konzeptionelle Herangehensweise auf.
Summary
Flood protection structures are technical assets, which form the backbone of flood protection concept and measures of the federal states. Further, they are part of nature and landscape and object to different, partly competing interests, which cannot always correspond to the aims of technical flood protection works. Therefore, interdisciplinary compromise solutions are required in order to achieve the best benefit for all involved parties. In this context all parties have to accept the primacy of flood protection. The presented contribution shows the technical requirements and planning aspects concerning the topic trees on and at flood protection structures on the one hand, and case studies, solutions and a conceptional approach on the other hand.
1 Einleitung
Die Hochwasserereignisse der letzten Jahrzehnte haben auf eine schmerzhafte Weise dargelegt, wie verletzlich ein so hoch entwickeltes Land wie Deutschland sein kann. Zwischen den schadensträchtigen Hochwassern Anfang des 20. Jahrhunderts und in den 1940er und 1950er Jahren lagen Jahrzehnte, in denen wirklich einprägende Hochwasserereignisse ausblieben.
Dies änderten Hochwasser in den 1980er und 1990er Jahren an der Donau und am Rhein und u. a. in den Jahren 2002 und 2013 an Elbe, Donau und deren Zuflüssen. Die an den Gewässern ermittelten Hochwasserjährlichkeiten der letztgenannten Ereignisse übertrafen lokal 100 Jahre, wie in es Passau im Jahr 2013 der Fall war, als man im Nachgang eine Jährlichkeit von 500 Jahren ermittelt hat. Die aktuelle Entwicklung des Weltklimas zeugt von einem Wandel, welcher die zukünftige Hochwassergefahr noch auf eine nicht vorhersagbare Weise intensivieren wird.
Besonders bei Deichbrüchen und schadensträchtigen Überflutungen, wo im näheren Umfeld des Versagens der Hochwasserschutzanlagen Bäume stehen und standen, keimt die Diskussion über die Zulässigkeit von Bäumen an und auf Hochwasserschutzanlagen nach jedem Hochwasser erneut auf. Die folgenden Ausführungen sollen dazu beitragen, diese Diskussionen auf ein profundes, fachliches Fundament zu setzen.
2 Fachliche, rechtliche und planerische Grundlagen
Bei der konkreten Planung und Umsetzung von Hochwasserschutzprojekten werden Bäume an und auf Hochwasserschutz (HWS)-Anlagen nicht selten kontrovers diskutiert. Der ökologische Wert von Habitatbäumen und die schützende Wirkung von Bäumen/ Gehölzen, z. B. gegen Eisversatz, sind unbestritten, jedoch gehen vom Wurzelwerk, welches z. B. in den Deichkörper oder in dessen Dichtung hineinreicht, Gefahren aus, welche in der technischen Planung nicht selten dazu führen, dass eine Rodung und Entfernung der Bäume und des Wurzelwerks mit anschließendem Ersatzneubau des Deiches vorgeschlagen werden.
Hochwasserschutzanlagen an Fließgewässern sind technische Bauwerke, die das Hinterland vor einem festgelegten Bemessungshochwasser schützen. Um sicherzustellen, dass die Hochwasserschutzanlagen diese Aufgabe sicher und dauerhaft erfüllen können, gibt es Normen und Regelwerke (DIN 19712; DWA-M 507–1; DWA 2005, etc.). Internationale Regelwerke sind zwar in Deutschland rechtlich nicht bindend, beinhalten jedoch wertvolle Erfahrungen und hilfreiche Hinweise (CIRIA 2013; USACE 2014). Eine ähnliche thematische Ausrichtung haben weitere Normen und Regelwerke, welche Stauanlagen oder Stauhaltungsdämme behandeln, wie z. B. BAW MSD (2011), die Normenreihe DIN 19700 (2004) für Stauanlagen und z. B. DWA-M 522 (2015).
Bei HWS-Anlagen werden erdbauliche Deiche und Dämme und wand- bzw. mauerartige Bauwerke unterschieden, welche aus natürlichen oder künstlichen Baustoffen sowie aus Beton, Stahl, Kunststoff oder aus einer Kombination aus den genannten Baumaterialien bestehen. Hochwasserbeeinflusste Erdbauwerke werden i. d. R. als Deich bezeichnet, wobei in Baden-Württemberg auch von einem Damm bzw. Hochwasserdamm gesprochen werden kann. Der Unterschied zu den Talsperren, Hochwasserrückhaltebecken sowie Stauhaltungsdämmen ist in DIN 19700 beschrieben. Grundsätzlich sind Deiche erdbauliche Hochwasserschutzanlagen entlang von Fließgewässern, die einen temporären Einstau erfahren, eine lange Ausdehnung aufweisen und i. d. R. von geringer Höhe sind (vgl. DWA-M 507/1). In den Bergsenkungsgebieten am Niederrhein können die Deiche jedoch auch Höhen von mehr als 15 m annehmen. Die Anlagen nach DIN 19700 sind Stauanlagen, die im Haupt- oder Nebenschluss einen Aufstau bzw. eine Rückhaltung erzeugen. Hiervon sind u. a. auch die Stauanlagen an Bundeswasserstraßen, wie z. B. die Kanaldämme, zu unterscheiden, für die die Bundesanstalt für Wasserbau aufgrund der spezifischen Randbedingungen und Belastungen ein eigenes Regelwerk erstellt hat, zu dem u. a. MSD BAW (2011) zählt.
In DIN 19712 (2013) wird zwar der Grundsatz der Gehölzfreiheit auf Deichen formuliert, jedoch auch der Ausnahmefall eingeführt und hierfür Anforderungen formuliert. „Gehölze (Bäume, Sträucher und Hecken) auf Deichen beeinträchtigen die Standsicherheit sowie die Unterhaltung und sind deshalb unzulässig. Bäume müssen einen Mindestabstand von 10 m (Pappeln 30 m) vom Deichfuß aufweisen (DVWK 226). … Werden Gehölze auf Deichen im Sinne einer Fremdnutzung im Ausnahmefall gefordert, ist dies allenfalls unter folgenden Maßgaben zulässig“.
Maßnahmen,