Jahrbuch der Baumpflege 2019. Группа авторов

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4). Die Bäume verbleiben oft als Kompromiss nach Freistellungs- und Ertüchtigungsarbeiten, um umwelt- und naturschutzfachlichen Aspekten entgegenzukommen. Jedoch ist der Bereich um Einzelbäume sehr erosionsanfällig, da hier Kolke, auch Erosionslöcher oder -krater genannt, infolge von Wirbelströmungen auftreten können. Gleichzeitig erfahren die Bäume die volle Wind- und Strömungsbelastung, was die Standsicherheit des Baumes und/ oder des Deiches gefährden kann. Bäume tragen zur Beschattung von erosionssensiblen Bereichen des Deiches oder Dammes bei, sodass in den Bereichen auch die vor Erosion schützende Vegetationsdecke fehlen kann.

      Die Wurzeln von Bäumen führen besonders bei Deichen und Dämmen zu Wasserwegigkeiten, welche bei gerichteter Durchströmung im Hochwasserfall zu Erosionsprozessen, d. h. zum Austrag von Bodenpartikeln und zu einer Erhöhung der Sickerlinie führen können. Werden Dichtungen durchwurzelt, reichen schon relativ kleine Wurzeln aus, um z. B. eine Oberflächendichtung aus Ton oder Lehm praktisch funktionsuntüchtig zu machen. Die Durchwurzelungsresistenz von Dichtungen wird z. B. in HASELSTEINER & STROBL (2006) und den Merkblättern für Dichtungselemente im Wasserbau der DWA bewertet (vgl. BAW MSD 2011).

      Bäume tragen erhöhte Einwirkungen bzw. Kräfte, z. B. durch das Übertragen von Windkräften über den Stamm und die Wurzeln, in das Tragwerk ein. Die eingetragenen Kräfte werden durch das statische System „Baum“ stark gedämpft. Gleichzeitig können Bäume die Widerstandswirkung des Tragwerks, z. B. durch windinduzierte Auflockerung von Böden, durch eine verstärkte Durchlässigkeit oder durch die Beeinträchtigung der Filterwirksamkeit nach erfolgter Durchwurzelung von Dichtungen oder Filterelementen beeinträchtigen.

      Greifbare, mit technischen Kennwerten belegbare Untersuchungen für einige der genannten Auswirkungen sind rar gesät. Jedoch haben Zugversuche an Bäumen, deren Wurzelwerk in Kontakt mit angrenzenden Hochwasserschutzmauern stehen, gezeigt, dass auch bei Orkanbelastung keine Verschiebung an der Wand nachgewiesen werden konnte. Die ingenieurtechnische Bestimmung von z. B. Auflockerungsprozessen oder „Pumpeffekten“ durch Windbelastungen stellt sich auch hinsichtlich der Versuchstechnik als schwierig dar. Zudem weisen Deiche i. d. R. keine Messinstrumentierung auf, sodass im Einstaufall auch i. d. R. keine Informationen zum Verhalten der HWS-Anlage in Form der Porenwasserdruckverteilung oder der Verformung während Hochwasser gesammelt werden. Jedoch gibt es national und international einige publizierte Untersuchungen, die sich mit der Veränderung der Durchlässigkeit von Böden durch Wurzeleindringen beschäftigen (z. B. HASELSTEINER 2007a).

      Bäume und deren Wurzeln können Wühltieren, wie z. B. Bisam, Hasen oder Füchsen eine Behausung bieten. Die Beschattung nahe an Stämmen von Bäumen bewirkt zudem, dass sich dort keine geschlossene Vegetationsdecke einstellen kann, wie bereits erwähnt wurde. Treten Bäume und/oder Sträucher in Bereichen auf, wo Sickerwasser austreten könnte, kann im Hochwasserfall die Überwachung erschwert oder verhindert werden.

       Abbildung 4: Einzelbäume an und auf Deichen an der Loisach in Bayern (links), an der Gera bei Erfurt (mittig) und an der Isar im Stadtbereich München (rechts)

       Abbildung 5: Wurzeln in Deichen an der Ammer (links) und an der Donau (rechts) nach Deichbrüchen 1999 und 1988 (Quelle: Wasserwirtschaftsverwaltung Bayern)

       Abbildung 6: Ausgegrabene Wurzeln einer Pappel an einer HWS-Mauer im städtischen Bereich von Düsseldorf

      Im Rahmen von Unterhalt, Inspektion und Überwachung während Hochwasser ist die Zugänglichkeit aller Bereiche von HWS-Anlagen besonders für die „Deichläufer“ von grundlegender Bedeutung. Auch hier können Bäume „im Wege stehen“. In diesem Zusammenhang wird auch auf die Verkehrssicherungspflicht entlang der Wege an und auf HWS-Anlagen hingewiesen.

      Je kleiner eine HWS-Anlage ist, desto schwerwiegender sind die möglichen nachteiligen Auswirkungen und Einwirkungen von Bäumen zu bewerten. Kleine Deiche können vollständig durchwurzelt werden, wie dies in Abbildung 5 dargestellt wird. Bei größeren Deichen wird i. d. R. nicht der ganze Querschnitt mit Wurzeln durchörtert. Die Ausbildung der Wurzeln hängt natürlich von zahlreichen Randbedingungen und der Baumart ab. Ausgrabungen von Wurzeln sind z. B. in LFU BY (1990), WINSKI (2004) und CIRIA (2013) dokumentiert.

      Im Rahmen eines Projektes im Stadtbereich Düsseldorf wurden an bestehenden HWS-Mauern Wurzelausgrabungen durchgeführt, welche erneut darlegten, dass sich je nach Baumart und Bodenbeschaffenheit die Wurzelausbreitung sehr unterschiedlich darstellen kann. In Abbildung 6 ist das starke Wurzelwachstum einer Pappel dargestellt, welche ein Geflecht aus Starkwurzeln mit Kontakt zur Bestandsmauer ausgebildet hat. Anzumerken ist, dass die Mauer hiervon keinen nachweislichen Schaden erlitten hat.

       4 Maßnahmenplanung und Vereinbarkeit von Bäumen mit HWS-Anlagen

      Bereits Mitte des letzten Jahrhunderts wurden Empfehlungen für Deiche und Dämme gegeben, welche vorsahen, dass der „Deich selbst … frei von Bäumen und Büschen sein“ soll (SCHRÖDER 1950). Dieser Grundsatz zieht sich derzeit durch alle Normen, Richtlinien und Regelwerke. Im Allgemeinen werden und wurden Zonierungen und Sicherheitsabstände eingeführt, welche die Zulässigkeit von unterschiedlich klassifizierten Gehölzen definieren. In Abbildung 7 ist der Regelfall für die Zulässigkeit von Bewuchs an Deichen an Fließgewässern dargestellt.

       Abbildung 7: Bewuchsregeln für einen Deich nach DIN 19712 und DWA-M 507 Teil 1 und Teil 2 für den Regelfall (aus HASELSTEINER 2018c)

       Abbildung 8: Querschnitt eines zu ertüchtigenden Deiches mit Freistellung von Gehölzen

      Für normal dimensionierte Deiche ist der Regelfall maßgebend. Jedoch können überdimensionierte Deiche und/oder zusätzliche Sicherungsmaßnahmen es ermöglichen, Bäume im Ausnahmefall zuzulassen. Dies ist nach DIN 19712 zulässig, wenn unter anderem z. B. die Standsicherheit des Deiches für den Lastfall „Baum- bzw. Windwurf“ nachgewiesen werden kann. Dafür sind „in der Regel überdimensionierte Querschnitte (Überprofil) oder besondere Sicherungselemente (z. B. Spundwände)“ erforderlich.

      Werden statische Ersatzsysteme (Systeme, die die Standsicherheit des vorhandenen Trag- bzw. Bauwerks übernehmen) z. B. in Form von Spundwänden vorgesehen, wird i. d. R. das Versagen des Baumes inklusive Ausbruch des Wurzelkraters angesetzt. Die statisch tragende „Innendichtung“ muss dann einen Geländesprung, sprich Erd- und Wasserdruck, welcher Biegung erzeugt, aufnehmen. Die Verformungen am Kopf des Elementes sind zu begrenzen. Die Festlegung des Wurzelkraters bzw. des Ausbruchkörpers sowie die Lage – land- oder wasserseitig – sind hier fallspezifisch festzulegen.

      Als Sicherungsmaßnahmen kommen u. a. Wurzelschutzbarrieren, statische Ersatzsysteme und erdbauliche Anschüttungen in Betracht. Wurzelschutzbarrieren können aus Geokunststoffen oder grobkörnigen Bodenstoffen bestehen.

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