Achtung Lebensgefahr!. Ernst Künzl
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Die Waffengesetze des Augustus
Die blutigen Krawalle in Pompeji 59 n. Chr
Bataillone der Anarchie (Mommsen): Die Rolle der Collegia
Kaiser Traian und ein Feuerwehrproblem in Kleinasien
KAPITEL 7
Kaisermord
Hundert Jahre Ruhe: Von den Flaviern zu Marcus Aurelius
Die letzten drei chaotischen Jahrhunderte Roms (180–476 n. Chr.)
KAPITEL 8
„Piraten suchten schon dauernd die Seefahrer heim, ebenso wie es auch die Räuber mit den Landbewohnern zu tun pflegen. Es gab ja keine Zeit, in der solche Verbrechen unbekannt waren, und es dürfte damit wohl auch kein Ende nehmen, solange die menschliche Natur die gleiche bleibt.“
Der römische Historiker Cassius Dio 26,20,1, zur Situation vor dem Piratenkrieg des Pompeius 67 v. Chr.; geschrieben fast drei Jahrhunderte später und gültig bis zum heutigen Tag
Abb. 1
Räuber überfallen eine Reisekutsche in Italien. Gemälde von Johann Heinrich Bürkel, 1854. Öl auf Leinwand. Unten links signiert: HBürkel.
Die Räuber im Spessart
„Man hatte ihm vom Spessart so mancherlei erzählt. Eine große Räuberbande sollte dort ihr Wesen treiben, viele Reisende waren dort in den letzten Wochen geplündert worden, ja man sprach sogar von einigen greulichen Mordgeschichten …“
Wilhelm Hauff, Das Wirtshaus im Spessart, 1826
Um die Sicherheit des öffentlichen Raumes sah es zu fast allen Zeiten bedenklich aus. Die europäischen Reisenden vor der Industrialisierung im Laufe des 19. Jahrhunderts lebten permanent gefährlich. Die Kriminalität armer Unterschichten in der Neuzeit wie vorher im Mittelalter war erheblich, und unabhängig von allen Fragen der Sozialstruktur spielten die unsicheren Verkehrswege eine entscheidende Rolle. In Deutschland kannte man zwar noch die Trassen der Römerstraßen und auch das lediglich im Westen und Süden, aber ansonsten konnte man sich nur auf der Rollbahn bewegen, dem durch Wagen und Füße niedergetrampelten, unbefestigten Weg. Diese erbärmlichen Straßen waren Nährboden und Lebensraum des Fahrenden Volkes im Mittelalter und der frühen Neuzeit.
Entsprechend unsicher waren im neuzeitlichen Europa Straßen und Wege. Wer reiste – zu Fuß, mit der Postkutsche oder dem Boot, die Wohlhabenden auch mit dem eigenen Pferd – musste dauernd mit Überfällen rechnen (Abb. 1). Eine Polizei im modernen Sinn, die dem gesamten Volk Sicherheit garantieren konnte, gab es nicht – und es gibt sie ja auch heute nur als Ideal, dem freilich manche Staaten nahe kommen. In den Generationen nach dem Dreißigjährigen Krieg bemühten sich die europäischen Staaten des Absolutismus um eine gewisse Kontrolle des Verbrecherwesens, doch dauerte es bis in das 19. Jahrhundert, dass sich ein sichtbarer Umschwung in der Haltung der Regierenden zur öffentlichen Sicherheit anbahnte. Im Jahr 1829 gründete in London Sir Robert Peel die erste uniformierte Polizeitruppe der Neuzeit, die Londoner Metropolitan Police. Diese Idee setzte sich im Laufe der Zeit durch. Die Mechanisierung des Verkehrs, erst durch die Eisenbahn im 19. Jahrhundert, dann durch das Automobil, führten dazu, dass seit über 150 Jahren die Reisenden und überhaupt die Menschen in der Öffentlichkeit nicht mehr so verwundbar wie in den Jahrhunderten zuvor waren.
Die verbesserte Staatskontrolle des öffentlichen Raumes ist auch der Hintergrund für die im modernen Europa allgemein übliche juristische Situation, den privaten Besitz schlagkräftiger Waffen einzudämmen und möglichst zu kontrollieren. Sind auf diesem Gebiet auch längst keine idealen Verhältnisse erreicht, so gilt doch für Europa im Friedenszustand der Grundsatz: Bewaffnete auf den Straßen gehören zum Militär und zur Polizei; Waffenträger außerhalb dieser Gruppen haben eine Lizenz (z. B. als Gebäudeschützer oder Leibwächter) – oder sind Kriminelle. Es ist jedenfalls üblicherweise nicht zu erwarten, dass viele bewaffnete Zivilisten die Straßen bevölkern. In früheren Zeiten war das durchaus anders, auch im Altertum.
Eine weitgehende Sicherheit des öffentlichen Raumes in den Städten Europas wird nur durch das Phänomen beschränkter Gefahrenräume beeinträchtigt: In manche Viertel oder Straßen geht man nachts besser nicht oder nur vorsichtig. Das ist freilich kein neues Phänomen und gilt vor allem nur für einen kleinen Teil des menschlichen Lebensraumes. In all den Jahrhunderten zuvor – und das gilt auch für das Mittelalter und das Altertum – war man prinzipiell in Gefahr, wenn man nur das eigene Haus verließ.
Innere Sicherheit ist auch eine Frage der Wahrnehmung. Die moderne Demoskopie liefert dafür Momentaufnahmen. Zwischen 2006 und 2016 erhöhte sich beispielsweise in Deutschland die Furcht vor einem Verbrechen von 33 % auf 51 %; zu gleichen Zeit gaben 30 % der befragten Männer und sogar 56 % der Frauen an, es gäbe Gebiete, in die sie sich nachts nicht allein zu gehen trauten. Das gestiegene Gefühl der Unsicherheit im öffentlichen Raum ließ sich für Deutschland im Jahr 2016 nicht durch Zahlen von Gewaltverbrechen wie Mord und Körperverletzung belegen; entscheidend waren die zunehmenden Eigentumsdelikte (Einbrüche, Diebstähle) und das vermehrte Unsicherheitsgefühl in Folge der massiven Zuwanderungen aus dem Vorderen Orient und aus Afrika.
Als Höhepunkt