Achtung Lebensgefahr!. Ernst Künzl

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Achtung Lebensgefahr! - Ernst Künzl

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lässt bereits die Vermutung zu – unabhängig von den antiken literarischen Zeugnissen –, dass außerhalb des Militärs unzählige Waffen im Umlauf gewesen waren. Wie die Römer dies juristisch sahen, erhellt ein Blick auf die Waffengesetze der späten Republik und der beginnenden Kaiserzeit (s. u. Kap. 3 und 6).

      Auch in den vom Senat verwalteten Provinzen, in denen keine Legionen stationiert waren, ist mit der Präsenz von Militär zu rechnen. Abgesehen von den über das gesamte Reich hinweg aktiven Spezialeinheiten wie den Nachrichtendiensten und Kurieren, den Zollbehörden oder dem Personal des Cursus publicus, waren in den senatorischen Provinzen in der Regel kleinere Teile von Auxiliareinheiten (Hilfstruppen) zur Unterstützung der Verwaltung stationiert. Auch dies ist bei archäologischen Waffenfunden an vermeintlich rein zivilen Orten zu beachten.

KAPITEL 2 Das historische Trauma: Sklavenaufstände und Gladiatorenrevolten

      Roms Haltung bestimmten Problemen gegenüber war nicht frei von irrationalen Gefühlen. Dazu gehörte die Angst vor Kelten und Germanen. Zu den schlimmsten Erfahrungen der beginnenden Kaiserzeit unter dem Alleinherrscher Augustus zählte die Niederlage im Teutoburger Wald 9 n. Chr. gegen die Germanen unter Führung des Arminius. Die damals wieder einsetzende Angst in Rom hatte historische Gründe und war mit der einzigen Eroberung Roms durch fremde Heere verbunden, die in der Geschichte der römischen Republik stattfand: Am 18. Juli 387 v. Chr. unterlag das Aufgebot der Stadt Rom an der Allia nördlich von Rom den Kelten, die unter ihrem Führer Brennus von der Poebene her über Etrurien nach Süden vordrangen. Die Römer haben dieses Datum immer als Dies ater (Schwarzen Tag) ihrer Geschichte betrachtet.

      Die Kelteninvasion erzeugte in Rom einen Komplex, die Keltenangst (Metus Gallicus). Das zeigte sich im Laufe der Geschichte wieder, als Rom 150 Jahre nach der Brennuskatastrophe im Jahr 225 v. Chr. einen nächsten großen Gallierkampf zu bestehen hatte. Mit den Kriegen gegen die Gallier verbanden sich in der Zeit der römischen Republik die Phänomene des Metus Gallicus und des Tumultus Gallicus (Staatsnotstand wegen der Gallier). Später hat man die Keltenangst auf die Germanen übertragen, was umso leichter geschehen konnte, da für die Römer vor der Zeit Caesars zwischen Kelten und Germanen kein Unterschied bestand. Den sprichwörtlichen Furor Cimbricus und Furor Teutonicus, also die kimbrische und die teutonische Berserkerwut, haben die römischen Dichter Lucanus und Juvenal erst viel später formuliert.

      Zu den historischen Erfahrungen der Römer, die einen immerwährenden Eindruck hinterließen, gehörte die Krise der römischen Republik in den hundert Jahren vor 31 v. Chr., dem Jahrhundert der Bürgerkriege. Doch auch innerhalb dieses chaotischen Saeculums stachen einige Vorgänge heraus. Dazu gehörten die Sklavenkriege und Gladiatorenrevolten in den zwei Generationen zwischen 136 und 71 v. Chr. Sklaven, Hirten und Räuber waren der gesellschaftliche Hintergrund für diese Konflikte, welche die römische Republik zeitweise in schwere Bedrängnis brachten.

      Ohne Vorgänger waren auch diese Ereignisse nicht. Sklavenprobleme oder die Teilnahme von Sklaven an Verschwörungen und Gewaltaktionen werden mehrfach aus den Jahrhunderten zwischen 500 und 184 v. Chr. überliefert. Das Neue war aber, dass nun regelrechte Sklavenkriege ausbrachen. Auslöser auf breiter Basis waren die wirtschaftlichen Verhältnisse in Süditalien und Sizilien, wo die seit dem 3. Jh. installierte römische Herrschaft zu einer ausgedehnten Viehwirtschaft im Besitz relativ weniger Latifundienherren geführt hatte. Die Domänenherren beschäftigten auf ihren riesigen Gütern Sklaven als Hirten, die schon wegen ihrer notwendigen Beweglichkeit und wegen der Sommerweiden in den Bergen kaum zu kontrollieren waren. Hirtenarbeit war nur dann erfolgreich, wenn sich die Hirten gegen Raubtiere und Viehdiebe wehren konnten, weshalb diese Hirten mindestens Speere und Messer trugen. In der Zeit der Republik jedenfalls waren die mit der Falx, einem Sichelmesser (Abb. 10), und mit einem Speer ausgerüsteten Hirten ein normaler Anblick. Im Jahr 308 v. Chr. befand sich ein römischer Amtsträger mit seinem Sklaven auf einer Geheimmission von Rom nach Nordosten durch Etrurien und Umbrien hindurch zur Stadt Camerinum, dem heutigen Camerino in den Marken. Ihre Verkleidung bestand nach Livius aus der Hirtenkleidung mit dem Sichelmesser und je zwei Lanzen; in dieser Aufmachung konnten sie offensichtlich unbehelligt weite Distanzen durchwandern, ohne aufzufallen. Dies lässt den Schluss zu, dass der Anblick bewaffneter Wanderhirten alltäglich war.

       Abb. 10

      Sichelmesser der Hirten auf den großen römischen Domänen. Aus dem Fund von Neupotz/Pfalz aus dem 3. Jahrhundert n. Chr. Die Sichelmesser der späten Republik sahen ähnlich aus. Eisen. Speyer, Historisches Museum der Pfalz.

      Hirten auf den ausgedehnten Weideflächen bildeten den Rückhalt der Revolte des Eunus und Kleon im ersten Sklavenkrieg in Sizilien 136 – 132 v. Chr. Einer der Führer der Aufständischen, Eunus, war ein Syrer, den die Aura der Wundertätigkeit umgab, und der auch als Wahrsager tätig gewesen war. Eunus konnte sich angeblich auf eine Kerntruppe von 4.000 bis 6.000 Hirten stützen. Der Aufstand erfolgte in Enna, der beherrschenden Stadt im Zentrum der Insel. Die auslösende Person war der Großgrundbesitzer Damophilos, der seine Sklaven besonders grausam behandelte. Die Führer des Aufstands, Eunus und sein Gefolgsmann Kleon aus Kilikien, verzeichneten Anfangserfolge im Osten und Süden Siziliens. Die Römer konnten unter dem Consul Puplius Rupilius diesen ersten Sklavenkrieg erst im Jahr 132 v. Chr. beenden. Er kostete laut Diodor Tausenden von Sklaven das Leben.

      Der zweite sizilische Sklavenkrieg begann eine Generation später im Jahr 104 v. Chr. Auslöser war ein Senatsbeschluss zur Freilassung aller jener Sklaven, die aus verbündeten Staaten in römisches Gebiet verkauft worden waren. Als in Sizilien die erwarteten Freilassungen nach einiger Zeit stockten (vermutlich auf Druck der Großgrundbesitzer), begann der Aufstand. In Westsizilien war der Kilikier Athenion Führer der Insurgenten; er unterstellte sich später dem Salvius, den die Aufständischen zum König wählten. Salvius nahm den Beinamen Tryphon an und imitierte in seinem Aufzug sowohl hellenistisch-griechisches Königtum wie den römischen Consulat (Liktorenbegleitung, Toga mit Purpurstreifen); er starb 102 v. Chr. eines natürlichen Todes. Der Consul Mucius Aquillius konnte erst 101 v. Chr. den Krieg beenden. Bemerkenswert war dabei ein archaischer Auftritt: Aquillius tötete den feindlichen Anführer Athenion im Zweikampf.

      Die beiden römischen Sklavenkriege waren herausragend, aber keineswegs singulär in der Mittelmeerwelt. Es gab einige kleinere, lokale Sklavenrevolten, die auch erfolglos blieben, wie der Aufstand der Bergwerkssklaven von Laurion in Attika (spätes 2. Jh. v. Chr.), ferner Erhebungen auf dem Sklavenmarkt von Delos sowie in Minturnum und Sinuessa (Süditalien; alles um 133 v. Chr.). Kein reiner Sklavenkrieg war der fehlgeschlagene Aristonikosaufstand in Kleinasien (132 – 129 v. Chr.). Aristonikos, unehelicher Bruder des letzten Königs von Pergamon, Attalos III., stellte sich gegen das Testament seines Bruders, der Pergamon den Römern vermacht hatte (133 v. Chr.). Aristonikos beanspruchte Pergamon für sich und stützte sich auf die arme Landbevölkerung, während die großen Städte ihm nicht folgten. Er gab seiner Bewegung eine starke sozialrevolutionäre Richtung, gliederte viele Sklaven in sein Heer ein und verkündete einen Sonnenstaat mit Sonnenbürgern (Heliopoliten). Das Thema der sozialen und wirtschaftlichen Gerechtigkeit war damit angeschlagen, wenn es auch durch die Niederlage des Aristonikos 129 v. Chr. nur von kurzer Dauer war.

      In der späten Republik war die immer mehr anwachsende Zahl bewaffneter unfreier Hirten eine dauernde Gefahrenquelle; aus ihnen konnten sich politische Aufstände wie auch Räuberbanden rekrutieren, was bereits antike Autoren festgehalten haben. Dass freilich in Sizilien ein Sklave in der späten Republik allein wegen des Besitzes einer Jagdwaffe ans Kreuz

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