Tatort Kuhstall. Thea Lehmann

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Tatort Kuhstall - Thea Lehmann

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Er räusperte sich.

      »Also, Zivilisten haben an einem Fundort eigentlich nichts zu suchen. Ihr könnt weitergehen oder hier warten, bis Sandro und Klaus zurück sind. Nachdem es aber mindestens eine Stunde dauern wird, bis die Kollegen aus Dresden kommen, könnte ich hier schon ein wenig Hilfe brauchen.«

      Er sah Melanie an.

      »Zum Beispiel wäre es toll, wenn jemand Fotos machen könnte und wenn einer von euch Papier und Stift hätte, um die Personalien des freundlichen Herren hier aufzunehmen. Ich habe nichts zum Schreiben dabei.« Er deutete auf den Wanderer, der die Leiche gefunden hatte. »Aber nur, wer sich das zutraut.«

      Natürlich war ihm klar, dass es Unsinn war, die Laien hier einzuspannen. Wahrscheinlich würde er sich von seinem Chef Richter und auch von Manni Tannhauser, dem Leiter der Spurensicherung, sogar einen Rüffel einhandeln. Anderseits machte es ihm außerordentlich großen Spaß, hier das Kommando zu übernehmen.

      Die Gruppe fügte sich sofort.

      Melanie holte eine kleine Kamera hervor. »Ich mache die Fotos und habe auch etwas zum Schreiben«, verkündete sie. Sascha nickte. Es war ihm sehr recht, dass nicht mit dem Handy fotografiert wurde und die Fotos womöglich eine Stunde später schon im Internet kursierten.

      »Ich komme auch mit!«

      Der junge Mann mit Dreadlocks in den Haaren, er hieß Jan, machte einen abenteuerlustigen Eindruck. Er ließ sich von Melanie einen Kugelschreiber und ein kleines Notizbuch geben. Die Ehepaare Lenke und Käserer entschieden sich zu warten, ebenso Sandros Frau Monika und das zehnte Mitglied der Gruppe, ein schweigsamer Mann mit langen, grauen Haaren und Bart.

      Sollte er sich jetzt anziehen oder nicht? Sascha entschied, dass er im Dienst doch lieber Hemd und Hose tragen sollte, und holte seine Sachen aus dem Rucksack. Melanie und Jan taten es ihm gleich.

      Zu dritt machten sie sich mit dem aufgeregten Finder nochmals auf den Weg. Dieser hatte sich, nachdem sie angezogen waren, sichtlich erleichtert als Rigobert Bausewein vorgestellt. Sascha ließ ihn wieder vorangehen. Hinter ihm kam Melanie und machte bereits ein Foto nach dem anderen.

      »Nichts wegwerfen, nichts aufheben, in einer Reihe gehen!«, kommandierte Sascha.

      Nach wenigen Minuten blieb Bausewein stehen. Sascha hob die Hand, um die anderen zum Warten zu bewegen, und ging allein die noch ausstehenden Meter zu dem leblosen Körper.

      Der Mann lag auf dem Rücken, die Beine zur Felswand, die Arme weit ausgebreitet. Seine Augen waren offen, aber voller Fliegen. Er trug eine sandfarbene Stoffhose, ein Hemd mit dezentem, grün-beigem Karomuster und darüber eine helle Wanderjacke. Sein Kopf war offensichtlich auf einen Stein aufgeschlagen, das Erdreich darunter war dunkel getränkt von Blut. Der Körper lag friedlich da, fast, als hätte sich der Mann so hingelegt. Sascha ließ seinen Blick schweifen: Es lagen keine Gegenstände herum, kein Rucksack, keine Kleidungsstücke, nichts, was zum Toten gehören könnte.

      »Ich schätze den Mann auf etwa fünfundfünfzig Jahre«, sagte er in wichtigem Ton und erntete ein zustimmendes Nicken seiner drei Begleiter. Das Haar des Toten war grau und schütter, sein Körper lang und schmal. Sein Gesicht wirkte irgendwie schief.

      »Länger als zwei Tage«, so schätzte Sascha, »liegt er noch nicht hier.«

      Er schaute nach oben, dahin, wo auch der Blick des Toten ruhte. Genau über ihnen ragte die Zyklopenwand gegen den Himmel. Sascha drehte sich um und verkündete: »Ich vermute, er ist gestern oder vorgestern von oben abgestürzt und war sofort tot.«

      »Oh Gott, der arme Mann!« Melanie hatte sich die Hand vor den Mund geschlagen. Jan sah sehr käsig aus.

      »Ein Bergsteiger ist er allerdings nicht, eher ein Wanderer. Merkwürdig, dass niemand den Unfall mitbekommen hat. Da oben sind doch ständig Leute unterwegs, vor allem am Wochenende.«

      Sascha stand, ihre Arme in die Hüften gestemmt, neben dem Toten und betrachtete die Felswand.

      »Vielleicht hat er das Gleichgewicht verloren«, sinnierte er. »Das sieht jedenfalls sehr nach einem Unfall aus. Aber man weiß ja nie. Die Spurensicherung und der Pathologe werden klären, wann und wie genau der Mann abgestürzt und zu Tode gekommen ist.«

      Rigobert Bausewein, der den Toten gefunden hatte, räusperte sich:

      »Wenn Sie wollen, kann ich Ihnen ziemlich genau sagen, seit wann der Mann tot ist. Ich bin Fliegenforscher. Die Schmeißfliegen geben zuverlässige Hinweise, wenn es darum geht, den Todeszeitpunkt festzustellen. Jede Fliegenart hat ihren eigenen Reproduktionsrhythmus, das nutzt die forensische Entomologie auch in der Kriminalistik. Wenn ich mal nachsehen soll, ob es schon Maden gibt und wie groß die sind …«

      Mit einem dumpfen Plumps sackte Jan in sich zusammen. Sascha beobachtete, wie Melanie sich über den Ohnmächtigen beugte und ihm ein paar Klapse auf die Wangen gab, bis er die Augen wieder aufschlug. Sie riet ihm, sitzen zu bleiben und tief aus- und einzuatmen, bis er sich besser fühlte. Dann zückte sie wieder die Kamera und hielt jede Geste von Sascha fest. Der lächelte ihr anerkennend zu und reckte beide Daumen hoch. Tolle Frau, fand er.

      Auch über das Angebot des älteren Herren war er hocherfreut.

      »Wie schön, einen Spezialisten vor Ort zu haben. Legen Sie los, aber fassen Sie nichts an und verändern Sie nichts an dem Leichnam!« Bausewein trat näher heran und inspizierte den Kopf des Toten.

      Dass sich die Fliegen an der Kopfverletzung, an Augen, Nase und Mund tummelten, machte das Bild sehr makaber. Selbst Sascha, der schon einige Leichen gesehen hatte, spürte, dass ihm flau im Magen wurde. Rigobert Bausewein allerdings konzentrierte sich ausschließlich auf die Fliegen und die Stellen der Eiablage.

      »Hier, Calliphora vomitoria, es gibt erst ganz wenige, kleine Maden. Die haben gestern ihre Eier abgelegt. Der Mann kann noch nicht länger als achtundzwanzig bis dreißig Stunden hier liegen, sonst sähe das ganz anders aus. Nach drei Tagen wäre das Gesicht über und über mit Maden …«

      Hinter ihnen erbrach sich Jan auf ein duftiges Moospolster.

      Melanie seufzte und sagte: »Ich kümmere mich mal.« Sie zog Jan hoch, legte seinen linken Arm um ihre Schulter und führt ihn zurück zum Wanderweg.

      Sascha und Bausewein sahen den beiden nach. Dann richtete sich Bausewein auf und sagte:

      »Ich glaube, ich kenne den Mann. Das ist Dr. Stefan Schüppel aus Bad Schandau.«

      Als Leo Reisinger mit Manni Tannhauser und zweien seiner Mitarbeiter nach einer guten Stunde im Kirnitzschtal ankam, saß Sascha völlig entspannt neben einer dunkel-blonden Frau mittleren Alters am Wegesrand. Die beiden unterhielten sich angeregt.

      »Servus, Sascha! Mensch, hierher hätte ich ja nie allein gefunden.« Leo sprang aus dem Wagen, kaum dass er angehalten hatte, und schaute sich um. Sascha stellte ihn als »mein Kollege aus Bayern« vor und begrüßte die Kollegen der Spurensicherung, dann wandte er sich wieder der Frau an seiner Seite zu.

      Leo atmete die würzige Waldluft ein und betrachtete interessiert die mächtige Felswand vor ihnen. Einige Polizisten in Uniform liefen durchs Gelände, wohl um die Unfallstelle abzusperren.

      Manni Tannhauser, Chef der Spurensicherung, kannte sich wie die meisten Dresdner bestens im Nationalpark aus und war vom Kirnitzschtal aus ohne zu zögern auf für den Verkehr gesperrten Waldstraßen bis zum Fundort hinter dem Neuen Wildenstein

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