Schwarzmarkt Magie. Jek Hyde

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Schwarzmarkt Magie - Jek Hyde

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Holzstäbchen fischte.

      Sie ist es und gleich ist sie es auch nicht, dachte Alex, während sie Lilli einen Moment im Rückspiegel beobachtete. Sie fuhr durch die langen Schneisen an Parkplätzen, die sich links neben der sehr groß ausfallenden Raststätte befanden, scherte in eine Parknische ein und stellte den Motor ab. David Bowie beschloss, Ruhe zu geben.

      Es war ein recht kühler Tag, dessen Himmel weiß und wie glatt gestrichen war. Der Parkplatz war nicht voll, sondern lückenhaft. Außerhalb der Parkreihen, auf einem größeren asphaltierten Platz, reihten sich Lkws und Wohnmobile aneinander. An einem recht alten Wohnmobil konnte Alex einige Neuzeitzigeuner in lumpigen Wohlfahrtsklamotten und auch den einen oder anderen Zwerg ausmachen. An einem Maschendrahtzaun, der den halben Rastplatz umschloss und an den Kiefernwald grenzte, fraß ein merkwürdig missgestalteter Rabe etwas, das durchaus Erbrochenes sein konnte.

      Alex griff auf die Rückbank, nahm ihre schwarze Fliegerjacke mit dem übertriebenen weißen Fellkragen an sich und stieg aus. Ihr Atem flog in kleinen Wölkchen davon, während sie die Tür abschloss und die Reihe entlang auf das große Raststättengebäude zuging. Dabei kam sie an einem vergitterten Brunnen vorbei, der von matten, grauen Pflastersteinen in Knochenform umgeben war. Wer wollte schon, dass irgendwo ein halb mongoloider Quälgeist hineinstürzte und jämmerlich ersoff? Sie lief weiter an dem großen Raststättengebäude vorbei zur Parkbank, auf der noch immer Lilli saß und die letzten Nudeln aus der Packung fischte.

      Eigentlich war es verrückt, wie sie Lilli unter diesen Bedingungen überhaupt hatte erkennen können. Sie trug schwarze Kleidung, hatte eine schwarze Strickmütze auf dem Kopf und langes, rotes Haar, das nicht zu ihr gehörte. Alex blieb stehen und da sie im Gegensatz zum Wetter recht gut drauf war, sang sie: „Vor der Kaserne, vor dem großen Tor, stand eine Laterne und steht sie noch davor. So woll’n wir uns da wiederseh’n, bei der Laterne woll’n wir steh’n, wie einst, Lili Marleen.“

      Lilli sah auf. „Verdammt, was machst du denn hier?“, fragte sie, sprang von der Parkbank und schnappte sich ihre schwarze Laptoptasche. Zur Begrüßung umarmten sie sich, während Lilli zischte: „Ich hasse dieses Scheißlied.“

      „Ich weiß“, meinte Alex. „Seit wann lässt du dir rote Haare stehen?“

      Lilli sah sie einen Augenblick lang fragend an, bis sie sich ihrer Frisur entsann. „Ach, das? Halt mal.“ Lilli drückte Alex die Tasche und den Nudelkarton in die Hände und zog sich die Mütze und die rote Perücke vom Kopf. Zum Vorschein kamen ihre üblichen schwarzen, kinnlangen Haare, die Alex kannte und liebte. Lilli nahm die Tasche wieder entgegen und stopfte die rote Perücke und die Mütze hinein.

      Alex musste lächeln. Lilli war eine der wenigen, die einfach immer dieselben blieben, mit all ihren Vorteilen, die von Fehlern kaum zu unterscheiden waren. Zumindest fiel es ihr ungeheuer schwer, etwas anderes zu glauben, wenn sie die dürre Lilli vor sich stehen sah, wie sie auf ihrem Zungenpiercing herumkaute und mit dem Ring in der Mitte der Unterlippe spielte.

      „Gehen wir was essen“, schlug Alex vor.

      „Habe ich schon“, schickte Lilli zurück und hob den leeren Nudelkarton, in dem die ungleichen Holzstäbchen, die sie ungeduldig falsch auseinandergebrochen hatte, herumkullerten.

      „Ich aber noch nicht. Komm, wir gehen.“

      Lilli folgte ihr durch die automatischen Glastüren mit den hohen Fenstern daneben, die kaum von denen in Supermärkten zu unterscheiden waren. Drinnen wirkte die Raststätte mit den cremefarbenen Fliesen auf dem Boden und der großen Topfpflanze in der Mitte noch mehr wie ein Kaufhaus. Rechts befand sich ein Burger King, dahinter eine Kalte-Buffet-Bude und auf der anderen Seite hinkelsteinähnliche Krimskramsbuden.

      „Ich habe schon was gegessen“, meinte Lilli erneut und warf den Nudelkarton in einen zylindrischen, silbernen Mülleimer hinein.

      „Du musst ja nichts essen, aber ich hab seit Stunden nichts mehr zu essen bekommen. Meine letzte Mahlzeit war ein Donut gegen drei Uhr nachts.“ Sie zerrte Lilli mit sich in den Burger King. Mit den Worten: „Such uns einen Platz“, ließ sie Lilli los und ordnete sich in die kleine Schlange vor dem Tresen ein. Lilli schob sich auf eine mit rotem Leder bezogene Sitzbank und betrachtete Alex, während sie anstand. Als diese nach der unverhältnismäßig langen Wartezeit für eine so kleine Schlange an der Reihe war, bestellte sie einen Big King XXL, Fritten und eine große Coke. Das alles trug sie auf einem ebenfalls roten Plastiktablett zu Lilli hinüber, die sie in der Sitznische ausgemacht hatte. Sie schob sich hinein, stellte das Tablett auf den Tisch und zog ihre Fliegerjacke aus, die sie hinter sich rutschen ließ, während sie gierig damit begann, ihren Burger auszupacken und die Fritten sowie Ketschup an dem richtigen Platz zu drapieren.

      „Was machst du eigentlich an einer Raststätte nahe Österreich? Und noch wichtiger: Warum trägst du eine Perücke?“

      Lilli umklammerte ihre Laptoptasche, in der sich ganz sicher kein solches Gerät befand, sondern irgendetwas anderes. „Hast du das Hotel da drüben gesehen?“

      „Ja, was ist damit?“ Alex biss ein Stück aus dem Burger.

      „Wir sollten heute dort pennen.“

      „Genau das war meine zweite Frage an dich: Wenn ich hier fertig gegessen habe, wollen wir dann rüber ins Hotel gehen und die Puppen tanzen lassen?“ Sie biss noch ein Stück heraus, kaute es, nahm einen Schluck von der Coke und stopfte ein paar Fritten hinterher. Als sie den ganzen Matsch heruntergeschluckt hatte, den ihr Magen jauchzend und frohlockend entgegennahm, sah sie zu Lilli herüber, die ihre Tasche ungewöhnlich fest umklammert hielt.

      „Ich muss dir nachher was zeigen“, meinte Lilli mit einer gewissen kindlichen Vorfreude, die ihr eigen war, seit Alex sie kannte.

      Nicht nur von dem Geschmack des Burgers, der Fritten und der Coke nach dieser langen, beinahe einschläfernd ereignislosen Fahrt kribbelte alles in Alex, wenn sie an Lilli und das dachte, was die beiden anstellen würden.

      „Was machst du eigentlich die ganze Zeit?“, fragte Lilli.

      „Wie meinst du das?“, nuschelte Alex, den Mund voll zerkautem Burger, den sie sogleich mit der mit kalten Eiswürfeln versehenen Coke herunterspülte.

      „Na ja, du sagtest, du bist die ganze Zeit herumgefahren. Wie lebt man so?“

      „Sagt gerade die Richtige“, meinte Alex, deutete mit einer knusprigen, salzigen Fritte auf Lilli und stopfte sie sich anschließend in den Mund. „Du bist auch mal hier, mal dort. Was uns zu meiner Frage zurückführt, warum ich dich hier auf der Schnittkante von Deutschland und Österreich mit eine roten Perücke treffe.“

      „Äh … Das Ganze hat in Berlin angefangen. Ich war bei ein paar Kumpels.“

      „Wo hast du eigentlich keine Kumpels?“

      Lilli tat es mit einem Schulterzucken ab. „Jedenfalls war dieser Kumpel, Streuner, nicht mehr in der WG, wo ich ihn erwartet hatte. Ich hockte mich also auf den Alex, um ihn zu finden. Doch er war auch da nicht, also bin ich durch halb Berlin geeiert, bis ich auf einer Toilette im Bahnhof Zoo pissen war. Und was wartete da auf dem Klodeckel in einem dieser Scheißhäuser auf mich?“ Grinsend und mit hochgezogenen Brauen deutete sie auf die Tasche.

      „Und was war da drin?“, fragte Alex mit einem mulmigen Gefühl in der Bauchgegend, was vielleicht aber auch daran lag, dass sie viel zu schnell viel zu viel Masse hinuntergeschlungen hatte.

      Lilli kaute auf ihrem Zungenpiercing herum und beugte sich vor; Alex ebenfalls, sodass Lilli

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