Wenn die Stille deine Wunden heilt. Thomas Krasicki
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Dabei ist es faszinierend, was einem alles so einfällt, wenn man nur die Augen schließt. Unzählige Dinge spielen sich vor einem ab. Umso schöner ist es, wenn man diese Dinge beschreiben kann.
Für mich war es am einfachsten, meine Gefühle niederzuschreiben. Denn das Erzählen ist nicht jedermanns Sache. Oft fehlen einem die passenden Worte. Ganz anders beim Schreiben. Ich musste nur den Stift in die Hand nehmen und meine Gedanken schrieben sich wie von selbst.
Erkenntnis
Endlich sind Trauer und Leid verschwunden,
Wochen, Tage und so viele Stunden.
Eine Zeit, die keine schöne war,
ich bin weggelaufen und jetzt wieder da.
Habe keine Angst mehr vor solchen Momenten,
denn heute weiß ich, dass auch diese enden.
Außerdem sind hier viele Menschen, die mir wichtig sind,
ich habe es lange nicht erkannt, denn vor Trauer war ich blind.
Einer von ihnen stand mir furchtbar nah,
war mir zwar nicht sicher, doch jetzt ist es mir ganz klar.
Leider bin ich kein Sänger, um über diesen Menschen zu singen,
dann werden eben meine Worte wie Musik erklingen.
Denn aus meinem Herzen spricht die Melodie
und verleiht mir Sätze in der Poesie.
Nachdem ich meine Gedanken aufgeschrieben hatte, legte ich mich schlafen. Ab jetzt musste ich mich auf die Schule konzentrieren. Denn diese sollte sehr viel Kraft und Zeit in Anspruch nehmen.
Am nächsten Morgen stand ich früh auf, um nicht gleich am ersten Schultag negativ aufzufallen. Der Tag in der Schule war sehr kurz.
Unsere Klasse bestand aus dreiunddreißig Schülern. Gleich in der ersten Schulstunde bekamen wir einige wichtige Informationen über den Ablauf der nächsten Tage und Wochen. Ich erfuhr, dass wir zwei Tage später auf Klassenfahrt nach Salzburg fahren sollten. Dies kam für mich etwas überraschend, da ich eher damit gerechnet hatte, Mitte des Schuljahres ins Schullandheim zu fahren. Für jeden von uns war es allerdings eine gute Möglichkeit, all die neuen Menschen, die einen das kommende Schuljahr begleiten sollten, kennenzulernen.
Und dann war es auch schon soweit. Wir machten uns auf den Weg nach Salzburg. 8:30 Uhr war der Treffpunkt am Hauptbahnhof. Als wir uns in den Zug begaben, setzte ich mich zunächst zu den Leuten dazu, die ich aus den ersten Gesprächen kannte.
Doch nach einigen Stunden entstand aus den kleinen Gruppen eine Gemeinschaft. Natürlich ist es nicht möglich, zu jedem Schüler einen guten Kontakt zu halten, dennoch habe ich versucht, keinen außer Acht zu lassen. Ich wollte jedem einzelnen die Chance geben, mit mir ein Gespräch zu führen. Genauso wie ich mir erhoffte, dass mich jeder von ihnen akzeptierte, beziehungsweise auch meine Art respektierte.
Der erste Eindruck über meine Mitschüler war durchaus positiv; lauter verschiedene Charaktere und doch kein Problem in der Kommunikation. Mit einigen Mitschülern verstand ich mich auf Anhieb so gut, dass ich mir sogar vorstellen konnte, abends mit ihnen um die Häuser zu ziehen.
Wir verbrachten allerdings nur zwei Tage im Schullandheim. Somit wollte ich mich nicht zu voreilig von allem Positiven blenden lassen und lieber noch etwas mit meinem Urteil ausharren. Es wäre schließlich nicht das erste Mal gewesen, dass Menschen zu einem späteren Zeitpunkt ihr zweites Gesicht zeigen würden.
In der nächsten Woche begann der normale Unterricht. Trotzdem ging es noch behutsam zur Sache, da noch einige Dinge geklärt werden mussten. Eine von diesen vielen Sachen war die Wahl der beiden Klassensprecher. Dadurch, dass ich bei den meisten Mitschülern einen guten Eindruck hinterlassen konnte, bin ich prompt zur Wahl vorgeschlagen wurden. Da wir allerdings einen Überhang an Mädels besaßen und sich auch nur zwei von ihnen zur Wahl stellten, sollte es eine deutliche Angelegenheit werden.
Bei den Jungs waren es immerhin drei, die vorgeschlagen wurden. Ich war allerdings der Einzige von ihnen, der mit der Stimmenanzahl des zweitplatzierten Mädchens konkurrieren konnte. Da die Klasse beschloss, ein Mädchen und einen Jungen als Klassensprecher zu haben, wurde ich letztendlich zum zweiten Klassensprecher gewählt. Für mich war es eine schöne Geste der Klasse, die mir zeigte, dass ich akzeptiert und geschätzt wurde.
Mit der anderen Klassensprecherin hatte ich dann auch schon die ersten Aufgaben zu erledigen. Eine davon war das restliche Geld, welches von der Klassenfahrt übriggeblieben war, mit dem Papiergeld für das kommende Jahr zu verrechnen und den Restbetrag von meinen Klassenkameraden einzusammeln. Ein Glück, dass ich gut in Mathematik war!
Natürlich hatte nicht jeder das Geld dabei, was zur Folge hatte, dass ich den bereits eingesammelten Betrag mit nach Hause nehmen musste. Eine verantwortungsbewusste Aufgabe, da in einer über dreißig Schüler großen Klasse eine beachtliche Summe zustande kam.
Zu Hause überflog ich noch einmal die Liste mit den Leuten, die schon gezahlt hatten. Der Betrag stimmte. Dann stach mir noch etwas ins Auge. Ich sah auf die Klassenliste in der auch die Geburtstage der einzelnen Schüler standen: 19.09.86.
Ich war mir nicht ganz sicher, ob das wirklich der heutige Tag war. Deshalb schaute ich in meinen Kalender nach, um mich davon zu überzeugen. Tatsächlich, heute war der 19. September. Das Geburtstagskind war ein Mädchen, mit dem ich zuvor in der Schule ein Gespräch geführt hatte. Sie sah etwas traurig aus. Ich fragte sie dabei, ob sie weinte oder ob es ihr schlecht ginge. Daraufhin antwortete sie mir, dass sie etwas krank sei. Da ich jetzt von ihrem Geburtstag wusste, dachte ich mir im ersten Moment, dass sie vielleicht traurig darüber war, ausgerechnet heute in der Schule sein zu müssen und noch dazu keiner der Mitschüler von ihrem Geburtstag wusste.
Ich hatte ein wenig Schuldgefühle, da ich die Klassenliste bereits in der Schule durchgegangen war und mir dabei das Datum nicht aufgefallen war. Deshalb beschloss ich, ihr eine kleine Geburtstagstrophe zu schreiben. Ich gab mir richtig Mühe.
Es sollte schließlich ein schöner Text entstehen. Am nächsten Tag gratulierte ich ihr nachträglich und übergab ihr mein Gedicht, welches ich in Sonntagsschrift auf ein weißes DIN A4 Blatt geschrieben hatte. Sie reagierte etwas verwirrt, was auch verständlich war. Ich sagte ihr, sie sollte es erst zu Hause lesen und mir am nächsten Tag berichten, wie ihr mein Geschenk gefällt. Am nächsten Morgen kam sie während einer Pause zu mir und umarmte mich für einen kurzen Augenblick.
Sie hatte sich sehr über das Gedicht gefreut und war auch etwas überrascht, dass ich solche Texte schreiben konnte.