Bastis Welt. Moni Rehbein

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Bastis Welt - Moni Rehbein

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Mal kaputt ist, dann wirf es bitte nicht wieder in den Garten.« In der Hoffnung, er habe mich verstanden, schloss ich das Gerät an, suchte unsere wichtigsten Rufnummern wieder heraus und programmierte es neu. Ich konnte nur hoffen, dass das Telefon diesmal länger halten würde.

      Das Telefon funktionierte einwandfrei. Tage und Wochen vergingen, es lagen keine Beanstandungen vor und ich vergaß den Ärger mit dem Funkgerät langsam wieder. Vielleicht hatten wir ja wirklich das Pech gehabt, zweimal hintereinander einen mangelhaften Apparat zu erhalten.

      Bis ich an einem Mittwoch von der Arbeit nach Hause kam. Bereits auf einer der unteren Treppenstufen hörte ich ein verdächtiges Knirschen unter meinen Schuhen. Ich war auf ein schwarzes Plastikteil getreten. Mir schwante nichts Gutes. Ein paar Treppenstufen weiter lag noch ein Stückchen Plastik, eine Batterie war dazwischen gekullert. Oje, das Telefon schien schon wieder kaputt zu sein. Aber vielleicht konnte man es ja wieder reparieren. Doch als ich dann das Gewirr aus Plastik und Kabeln auf dem Treppenabsatz sah, gab ich diese Hoffnung gleich wieder auf.

      Langsam ging nun meine Geduld zu Ende.

      »Basti!?« Ja, ich kann auch laut werden. »Basti!!!«

      »Ja, was ist denn los?« Verschlafen kam er aus seinem Zimmer.

      »Waaaaas ist mit dem Telefon passiert?«

      »Das habe ich die Treppe runtergeworfen.« Die Rollen schienen sich vertauscht zu haben, ich schrie und Basti antwortete so ruhig, als würde es ihn gar nichts angehen. »Sonst noch was?«, fragte er und wollte sich schon wieder umdrehen, um in sein Bett zurückzugehen.

      »Bleib gefälligst da!« Mühsam und hin- und hergerissen vom Bedürfnis nach Schlaf – nachmittags um 13.30 Uhr – und gehorsam mir gegenüber, drehte er sich wieder zu mir um. »Was ist denn los?« Seine Stimme klang so unschuldig und unbeteiligt, ich hätte ihn schütteln mögen.

      »Was los ist, willst du wissen? Das Telefon ist kaputt. Und diesmal richtig. Warum hast du es die Treppe runtergeworfen?«

      »Mama, deine Stimme klingt so gereizt.«

      Hörte er mir überhaupt zu? Ich musste wohl erst noch lauter werden: »Meine Stimme klingt nicht nur gereizt, ICH BIN GEREIZT!«

      »Dann setz dich hin und ruh dich erst mal aus.« Er wollte sich wegdrehen, um in seinem Zimmer zu verschwinden.

      »Ich will jetzt SOFORT wissen, warum du das Telefon die Treppe hinuntergeworfen hast!«

      »Du hast selbst gesagt, dass ich das Telefon nicht aus dem Fenster werfen soll.«

      »Damit habe ich aber NICHT gemeint, dass du es die Treppe runterwerfen darfst.«

      »Wo soll ich es denn dann hinwerfen?«

      Verstand er eigentlich, wovon ich redete? Drückte ich mich etwa missverständlich aus? »Du sollst es nirgends hinwerfen. Hast du mich verstanden? Warum hast du das getan?«

      Nun begann auch er zu schreien: »Diese Scheißdrecksding nervt nur! Die von der Telekom gehören alle vergast! Und die von der Regierung auch! Die stecken alle unter einer Decke!!!«

      »Willst du damit etwa sagen, die Regierung sei schuld? Hat etwa die Regierung unser Telefon die Treppe runtergeworfen? Oder die Telekom? Ich will jetzt SOFORT wissen, warum du das Telefon kaputt gemacht hast!«

      »Dieses Ding nervt nur. Daran ist nur die Regierung schuld. Die stecken mit der Telekom doch unter einer Decke. Atombomben sollte man da reinwerfen! JA! Vernichten sollte man sie alle! Diese Drecksamerikaner, die fangen auch immer nur Krieg an! Die wollen uns alle vernichten!« Seine Stimme war immer lauter geworden und sein Gesicht hatte eine ungesunde Röte angenommen.

      Ich hatte langsam genug. »Jetzt kann ich schon wieder ein neues Telefon kaufen. Zweihundertfünfzig Mark hat das gekostet. Ich nehme das von deinem Sparbuch. Geh in dein Zimmer.« Diesmal hatte ich ihn getroffen.

      »Ich brauche kein neues Telefon. Lass mein Sparbuch in Ruhe. Dieses Dreckstelefon ist eh ein Scheiß!« Damit verschwand er in seinem Zimmer und knallte laut die Tür hinter sich zu.

      Ich schloss unser altes Kabeltelefon wieder an und wartete ein paar Tage ab. Meine Wut verrauchte nur langsam und immer, wenn ich das alte hässliche Ding benutzte, kochte der Zorn wieder hoch. Was war nur los mit Bastian? Ich konnte mir keinen Reim auf seine Zerstörungswut machen. Hatte er auch die ersten beiden Male das Telefon zerstört? Lag es etwa gar nicht an dem defekten Apparat? Hatte Basti nur mal wieder seine Wut an etwas auslassen müssen? Warum aber am Telefon?

      Es nutzte alles nichts. Meine Fragen blieben unbeantwortet. Aus Basti war kein Wort zu seinem sinnlosen Zorn herauszubekommen. Ich musste wohl wieder zur Telekom gehen und die Einzelteile gegen ein komplettes Fernsprechgerät austauschen.

      Schweren Herzens und voller Scham machte ich mich Tage später auf den Weg. Das Geld hatte ich tatsächlich von Bastis Sparbuch genommen. Es sollte ihm eine Lehre sein.

      Zum Glück bediente mich bei der Telekom ein anderer Sachbearbeiter. So musste ich wenigstens nicht erklären, warum ich schon wieder da war. Der Mann war, wie auch sein Vorgänger, sehr freundlich und hilfsbereit, aber den neuen Apparat musste ich dennoch bezahlen. Weitere zweihundertfünfzig Mark wechselten den Besitzer. Diesmal speicherte ich gar nicht erst alle Nummern neu ein, wer weiß, wie lange das Telefon heil bleiben würde.

      Ein neues Jahr begann. Die gute Deutsche Mark wurde in Euro umgewechselt und die Preise halbierten sich, auch die Preise für neue Telefone. Tolle Sache – doch die Löhne wurden auch halbiert und so blieb im Grunde alles beim Alten, nicht nur der Preis sondern auch der Verschleiß meiner Telefone. Vermutlich war mein Sohn heimlich mit einem Projekt beschäftigt, das es sich zur Aufgabe gemacht hatte, die Telekom zu sanieren – mit meinen Einkäufen!

      Bastian hatte endlich begriffen, dass man Telefone nicht herumwirft, deshalb trampelte er das nächste Mal darauf herum. Nachdem wir mit der Zeit alle Möglichkeiten der Telefonzerstörung durch hatten, machte er sich daran, die Stabilität der Ladestation zu testen und – keiner hätte es vermutet – Ladestationen halten der Wut von Heranwachsenden auch nicht stand. Allerdings war sie nicht ganz kaputt, die Funkvorrichtung funktionierte noch, deshalb brauchte ich nur eine neue Ladevorrichtung und die war billiger als ein Telefon. Das sollte nun allerdings nicht bedeuten, dass ich darüber glücklicher war.

      Eines Tages hatte ich Urlaub und war zu Hause. Viele Bekannte nutzten die Gelegenheit, mal wieder mit mir zu telefonieren und ich genoss es, dass mein Telefon mal nicht kaputt war. Zwischendurch kam auch ein Anruf, bei dem sich jemand verwählt hatte, der das große Elektrofachgeschäft in unserem Ort haben wollte.

      Nachdem wenige Tage meines Urlaubs verstrichen waren, telefonierte ich mit Jana, meiner Freundin, die auch einen autistischen Sohn hat.

      Da wir endlich mal wieder wirklich ausgiebig Zeit zum Telefonieren hatten, kamen wir irgendwann auch auf die Zerbrechlichkeit der modernen Kommunikationsapparate zu sprechen. Jana hatte es schon immer verstanden, durch gezielte Fragen den Dingen auf die Spur zu kommen. Sie war schon so etwas wie eine Fachfrau zum Thema »Autismus« – wie wohl viele Mütter mit einem autistischen Kind. Doch oft sieht man bei anderen die Dinge klarer, weil man objektiver sein kann.

      Auf jeden Fall war Jana schon oft ein Segen für mich, so auch diesmal.

      »Erinnere dich, hast du in letzter Zeit bedrohliche Anrufe erhalten?«

      Ich erinnerte mich noch gut an das schlechte Gefühl, ein

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