Bastis Welt. Moni Rehbein
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Читать онлайн книгу Bastis Welt - Moni Rehbein страница 6
»Waren sonst irgendwelche ungewöhnlichen Anrufe?«
Konzentriert dachte ich nach, konnte mich aber nicht erinnern. Ich dachte natürlich an solche Dinge wie Rauschen in der Leitung, hohe Pfeiftöne, unbekannte Tonsignale … kleine grüne Wesen mit Antennen auf den Köpfen … Dabei entschloss ich mich dann, vielleicht doch nicht so oft Mystery-Serien zu sehen.
»N … n … nein«, ich zögerte ein wenig, wer weiß schon, wie Aliens wirklich klingen?
»Hat sich vielleicht jemand verwählt?«
»Ja, aber was hat das damit zu tun?«
»Erzähl mal davon!«
Ich verstand nicht, worauf sie raus wollte. Ich hatte Jana aber als eine besonnene Frau kennengelernt und wusste, dass ihre Fragen einen bestimmten Zweck erfüllen sollten. »Na ja, gerade vor ein paar Tagen hat jemand angerufen und wollte mit der Computerabteilung verbunden werden. Ich dachte zuerst an einen Scherz, den ein Freund von Basti sich mit uns erlaubt, aber der Anrufer wollte wirklich die Computerabteilung vom Elektrogeschäft und nicht meinen computerverrückten Sohn.«
»Und?«
»Nichts ›und‹. Ich hab demjenigen erklärt, dass es sich um ein Missverständnis handelt und er hat sich entschuldigt und aufgelegt.«
»Sag mal«, Jana gab immer noch keine Ruhe, »hast du ein Telefonbuch griffbereit?« Ich ging zur Schublade und nahm das Telefonbuch zur Hand, da hörte ich schon Janas ruhige Stimme wieder: »Schau doch mal nach, was das Geschäft für eine Nummer hat.«
Ich schlug die entsprechende Seite auf und musste nicht lange suchen, denn der Fachhandel hatte eine halbe Seite des Telefonbuches belegt – in Großdruck. Ich starrte erstaunt auf die Anzeige. »Die haben ja genau die gleiche Nummer wie wir. Da ist nur eine 9 vor der Nummer.«
Langsam begriff ich, worauf Jana hinauswollte, da stellte sie auch schon beharrlich die nächste Frage: »Der Falschwähler kürzlich bei dir wird ja wohl nicht der einzige gewesen sein. Du kennst doch deinen Sohn – was passiert, wenn er so einen Anruf bekommt?«
Diesbezüglich konnte ich meinen Sohn wirklich genau einschätzen. Dieses Elektrogeschäft war eins seiner Lieblingsgeschäfte. Man bekam dort alles und was man nicht bekam, bestellten die freundlichen Verkäufer sofort und informierten einen sogar telefonisch, wenn der Artikel geliefert wurde. Zudem behandelten sie dort meinen Sohn höflich und mit Respekt, was nicht überall selbstverständlich ist. Es war eins der wenigen Geschäfte, in die mein Sohn ohne Begleitung ging, weil er sich dort wohl und sicher fühlte. So konnte ich also Janas Frage sehr überzeugt beantworten: »Er würde dem Anrufer höflich erklären, dass er sich verwählt hat und ihm vielleicht sogar die richtige Nummer raussuchen.«
»Und was passiert, wenn der Anrufer gar nicht nachfragt, sondern sofort seinen Irrtum bemerkt und einfach auflegt?«
Endlich begriff ich. Es war so einfach, ich Esel …
»Er würde Panik bekommen …«
»… und in der Panik bekommt er Wutanfälle und das äußert sich dann in Zerstörungswut …«
»… und dann macht er das Telefon kaputt.«
Gemeinsam hatten wir das Szenario zu Ende gesponnen und es war mir, als hätte man mir eine Decke von den Augen gezogen.
Wieder einmal war ich Jana sehr dankbar wegen der Besonnenheit, die sie an den Tag legte und ihrer ruhigen Art, meine Probleme anzugehen. Das sagte ich ihr und auch, wie gut es mir jedes Mal tut, mit jemandem zu reden, der nicht gleich mir die Schuld gibt oder meinen Sohn als bösen Jungen hinstellt, der gewalttätig und gemeingefährlich wirkt.
Wir redeten noch ein wenig über die Denkweisen der Menschen im Allgemeinen und Autisten im Besonderen und beendeten das Gespräch mit dem guten Gefühl, in der jeweils anderen eine Freundin gefunden zu haben, die einen auch mal in die Tiefen der menschlichen Psyche hinein begleitet.
Jana hatte sich schon oft als treue Freundin erwiesen und der Kontakt zu ihr stellte für mich eine der größten Erhörungen meiner Gebete dar, seit ich Christ geworden war, und als lebendiger Beweis für das Handeln Gottes in meinem Leben.
Ich hatte Jana tatsächlich kennengelernt, nachdem ich Christ geworden war und angefangen hatte zu beten, dass der Herr mir einen Menschen zur Seite stellt, der mir nicht nur hilft, sondern mich auch wirklich versteht. Eigentlich hatte ich bei diesen Gebeten an einen Mann gedacht, doch meist weiß der Schöpfer der Welt sehr viel besser als wir, was wirklich gut für uns ist, wenn wir unsere Angelegenheiten vertrauensvoll in Seine Hände legen. Und so hat Er mir in Jana nicht nur einen Menschen geschenkt, der mich versteht und mir hilft, sondern zudem noch ein Christ ist, und selbst Mutter eines Autisten. Wenn man nun bedenkt, dass es in Deutschland maximal fünf Prozent Christen gibt, bei denen Jesus Christus wirklich die Regie im Leben führt, und wenn man dann noch bedenkt, wie verschwindend gering der Prozentsatz der Mütter von Autisten in der deutschen Bevölkerung ist, von denen auch noch die wenigsten sich mit den verschiedenen Formen des Autismus beschäftigen und ihre Kinder fördern und betreuen, dann kann man vielleicht das Ausmaß des Wunders ermessen, das Jana für mein Leben darstellt.
Ich ließ mir unser Gespräch noch etwas durch den Kopf gehen und wartete einen Zeitpunkt ab, an dem keine seiner Lieblingssendungen im Fernsehen liefen und auch sonst keine wichtigen Dinge anstanden, die ihm durch den Kopf gehen konnten, bevor ich Basti darauf ansprach: »Basti, ich möchte dich mal was fragen.«
»Dann frag schon.« Er schlug bewusst einen gelangweilten Tonfall an, aber ich wusste, wie sehr er Fragen und die Beantwortung von Fragen liebt.
»Hat hin und wieder schon mal jemand bei dir fürs Elektroland angerufen?«
»Ja«, an seinem Eifer bemerkte ich, wie gern er sich mir nun mitteilen wollte, ich hatte also den richtigen Zeitpunkt für das Gespräch erwischt, »stell dir vor, die haben doch wirklich gedacht, wir wären das Elektroland.«
»Was hast du dann getan?«
»Na was schon?« Ich meinte ein klein wenig Stolz in seiner monotonen Stimme zu vernehmen. »Ich habe ihnen gesagt, dass sie sich wohl verwählt haben und ihnen die richtige Nummer gegeben.«
»Wo hattest du die denn her?«
»Ich musste doch damals, als ich wegen des PC-Spiels fragen wollte, selbst dort anrufen und seitdem weiß ich die Nummer. Stell dir vor«, nun hatte seine Stimme sogar einen leicht belustigten Unterton, »die haben fast die gleiche Nummer wie wir, nur mit einer Neun davor.«
Er schien wirklich gerade mitteilungsbereit und gut aufgelegt, deshalb wagte ich mich gleich weiter vor: »Sag mal, hat auch hin und wieder mal jemand einfach aufgelegt, wenn du dich gemeldet hast?«
Sofort verwandelte sich seine bisher so freundliche Stimme in ein schrill-zorniges Aufbrausen: »Diese Drecksäcke«, keifte er wütend, »diese Drecks-Amis mit ihren Lauschangriffen!!!« Seine Stimme wurde immer lauter, sein Gesicht verzerrte sich zu einer Maske der Wut und sein Kopf wurde knallrot. »Die haben nicht aufgelegt. Die haben sich nur nicht gemeldet und im Hörer geknackt, damit ich meine, sie hätten aufgelegt. Aber ich bin ja nicht blöd. Diese Schweine denken wohl, dass ich auf den Trick reinfalle, aber die wollen mich nur ausspionieren. Und ihr Drecks-Christen steckt mit ihnen unter einer Decke.« Dabei spie er jede Silbe einzeln heraus. Sein ganzer