Der Samurai-Manager. Reinhard Lindner
Чтение книги онлайн.
Читать онлайн книгу Der Samurai-Manager - Reinhard Lindner страница 4
In einem berühmten Zitat über den Samurai-Kodex heißt es:
Rechtschaffenheit ist die Macht, über ein bestimmtes Verhalten vernunftgemäß und ohne Wanken zu entscheiden – zu sterben, wenn es richtig ist zu sterben, zuzuschlagen, wenn es richtig ist zuzuschlagen. 3
Die Samurai waren gefürchtete Krieger. Aber was war der Grund dafür?
Ein Samurai wusste, dass er jederzeit sein Leben aufs Spiel setzen musste. Sein Leben hing also von seiner Fähigkeit zu kämpfen ab. Folglich war ein Samurai bestrebt, sein Geschick in der Kampfkunst mit dem Schwert zu perfektionieren. Allein ein guter Kämpfer zu sein, war zu wenig. Viele Kämpfe zu überleben, bedurfte eines hohen Maßes an zusätzlichen Fähigkeiten, wie Gelassenheit, Flexibilität, Entschlossenheit, Mut und vor allem Intuition. Es handelt sich hierbei um Werte, die auch im heutigen Management eine fundamentale Bedeutung haben. Ich werde im Kapitel „Die Werte der Samurai in Bezug auf unser Geschäftsleben“ (S. 38) genauer auf dieses Thema eingehen.
Um sich diese Fähigkeiten anzueignen, war tägliches Training notwendig. Jetzt stellt sich natürlich die Frage: Wie trainiert man Eigenschaften wie Gelassenheit, Mut und Entschlossenheit?
Die Perfektion liegt in der Ganzheit.
Perfektion liegt in der Ganzheit. Deshalb existieren im buddhistisch geprägten asiatischen Kulturkreis immer zwei Seiten: das Yin und das Yang. Sie stehen für einander entgegengesetzte, aber dennoch aufeinander bezogene Kräfte.4
Die eine Seite waren der Kampf, das Töten, das Blutvergießen. Auf der anderen Seite beschäftigten sie sich aber auch mit der Kunst. Viele bedeutende japanische Gedichte stammen aus der Feder von Samurai. Berühmte Bilder und Schnitte hängen heute weltweit in zahlreichen Museen. Deren Schöpfer waren oft Samurai. Dies ist die andere Seite: eine zarte, achtsame und liebevolle. Aus dieser Dualität beider Extreme resultiert die Gelassenheit.
Mut heißt, das zu tun, was getan werden muss.
Mut heißt, das zu tun, was getan werden muss. Dem steht meist die Angst im Wege. Das heißt: Um Mut zu trainieren, muss ich der Lage sein, die Angst zu überwinden. Angst bedeutet psychologisch betrachtet sich in einen Zustand zu versetzen, von dem man selbst nicht möchte, dass er eintritt. Dieser Zustand ist im Moment der Angst aber noch nicht real und somit auch nicht existent. Man fürchtet sich also vor etwas, was es noch gar nicht gibt. Angst resultiert auch aus der Tatsache zu glauben, etwas hergeben zu müssen, was man behalten möchte. Der Samurai ging mit der Vorstellung in den Kampf, er sei bereits tot. Denn jemand, der bereits tot ist, hat nichts zu verlieren. Wenn er nichts zu verlieren hat, muss er auch vor nichts mehr Angst haben. Hinzu kam die traditionelle Ansicht, dass der Verlust des Lebens nicht das Schlimmste war, das einem Menschen zustoßen konnte, sondern der Verlust seiner Ehre. Dieses fest verankerte Wertebild machte die Samurai zu unglaublich entschlossenen und mutigen Kämpfern, die in der Lage waren, in einem Kampf beinahe übermenschliche Kräfte zu entwickeln.
Entschlossenheit war ein Wert, der bei einem Samurai über Leben und Tod entschied. Das Gegenteil von Entschlossensein ist Zögern. Dies war in einem Kampf mit einem Todesurteil gleichzusetzen.
Entschlossenheit zu trainieren, setzt eine gute Intuition voraus und die ist ein Zusammenspiel aus allen Werten.
Angst und Unentschlossenheit sind die größte Geißel vieler Manager. Wie man damit umgeht und diese Problematik auch wirkungsvoll und nachhaltig therapiert, werde ich im Kapitel „Die Werte der Samurai in Bezug auf unser Geschäftsleben“ ausführlich behandeln. Wie bereits erwähnt, war ein Samurai seinem Daimio oder Shogun gegenüber zu Loyalität verpflichtet. Loyalität ist aber nicht zu verwechseln mit Unterwürfigkeit oder bedingungslosem Gehorsam. Im Gegenteil: Der Samurai war verpflichtet, seinen Herren darauf aufmerksam zu machen, wenn er davon überzeugt war, dass dessen Entscheidung falsch war. Das Ignorieren einer Fehlentscheidung galt als illoyal.
Wir sehen also, dass ein Samurai ein breites Spektrum an Werten zur Verfügung hatte. Das Harte konnte sich ohne das Zarte nicht entfalten und die Disziplin nicht ohne eigenständiges Denken. Der Samurai verkörperte Werte, welche viele Manager zu viel besseren Führungskräften machen würden, wovon wiederum die Unternehmen und auch deren Mitarbeiter enorm profitieren könnten.
Werte sind die Basis nachhaltigen Erfolges.
1853 landete der amerikanische US-Commodore Matthew Calbraith Perry5 mit seinen Schiffen an der Küste Japans und brachte eine neue Waffentechnologie mit, welche dem Samurai-Schwert naturgemäß überlegen waren. Er zwang die Japaner 1854 im Vertrag von Kanagawa zur Öffnung des Landes für amerikanische Handelsschiffe und zu einem langfristigen Handelsabkommen mit den USA. Schusswaffen wurden ins Land gebracht und an die Bevölkerung verkauft. Pistolen und Gewehre waren selbst den besten Meistern der Schwertkunst überlegen und somit verloren die Samurai allmählich ihre Bedeutung als Krieger.
1.2 Lebt der Samurai-Geist auch heute noch in der japanischen Gesellschaft und in deren Unternehmen?
Zwischenzeitlich hat China seinen „Alt“-Konkurrenten Japan aufgrund seines gigantischen Bruttoinlandsprodukts (BIP) auf Platz drei verdrängt. Doch die Wirtschaftskraft Japans ist auch heute noch enorm. Wenn man nämlich die wirtschaftliche Leistung der Einwohner des jeweiligen Landes vergleicht, sieht das Verhältnis ganz anders aus. Wir sprechen hier von einem Faktor 6. Das heißt, ein Japaner erbringt die gleiche Wirtschaftsleistung wie sechs Chinesen.
Es ist natürlich spannend, der Frage nachzugehen, wie es das zerbombte Japan nach dem Zweiten Weltkrieg in nur 23 Jahren geschafft hat, zur zweitgrößten Wirtschaftsmacht der Welt aufzusteigen. Auf der vergleichsweise kleinen Insel im Pazifik sind zwei Drittel der Fläche unbewohnbar, und seit den 1960er-Jahren werden so gut wie keine Rohstoffe mehr gefördert. Warum gerade Japan und nicht die Türkei, Mexiko oder Brasilien? Dort gibt es ähnlich viele Einwohner. Spielt der Geist der Samurai vielleicht eine Rolle?
Um diese Frage zu beantworten, habe ich 2010 eine Studie in Japan durchgeführt. Es ist mir gelungen, eine Reihe von Topmanagern zu interviewen, die in internationalen Unternehmen mit Niederlassungen in Japan tätig sind. Meine Gesprächspartner waren sowohl westlicher als auch japanischer Herkunft.
Interviews mit Managern in Tokio6
DR. MARTIN GLATZ
Wirtschaftsdelegierter für Japan
Wie kommt die hohe Identifikation der Mitarbeiter mit dem Unternehmen zustande?
Die Unternehmen bestimmen das Leben der Japaner. Dieses Prinzip ist zwar in den letzten Jahren in manchen Fällen durchbrochen worden, gilt aber in einem hohen Maße immer noch. Die Freizeit ist im Vergleich weniger wichtig, auch wird sie oft noch mit Arbeitskollegen verbracht. Die Familie hat sekundären Stellenwert. Es sind vor allem Schulen und Universitäten, über die sich Japaner ein effizientes Netzwerk aufbauen. Der berufliche Erfolg