Der Samurai-Manager. Reinhard Lindner
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Continental Airlines
Als Gordon Bethune CEO von Continental Airlines wurde, stand das Unternehmen kurz vor der Pleite. Jeder, der die Geschichte von Continental Airlines kennt, weiß, dass der Vorstandvorsitzende in den Jahren des Turnarounds die Reinkarnation eines Samurai-Kriegsherrn war. Er konzentrierte sich auf das Wesentliche und agierte extrem pragmatisch: „Wenn du im Pizzageschäft bleiben willst, musst du früher oder später eine gute Pizza abliefern. Wenn man eine Fluggesellschaft betreiben will, muss man erstens die Menschen pünktlich ans gewünschte Ziel bringen, zweitens das Gepäck gleichzeitig mit dem Kunden abliefern, drittens lächelnde Mitarbeiter haben. That’s it!“13
Alles, was er von seinen Mitarbeitern erwartete, war er bereit, auch selbst zu tun. Er handelte streng nach dem Motto „Go first“. Seine Aussagen waren gleichzusetzen mit der Tat, eine der Tugenden, welche den Samurai über fünf Jahrhunderte höchstes Ansehen einbrachten. Gordon Bethune hat mit der Implementierung des Samurai-Kodex in die Fluggesellschaft bewiesen, welche Nachhaltigkeit Werte im Unternehmen erzeugen können, und das Unternehmen wieder zur ertragreichsten Fluglinie der Vereinigten Staaten von Amerika gemacht.
Es gibt bis heute keinen Manager-Kodex
Der Politik von heute fehlt es an Samurai, sie wird von Söldnern betrieben! 14
Diese Aussage des Grazer Bürgermeisters Mag. Siegfried Nagl hat mich beflügelt, das Projekt „Der Samurai Manager“ voranzutreiben. Wir sehen, dass das Thema „Werte“ in allen Gesellschaftsschichten präsent ist und eine fundamental wichtige Rolle einnimmt. Wenn wir uns nicht an Werten orientieren, woran denn sonst? In vielen Interessengemeinschaften gibt es einen Kodex: Bei den Ärzten beispielsweise den Hippokratischen Eid. Aber auch die meisten Armeen, die Pfadfinder und auch die Rechtsanwälte haben Leitbilder, an denen sie sich orientieren. Für Manager hat sich nichts dergleichen entwickelt und das ist ein Problem.
So wie jedes geschäftliche Ziel in weiterer Folge eine Vision in sich trägt, braucht ein Manager nicht nur eine Vorstellung, was er werden will, sondern vor allem, wie er werden soll. Mit welchem Führungsmodell setzt er seine Ziele durch? Wie sieht seine Leitlinie aus, die ihn auch in schwierigen Zeiten sicher führt? Er benötigt etwas, das ihm Halt gibt, einen Kodex.
Der Manager braucht einen Kodex!
Der Samurai-Kodex ist eine jahrhundertealte Verhaltensrichtlinie und hat keine festgelegte Form. Die Richtlinie, wie wir sie heute verstehen, leitet sich vom „Bushido“ ab. Bushido – japanisch 武士道, wörtlich: „Weg (dō) des Kriegers (Bushi)“ – bezeichnet den Verhaltenskodex und die Philosophie des japanischen Militäradels im späten Mittelalter – der Samurai. Seine Popularität und Bekanntheit verdankt der Begriff in besonderer Weise dem 1899 in englischer Sprache erschienen Werk Bushido – the Soul of Japan von Inazo Nitobe.15
Demnach ist Bushido ein ungeschriebener Kodex:
Bushido ist also der Kodex jener moralischen Grundsätze, welche die Samurai beobachten sollten. Es ist kein in erster Linie schriftlich fixierter Kodex; er besteht aus Grundsätzen, die mündlich überliefert wurden und nur teilweise aus der Feder wohlbekannter Ritter oder Gelehrter flossen. Vieles davon spiegelt sich bereits im ‚Buch der fünf Ringe‘ vom Samurai Fechter und Philosophen Myamoto Musashi (16. Jh.) wider. Wu Sunzi weist in seinem bis heutigen Bestseller ‚Die Kunst des Krieges‘ bereits 300 vor Christus auf ähnliche Prinzipien hin. Es ist ein Kodex, der wahrhafte Taten heiligspricht, ein Gesetz, das im Herzen geschrieben steht. Bushido gründet sich nicht auf die schöpferische Tätigkeit eines fähigen Gehirnes oder auf das Leben einer berühmten Person. Es ist vielmehr das Produkt organischen Wachsens in Jahrhunderten militärischer Entwicklung.16 (…)
„Bushido ist ein Kodex, der wahrhafte Taten heiligspricht, ein Gesetz, das im Herzen geschrieben steht.“
1.3 Die Werte der Samurai in Bezug auf unser Geschäftsleben
In den beiden folgenden Interviews wird ersichtlich, welche Stellung Werte im Management einnehmen können. Im ersten Fall wurden Werte unter beträchtlichem Aufwand global in einem Unternehmen implementiert. Im zweiten Fall wurden Werte im Büro visualisiert und prägen das Handeln eines Topmanagers.
Am 14. September 2012 lernte ich beim Weltkongress für Personal- und Wertediagnostik in München Thomas Perlitz von der Gerresheimer AG Deutschland kennen. Er war ebenso wie ich Vortragender bei dieser Veranstaltung und sein Input zum Thema „Werte im Management“ hat mich tief beeindruckt. Ich erzählte ihm von meinem Buch und er sagte mir ohne zu zögern einen Termin für ein Interview zu.
THOMAS PERLITZ
© Alexander Vejnovic
Global Human Resources, Gerresheimer AG
Sie tragen als Personalchef die globale Verantwortung für die Personalentwicklung von mehr als 11.000 Mitarbeitern bei der Gerresheimer AG und setzen in einer Zeit, in der Shareholder- und Stakeholder-Value17 dominieren, auf Werte in der Unternehmensführung. Ist das nicht ein Wunschdenken?
Nein. Wir haben ja Shareholder-Value und Stakeholder-Value: Da muss man unterscheiden. Die vergangenen fünfzehn, zwanzig Jahre waren geprägt durch das reine Shareholder-Value-Denken: Quartalsergebnis abliefern, Börsenerwartungen erfüllen, fertig. Hier gab es in den letzten Jahren viele, die sich davon distanziert haben. In Deutschland sind wir dem Shareholder-Value auch nicht so „sektenhaft“ hinterhergelaufen, im Speziellen familiengeführte Unternehmen nicht. Inzwischen erlebe ich auch bei amerikanischen Unternehmen ein wenig stärker den Wandel hin zu einer ehrlicheren Stakeholder-Value-Orientierung. Dort finden alle Partner, am Unternehmen Beteiligte oder Einwirkende ihr Recht und damit rutscht auch das Thema Werteorientierung wieder mehr auf die Agenda. Ich war auch schon in der Zeit, in der das Thema Shareholder-Value sehr hoch gehalten wurde, jemand, der immer propagiert hat, dass gerade auch in dieser Zeit eine klare Werteorientierung die Mitarbeiter mitziehen kann und damit Wert entsteht. Mein Motto ist ja „Werte schaffen Wert“. Dadurch wird positive Energie erzeugt, die beim Kunden ankommt, dadurch entsteht Kundenbindung und Unternehmensergebnis.
Gehen wir nun vom Allgemeinen ins Detail zu Ihrem Unternehmen: Welche Werte haben bei Ihnen – in Ihrem Unternehmen – besondere Bedeutung und warum?
Wir haben uns in einem Prozess, also unter Einbeziehung der Mitarbeiter aus der ganzen Welt, in mehreren Runden getroffen und herausgearbeitet: Wo kommt die Gerresheimer her? Wo wollen wir hin? Was macht uns stark? Dadurch entstand eine Reihe von Werten. Wir haben uns am Ende auf fünf Werte verständigt, denen wir mehr Bedeutung geben wollen. Hier ist es häufig so, dass Unternehmen ja ähnliche Werte haben. Es kommt entscheidend darauf an, wie man diese nachhaltig implementiert