Der Samurai-Manager. Reinhard Lindner
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Was haben Sie von den Japanern gelernt?
Zwei Punkte fallen mir sofort ein:
„Nemawashi“, das heißt, die geschickte Vorbereitung einer Besprechung, in der Entscheidungen gefällt werden sollen. Durch individuelle Vorgespräche mit den Besprechungsteilnehmern versucht man, gegensätzliche Standpunkte zu überbrücken. In der Besprechung selber wird dann die Lösung vorgetragen, die von allen Teilnehmern getragen – und später auch von allen unterstützt wird.
Disziplinierte Gesprächsführung: Japaner lassen das Gegenüber ausreden und fallen sich nicht gegenseitig ins Wort. So können auch eher zurückhaltende Teilnehmer ihre Ideen vorbringen.
Wie motivieren Sie Ihre Mitarbeiter?
Ich beziehe meine Kollegen in die für sie relevanten Entscheidungsprozesse ein, lasse ihnen genügend Spielraum und ermuntere sie zu Eigenverantwortung. Das beinhaltet natürlich eine weitreichende Delegation von Verantwortlichkeit.
DR. JÖRN WESTHOFF
ehem. Anwaltskanzlei Sonderhoff & Einsel
Vorbemerkung: Die Kanzlei existiert seit 1910 und hat fünf japanische Anwälte, circa zwanzig japanische Patentanwälte und insgesamt mehr als hundert Mitarbeiter. Viele davon sind auch in der Übersetzung tätig. Das Unternehmen ist unter anderem auf Patentrecht spezialisiert und betreut von Tokio aus viele deutsche und österreichische Mandanten. Dr. Westhoff, Anwalt und Ostasienwissenschaftler, war dort bis Ende 2011 beschäftigt. Mittlerweile arbeitet er in Deutschland für die Kanzlei Dr. Wehberg und Partner GbR in Hagen/Westf., wo er weiterhin deutsche und österreichische Unternehmen sowie Mandanten aus ganz Europa bei ihren Geschäften in Japan berät und unterstützt. Er ist außerdem Professor für deutsches und internationales Wirtschaftsrecht an der FOM Hochschule in Essen. Das Interview wurde im Jahr 2010 geführt.
Sie sind seit zehn Jahren in Tokio als Anwalt tätig. Was hält Sie in dieser 30-Millionen-Metropole?
Ein anständiges Gehalt. Es ist tatsächlich so, dass nicht nur die Arbeit hier sehr anspruchsvoll ist, sondern auch wirklich gut bezahlt wird. Was mich noch fasziniert hier ist die unglaubliche Serviceorientierung der Japaner. Jeder versucht einem hier das Leben so leicht wie möglich zu machen. Nach zehn Jahren spüre ich immer noch die Gastfreundschaft und werde in vielen Fällen als Gast behandelt.
Welche Gesellschaftsformen sind in Japan üblich?
Es gibt hier natürlich die OHG und die KG, aber üblich ist die AG. Interessanterweise wurde die GmbH abgeschafft. Sie galt nicht als kreditwürdig, der Begriff für GmbH klingt auch im Japanischen wenig vertrauenswürdig.
Wie hoch ist die Mindesteinlage bei einer AG?
Ein Yen pro Aktie. Also ist das Haftungskapital stark beschränkbar, wenn man das will.
Sehen die Banken darin weniger Risiko?
Anscheinend schon alleine die Bezeichnung als AG vermittelt ein Gefühl der Größe, und manche Unternehmen machen sich dies im Ausland vielleicht auch zunutze. Es ist eben oft sinnvoll, sich Informationen über seine Geschäftspartner zu verschaffen.
Was empfehlen Sie als Jurist und Japanologe ausländischen Investoren, damit sie am japanischen Markt erfolgreich werden? Wichtig ist, dass man hier ernst genommen wird, und dafür braucht man ein innovatives Produkt. Man muss groß sein oder wirken. Oder zumindest eines von beiden, also innovativ oder groß. Innovation wird in Japan ganz groß geschrieben, nicht zuletzt, weil die Japaner ja auch furchtbar neugierig sind.
Was haben Sie von den Japanern hier gelernt?
Gelassenheit. Nein, gelassen war ich immer schon. Vielleicht doch eine Spur mehr Gelassenheit, und ich sehe, die tut mir gut.
Wie viele Stunden arbeiten Sie hier pro Woche?
Im Schnitt auch nicht mehr als vierzig. Allerdings reise ich viel, und da kommt dann schon mehr zusammen.
Der Geist der Samurai lebt weiter
Alleine von den Aussagen dieser Interviewpartner können wir ein Gespür dafür entwickeln, wie stark bis heute Teile des Samurai-Geistes noch in der japanischen Gesellschaft, Kultur und in deren Unternehmen verankert sind.
Was aber wurde aus den Samurai, welche durch die neue Waffentechnologie aus den fernen Vereinigten Staaten von Amerika ihre Bedeutung verloren hatten?
Im Jahr 1868 wurde der Shogun in Kyoto abgesetzt, seine Machtbefugnisse gingen an den Kaiser über. Dieser verlegte seinen Sitz nach Edo (heute Tokio) und hat seit diesem Zeitpunkt vorrangig repräsentative Aufgaben. 1881 waren weniger als fünf Prozent der Bevölkerung Samurai. Sie hatten aber 40 Prozent der Schlüsselpositionen im Staat, insbesondere in der Verwaltung, besetzt. Der Grund dafür war nicht ihre überdurchschnittliche Bildung, sondern vielmehr das Vertrauen, das sie in der Bevölkerung genossen, basierend auf ihren Werten, die sie und ihre Vorfahren über Jahrhunderte gelebt hatten.
Die Samurai genossen großes Vertrauen in der Bevölkerung.
In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts wurden den Samurai von der Regierung Ländereien zur Verfügung gestellt, um diese gewinnbringend zu bewirtschaften. Bereits 1882 stammten 75 Prozent der Einlage der japanischen Nationalbank aus Erträgen, welche die Samurai erwirtschaftet hatten. Daher überrascht es uns wenig, dass der erste Präsident der JNB (Japan National Bank) ein ehemaliger Samurai war.
Viele vormalige Samurai ließen sich im Handel und im Schiffsbau nieder und vernetzten sich so im ganzen Land. Sie führten ihre Unternehmen nach dem Kodex der Samurai, so wie sie ihn über Generationen hinweg auch gelebt hatten. Historiker sind bis heute davon überzeugt, dass der rasche Wiederaufbau Japans nach dem Zweiten Weltkrieg und der kometenhafte Aufstieg des Landes zu den größten Wirtschaftsmächten der Welt dem Geist der Samurai zu verdanken sind. In vielen japanischen Weltkonzernen finden wir die Wurzeln von Samurai-Familien. Hier einige Beispiele.
Nomura Group
Der Gründer Tokushichi Nomura wurde 1850 als Sohn eines Samurais, welcher auch der Herr der Burg von Osaka war, geboren.11 Der derzeitige CEO der global tätigen Investmentbank und eines der weltweit führenden Brokerhäuser führt den atemberaubenden Erfolg des Unternehmens auf den „Code of Ethics“ zurück. Dieser ist in 20 Punkte gegliedert und deckt sich stark mit den Werten, welche der Unternehmensgründer von seinem Vater in Form des Samurai-Kodex vorgelebt bekommen hat.
Sumitomo Corporation
Das Unternehmen zählt heute zu den Weltmarktführern in der Elektronikindustrie. Seine Geschichte geht zurück bis ins 16. Jahrhundert, als der Gründer Masatomo Sumitomo als Sohn eines Samurais aus Osaka erwähnt