Der Samurai-Manager. Reinhard Lindner

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Der Samurai-Manager - Reinhard Lindner

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Karate und ich bin seit einigen Jahren ein Manager. Ich dachte, dies ist ein Konzept, das ich näher studieren sollte. Ich las mich in die Thematik ein und kam schnell zu der Erkenntnis, dass mich, aber auch mein Unternehmen, das Samurai Manager-Programm weiterbringen kann.

       Wie passt das Samurai Manager-Programm zum Dojo Stara Wieś?

      Die Location Dojo Stara Wieś ist perfekt für dieses Programm, da man schon beim Eintreffen das Gefühl hat, in einem japanischen Dorf zu sein, in dem die Zeit stehengeblieben ist. Es gibt dort keine Ablenkung, die ganze Konzentration geht auf die persönliche Weiterentwicklung für Geist, Körper und auch Seele. Für viele, welche das erste Mal in einem Karate Gi (Karate-Anzug) sind und Karate trainieren, ist es ein überwältigendes Gefühl, gestärkt von einem gigantischen Ausblick in die Weite des Landes. Ich kann mir vorstellen, dass sich viele wie ein Samurai fühlen.

       Warum glauben Sie, hat Lech Wałęsa die Patronanz für das Dojo übernommen?

      Lech Wałęsa ist ein großartiger Pole. Er hat gekämpft für die Wende in Polen und für die Wende in der Welt. Auf Basis von Werten hat er eine bessere Welt geschaffen. Ich denke, er war vom Konzept des Dojo Stara Wieś beeindruckt und war überrascht, dass die Prinzipien im Budo eine so hohe Übereinstimmung mit seinem Wertesystem haben.

       Es gibt ganz wenige Gegenstände in Ihrem Büro. Einer davon ist eine Wandtafel mit dem Dojo Kun (Dojo-Regeln).

      Warum? Mein neues Büro beschränkt sich auf das Wesentliche und das im japanischen Stil. An der zentralen Wand hängt der Dojo Kun. Er soll mich, meine Mitarbeiter und meine Gäste an die großartigen Werte des Traditionellen Karate erinnern. Und es funktioniert tatsächlich. Oft, bevor wir mit einer Besprechung beginnen, überlegen wir, wie wir uns als Mensch und charakterlich weiterentwickeln können, wie wir den Weg der Wahrheit gehen können, wie wir unser Bemühen verbessern können, wie wir respektvoller miteinander umgehen können und wie wir Gewalt vermeiden können.

       Wie können Sie von der Kampfkunst im Geschäfts- und auch im Privatleben profitieren?

      Ich bin sicher, dass regelmäßiges Üben in einer Kampfkunst uns einen gesamtheitlichen Zugang verschafft. Wir trainieren Geist, Körper und Seele. Definitiv hilft dies, einen hohen Energielevel zu halten. Zielverfolgung und Entschlossenheit sind essenziell in der Welt, in der wir leben, wo alles so schnell geht und gehen muss. Wir werden zugeschüttet von unwesentlichen Dingen. Budo-Training hilft uns, das Wesentliche vom Unwesentlichen zu unterscheiden und aus einem ruhigen Geist heraus die richtigen Entscheidungen zu treffen.

       Sie waren einer der Topathleten im polnischen Karate-Nationalteam. Jetzt sind Sie eine der Topführungskräfte eines riesigen Ölunternehmens. Was ist Ihr Geheimnis?

      Ich denke, ich habe das Geheimnis bereits gelüftet. Du brauchst etwas, an das du glauben kannst. Dem musst du folgen, als wäre es deine Bestimmung, mit einem klaren Fokus und voller Entschlossenheit, jedoch immer basierend auf nachhaltigen Werten als rotem Faden. Natürlich braucht man auch von Zeit zu Zeit etwas Glück. Aber wenn man die Werte hochhält, hat man das Glück des Tüchtigen.

       Wenn Sie Entscheidungen treffen, hören Sie auf Ihre Intuition?

      Ich habe einen technischen und betriebswirtschaftlichen Hintergrund. Deshalb muss ich mich stark auf Fakten und Tatsachen konzentrieren. Je länger ich jedoch im Management tätig bin, desto mehr gelange ich zur Überzeugung, dass ich mich auf mein Gefühl verlassen kann. Aus diesem Grund liebe ich auch den Spruch aus dem Samurai Manager-Programm: „you feel. you go.“ Es ist so einfach, aber dieser Slogan beschreibt sehr klar, wie wir unsere Entscheidungen treffen sollten, insbesondere auch privat. Wir wissen, in komplexen Unternehmen mit unterschiedlichen Führungspersönlichkeiten ist es entscheidend, eine gute Balance zwischen Intuition und logischer Annäherung zu finden.

       Glauben Sie, dass die Intuition durch Training der Prinzipien aus den Kampfkünsten verbessert werden kann?

      Die Kampfkunst bereitet uns für einen realen Kampf vor. Für Situationen, in denen wir keine Zeit haben nachzudenken, wo wir aus der Intuition heraus agieren müssen. Aus meiner persönlichen Erfahrung, als ich noch Athlet war, waren die besten Techniken jene, bei denen ich mich nachher nicht mehr erinnern konnte, wie es dazu kam. Es passierte einfach – reine Intuition. Intuition kann definitiv trainiert werden. Ich musste eine Menge Schmerzen, Schweiß und manchmal auch Blut ertragen, aber es hat sich wirklich ausgezahlt.

      Ein nicht näher genannter japanischer Dichter des Mittelalters schreibt: Sei dir selbst treu. Wenn du in deinem Herzen nicht von der Wahrheit abweichst, werden dich die Götter auch ohne dein Gebet beschützen.18

      Lüge und Zweideutigkeiten wurden im alten Japan gleichermaßen verachtet: Bushi-no-ichi-gon (das Wort eines Samurai, um die Wahrheit einer Behauptung zu verbürgen). Sein Wort war von solchem Wert, dass auf schriftliche Bürgschaften gewöhnlich verzichtet werden konnte. Der Samurai hielt ein schriftliches Versprechen für unter seiner Würde. Die Wahrheit der Höflichkeit zu opfern, wurde als „leere Form“ (kyo-re) bezeichnet. Es wurde sogar als „Täuschung durch schöne Worte“ charakterisiert und galt als unehrenhaft.

      

Der Samurai hielt ein schriftliches Versprechen für unter seiner Würde.

      Im japanischen Bushido wird immer vom Begriff der Aufrichtigkeit gesprochen, es wird interessanterweise niemals der Begriff Ehrlichkeit erwähnt. Ich denke, wir können mit beiden Begriffen gut umgehen und wissen, was gemeint ist. Ein Freund von mir ist Mitglied bei den Rotariern und war kürzlich bei einem Rotarier-Treffen in München. Es ging um die Themen „Werte im Management“ und „Werte im Allgemeinen“. Alle Teilnehmer hatten die Möglichkeit, zu Beginn auf ein Kärtchen einen Begriff aufzuschreiben, dessen Wertigkeit in ihrem eigenen Wertesystem besonders hoch ist. Die Kärtchen wurden in eine Box geworfen und anschließend ausgewertet.

      „Ehrlichkeit“ war jener Begriff, der am häufigsten vorkam. Überrascht uns das? Warum geben wir der Ehrlichkeit und Aufrichtigkeit eine so große Bedeutung? Nun, die Medien sind voll von Korruptionsskandalen, Bestechungsaffären und Schmiergeldzahlungen. Sogenannte „Vorbilder der Nation“ entpuppen sich als Lügner und Betrüger. Rühmliche Dissertationen werden als Plagiate entlarvt und Politiker zum Rücktritt gezwungen. Wem kann man da noch Glauben schenken?

       „Aufrichtigkeit ist der Knochen, der Festigkeit und Gestalt verleiht. Wie sich der Kopf nicht ohne Knochen auf der Wirbelsäule halten kann, wie die Hände ohne Knochen sich nicht bewegen und die Füße ohne sie nicht stehen können, so können weder Talent noch Gelehrsamkeit aus einer menschlichen Gestalt einen Samurai machen. Durch Aufrichtigkeit wird der Mangel an Fähigkeit bedeutungslos.“ (Inazo Nitobe) 19

      Die Samurai bezeichnen die Aufrichtigkeit als den Zwillingsbruder der Tapferkeit. Gi-shi bedeutet im Japanischen so etwas wie „rechtschaffener Mann“. Im Laufe der Zeit wurde im Volksgebrauch aus Gi-shi der Begriff Gi-ri, was „rechte Vernunft“ bedeutet. Daraus entwickelte sich das rechte Pflichtgefühl und später einfach die Pflicht. Die Japaner verstehen heute unter Gi-ri die Pflicht, die wir unseren Eltern, Vorgesetzten, Untergebenen, Freunden und der Gesellschaft schulden. Ist es nicht so, dass uns die Pflicht das auferlegt, was uns die wahre Vernunft lehrt? Sollte sie nicht unser Handeln bestimmen und in einen kategorischen Imperativ münden?

      

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